„Farbe bekennen“

Kurz: Dramatischer Aufruf auf Facebook

Österreich
28.07.2019 12:40

Das Selbstvertrauen, das Sebastian Kurz und sein Team noch vor einigen Wochen ausstrahlten, scheint angeschlagen. Nach mehreren Untergriffigkeiten, die es im laufenden Wahlkampf „von links und von rechts hagelt“, wie Kurz sagt, wendet sich der ehemalige ÖVP-Bundeskanzler jetzt in einem dramatischen Facebook-Posting an seine Unterstützer.

Die Befürchtung von Sebastian Kurz scheint zu sein, dass - egal woher die jüngsten Dirty-Campaigning-Attacken tatsächlich kommen - eben doch „irgendetwas hängen bleibt“. „Gute Umfragen hin oder her. Wenn wir nicht alle gemeinsam Farbe bekennen, in Gesprächen oder in sozialen Netzwerken, werden am Ende jene jubeln, die derzeit mit allen Mitteln gegen uns kämpfen“, fürchtet der ÖVP-Chef und fordert seine Facebook-Freunde zur aktiven Wahlwerbung „in Gesprächen oder in sozialen Netzwerken“ auf. „Ich kann euch nur bitten“, schreibt Kurz.

Auszüge des Postings von Sebastian Kurz auf Facebook:

(Bild: facebook.com, krone.at-Grafik)
(Bild: facebook.com, krone.at-Grafik)

Kurz: „Dem Land dienen“
Denn den Urhebern schmutziger Attacken („Dreck aus der allertiefsten Schublade“, der „uns an die Schmutzkübel-Kampagne eines SPÖ-Beraters erinnert“) gehe es „eigentlich darum, die Veränderung, für die wir stehen, mit allen Mitteln zu bekämpfen“, ist sich Kurz sicher. Zu allen Mitteln zu greifen, sei „nicht sein Verständnis von Politik“, beteuert er. Er sei lediglich hier, „um dem Land zu dienen“.

Bei vielen seiner 800.000 Facebook-Fans (802.814 Likes, 812.438 Abonnenten) scheint das Posting naturgemäß gut anzukommen. Es hatte mit Stand 28.7.2019 (12.27 Uhr) - also rund eine Stunde, nachdem es online ging - 5270 Likes, es gab 1602 Kommentare, geteilt war es da bereits 509-mal. Auch auf Twitter - dort hat Kurz 346.000 Follower - wurde ein Link zum Aufruf verbreitet.

SPÖ: „Ziel ist Opferrolle“
Ebendort warf die SPÖ Kurz noch am Sonntag vor, sich selbst lediglich in die Opferrolle bringen zu wollen. „Wie tief sinkt die ÖVP gerade? Kurz bewirbt auf Facebook Inhalte von Schmutzseiten gegen sich selbst, nur um skrupellos den Verdacht auf politische Mitbewerber zu lenken“, twitterte SPÖ-Wahlkampf-Manager Christian Deutsch.

Auszüge von Userkommentaren auf der Facebook-Seite von Sebastian Kurz:

(Bild: facebook.com, krone.at-Grafik)
(Bild: facebook.com, krone.at-Grafik)
(Bild: facebook.com, krone.at-Grafik)

Turbulente Phase für die ÖVP
Wie berichtet
, hatte die Volkspartei erst am Samstag die nächste Web-Attacke gegen ihren Obmann beklagt, in der gar von Kinderpornografie die Rede ist. Zuvor hatte eine „Enthüllungsplattform“ angekündigt, sich intensiv mit Kurz zu beschäftigen und unter anderem Prostitution, Korruption und angeblichen Kokain-Konsum in den Raum gestellt.

Auch ein Tweet des Tiroler SPÖ-Chefs Georg Dornauer sorgte für Aufregung. Dornauer postete auf Twitter ein ihm zugespieltes E-Mail, in dem von außerordentlichen Spenden von Tiroler Unternehmen an die EU-Abgeordnete Barbara Thaler für ihren Wahlkampf mit verlangter Gegenleistung durch die ÖVP bzw. das Land Tirol die Rede ist. Die ÖVP dementierte, es handle sich um ein Fake-Mail.

Die Mails, die Georg Dornauer zugespielt wurden, liegen nun bei der Korruptions-Staatswanwaltschaft. (Bild: twitter.com, APA, stock.adobe.com, krone.at-Grafik)
Die Mails, die Georg Dornauer zugespielt wurden, liegen nun bei der Korruptions-Staatswanwaltschaft.

Mitte Juni waren Kurz und sein Generalsekretär Karl Nehammer sogar via Pressekonferenz an die Öffentlichkeit gegangen, um „gefälschte E-Mails“ anzuprangern. „Wir sollten diffamiert und in den Ibiza-Skandal mit hineingezogen werden“, hieß es damals. Es gehe um „mit hoher krimineller Energie gefälschte E-Mails“, die den Anschein erwecken sollten, dass die ÖVP bereits im Jahr 2018 von dem Skandalvideo aus Ibiza gewusst habe.

Sebastian Kurz und Karl Nehammer, ÖVP (Bild: APA/Herbert Neubauer)
Sebastian Kurz und Karl Nehammer, ÖVP

Schredder-Affäre schlug Wellen
Die ÖVP war zuletzt in der sogenannten Schredder-Affäre massiv unter Druck geraten. Ein Mitarbeiter des damaligen Kanzlers Kurz hatte zwischen dem Platzen der Koalition und dem erfolgreichen Misstrauensantrag gegen die Regierung eine Druckerfestplatte bei der Firma Reisswolf schreddern lassen - allerdings unter falschem Namen und ohne zu bezahlen. Durch seine Telefonnummer kam die Polizei auf seine Spur und ermittelt nun im Auftrag der Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen möglicher Unterschlagung von Beweismitteln.

Während politische Mitbewerber und zahlreiche Beobachter empört darauf reagierten - zuletzt war gar von einem U-Ausschuss und einer Sondersitzung im Nationalrat die Rede - erklärte Kurz unter anderem, es sei ein „vollkommen normaler Vorgang, dass sensibel mit Daten umgegangen wird“.

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