„Keiner ist perfekt“

Von der Leyen kritisiert unfairen Umgang mit Polen

Ausland
18.07.2019 22:57

Die künftige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat Kritik am Umgang mit östlichen EU-Staaten geübt, wenn über Rechtsstaatlichkeit und Grundwerte der Europäischen Union debattiert werde. „Es ist mir wichtig, die Debatten zu versachlichen“, sagte sie am Donnerstag. Was das im konkreten Fall Polens und Ungarns bedeutet, gegen die bereits wegen mutmaßlicher Verletzungen der EU-Grundwerte Klagen vor dem EuGH eingereicht und Verfahren nach Artikel 7 der EU-Verträge eingeleitet worden sind, ließ die CDU-Politikerin offen. Im Falle Italiens, dem wiederum wegen Verstöße gegen den Stabilitäts- und Wachstumspakt mit einem Defizitverfahren gedroht worden war, deutete von der Leyen Entgegenkommen an.

„Es gibt aus gutem Grund Regeln beim Stabilitäts- und Wachstumspakt. Die müssen eingehalten werden. Es gibt aber auch viel Flexibilität in dem Regelwerk, die man besser ausnutzen kann, um Wachstum über Investitionen zu ermöglichen“, erklärte von der Leyen im Gespräch mit mehreren Medien. Nötig sei es, „aus den Debatten die scharfen Emotionen“ rauszunehmen.

Ursula von der Leyen mit dem Präsidenten des EU-Parlaments, David-Maria Sassoli (Bild: The Associated Press)
Ursula von der Leyen mit dem Präsidenten des EU-Parlaments, David-Maria Sassoli

Die EU-Kommission hatte im Juni festgestellt, dass Italien nicht genügend für den Abbau seiner Schuldenquote von mehr als 130 Prozent der Wirtschaftsleistung unternimmt und mit der Einleitung eines Defizitverfahrens gedroht. Nach der Ankündigung Italiens, einige geplante Ausgaben einzufrieren, sah die EU-Kommission Anfang Juli von der Einleitung des Verfahrens aber ab.

Finanzielle Sanktionen sind das „allerletzte Mittel“
Zu Polen und Ungarn merkte von der Leyen an: „In den mittel- und osteuropäischen Ländern herrscht bei vielen das Gefühl, nicht voll akzeptiert zu sein. Wenn wir die Debatten so scharf führen, wie wir sie führen, trägt das auch dazu bei, dass Länder und Völker glauben, sie seien im Ganzen gemeint, wenn einzelne Defizite kritisiert werden.“ Die künftige EU-Kommissionschefin fügte hinzu: „Wir alle müssen lernen, dass volle Rechtsstaatlichkeit immer unser Ziel ist, aber keiner ist perfekt.“ Finanzielle Sanktionen kämen nur als das „allerallerletzte Mittel nach vielen Stufen, die vorher kommen“ infrage.

Polens Vizeregierungschef Jaroslaw Kaczynski (Bild: APA/AFP/Janek SKARZYNSKI)
Polens Vizeregierungschef Jaroslaw Kaczynski

Die jetzige EU-Kommission hatte nicht nur ein Strafverfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags gegen Polen gestartet - dieses gilt als die schärfste Waffe bei Verstößen gegen EU-Grundwerte und kann theoretisch zum Entzug von Stimmrechten im Rat der EU-Länder führen. Die Brüsseler Behörde hatte zudem vorgeschlagen, die Auszahlung von EU-Geldern künftig an die Einhaltung von Rechtsstaatsstandards zu koppeln. Interessant sind die Aussagen von der Leyens vor dem Hintergrund, dass sich die polnische Regierungspartei PiS erst tags zuvor als Königsmacherin bei der Abstimmung über den Posten des EU-Kommissionspräsidenten dargestellt und bereits Forderungen in Richtung Brüssel gestellt hatte.

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