EuGH-Urteil
Justizreform in Polen ist europarechtswidrig
Der Europäische Gerichtshof hat die umstrittene polnische Justizreform für europarechtswidrig erklärt. Die Bestimmungen des polnischen Rechts zur Senkung des Ruhestandsalters der Richter am Obersten Gericht von 70 auf 65 Jahre verstießen gegen EU-Recht, teilte der EuGH am Montag mit. Die EU-Kommission hatte die rechtskonservative Regierung in Warschau wegen der im Vorjahr beschlossenen Reform, die Teil eines größeren Gesetzespaketes ist, verklagt.
Die Absenkung des Pensionsalters sei ein Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz, weil damit missliebige Richter leichter entfernt werden könnten, argumentierte die Kommission. Der EuGH betonte in seiner nunmehrigen Entscheidung, dass die Zwangspensionierung durch kein legitimes Ziel gerechtfertigt sei und den Grundsatz der richterlichen Unabsetzbarkeit beeinträchtige. Diese Unabsetzbarkeit sei jedoch untrennbar mit der Unabhängigkeit von Richtern verknüpft.
Polen hatte argumentiert, dass mit dem neuen Gesetz die Altersgrenze für Richter an die der anderen Beschäftigten angeglichen werde. Allerdings wiesen die Richter bei der Urteilsbegründung darauf hin, dass das gleiche Pensionsantrittsalter der Fall sei, wenn der Staatspräsident einem Richter nach eigenem Ermessen eine Verlängerung der Dienstzeit gewähren könne.
Nach Reform bereits 20 Juristen im Ruhestand
Mehr als 20 Juristen sind durch die vor einem Jahr beschlossene Reform bereits in den Ruhestand geschickt worden. Im Oktober rief die EU-Kommission den EuGH an. Nach einer Eilentscheidung des EU-Höchstgerichts hob die polnische Regierung die umstrittene Maßnahme bereits im November vorläufig auf. Mitte April empfahl ein EuGH-Generalanwalt, die Regeln für nicht rechtens zu erklären.
Die Herabsetzung des Pensionsalters der obersten Richter ist Teil der Justizreform in Polen. Deshalb sind noch zwei weitere Fälle beim höchsten europäischen Gericht anhängig. Wegen der Justizreform läuft gegen Polen bereits ein Sanktionsverfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags, das bis zum Entzug der Stimmrechte des sechstgrößten EU-Landes führen könnte.
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