Angesichts der geringen Wahlbeteiligung, die nach Auszählung der Wahlkarten knapp über 50 Prozent liegen wird, müsse nun eine Diskussion um den Wiederwahlmodus beginnen, forderte Fischer am Montagvormittag auf Radio Ö1. Er schlage eine Verlängerung der Amtszeit auf acht Jahre ohne Option auf Wiederwahl vor, meinte Fischer, der sich aus der weiteren Diskussion dann aber heraushalten möchte. Zum Wahlergebnis sagte der Bundespräsident - im Bild bei seiner Angelobung durch die Bundesversammlung im Jahr 2004 -, die Österreicher hätten sich am Sonntag für Kontinuität ausgesprochen.
In der SPÖ gab es diesbezüglich bisher nur von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer Signale. Sie sei aufgeschlossen für eine Debatte über eine Reform des Präsidentenamtes, wünscht sich diese aber gleichzeitig mit einer allgemeinen Diskussion über die Ab- und Wiederwahl von Staatsorganen (Stichwort: Nationalratspräsident). Bezüglich der Amtszeitverlängerung blieb Prammer aber zurückhaltend. Grundsätzlich seien sechs Jahre eine lange Zeit. Bundeskanzler Werner Faymann meinte am Sonntag noch, er sehe keinen Bedarf, über eine Amtsreform nachzudenken.
Pröll zeigt sich offen für Diskussion
ÖVP-Chef Josef Pröll - derzeit von allen Seiten beschuldigt, seine Partei habe durch ihre Weigerung, einen Kandidaten aufzustellen, und den Aufruf zum Weißwählen den Negativrekord bei der Wahlbeteiligung verursacht - zeigte sich am Montag offen für eine Amtsreform. Allerdings sieht er Fischer am Zug, der dazu ja einen Vorschlag gemacht habe. Er erwarte sich nun, das der Präsident dieses Thema weiterbewege. Beim Thema Wahlbeteiligung spielte Pröll indes den Ball an die SPÖ zurück. Den Sozialdemokraten sei schlicht nicht gelungen, ihre Basis für die Wiederwahl von Fischer ausreichend zu mobilisieren, sagte der Vizekanzler. Der Bundespräsident habe nur 150.000 Stimmen mehr eingefahren als beim letzten Mal, obwohl nahezu alle Grün-Wähler für ihn stimmten.
Der Salzburger ÖVP-Chef Wilfried Haslauer hatte zuvor am Sonntag Fischers Reformvorschlag direkt aufgegriffen und angeregt, über eine Verlängerung plus Verzicht auf Wiederwahl nachzudenken. Ähnlich wie bei Prammer ist aber auch bei der ÖVP zu erwarten, dass sie auf eine breitere Wahlrechtsreform drängt. Als Fischer Ende März erstmals laut über eine Amtsreform nachdachte, forderte ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger die Diskussion über eine generelle Wahlrechtsreform mit Mehrheitswahlrecht und e-Voting.
Vorarlberger FPÖ-Chef blickt in die Schweiz
Auch aus der FPÖ gab es schon in der Vergangenheit Signale, die von der Amtsreform bis zur vollständigen Abschaffung des Bundespräsidentenamtes reichten. Dass mehr als 60 Prozent der FPÖ-Wähler am Sonntag trotz eigener Kandidatin zu Hause geblieben waren (siehe Bericht zur Wählerstromanalyse in der Infobox), erklärte der Vorarlberger FP-Chef Dieter Egger am Sonntag damit, dass "die große Mehrheit ja keinen Sinn in diesem Amt in der derzeitigen Form sieht". Er hoffe nun auf eine breite Diskussion über die Reform des Amtes, eventuell nach Schweizer Vorbild.
Die Eidgenossen haben weder ein Staatsoberhaupt noch einen Bundeskanzler, wie wir sie kennen. Der jährlich neu gewählte Bundespräsident ist ein Mitglied der Regierung ("Bundesrat") und leitet als "primus inter pares" die Sitzungen dieser. Die Schweiz absolviert deswegen nahezu keine Staatsbesuche, der Bundespräsident reist meist nur in seiner Funktion als Departmentvorsteher (Department = Ministerressort).
BZÖ: "Kanzlerpräsident" und halbes Gehalt für Fischer
Das BZÖ hatte vor der Wahl eine vergleichsweise radikale Staatsreform vorgeschlagen. Ein "Kanzlerpräsident" solle künftig Österreich regieren, geht es nach Vorstellung der Orangen. Dabei würden die Positionen des Bundespräsidenten und des Bundeskanzlers zusammengelegt werden. Der Kanzlerpräsident würde dann mehr Möglichkeiten, Durchgriffsrechte und Macht erhalten, erklärte Bucher Mitte April. Wie bei den Kommunalwahlen der Bürgermeister würde auch die neue Funktion direkt vom Volk gewählt werden. Der Kanzlerpräsident könnte auf Basis einer Mehrheit im Nationalrat seine Regierung selbst bilden und würde durch den Verfassungsgerichtshof angelobt. Seine Abwahl sollte durch eine Zwei-Drittel-Mehrheit eingeleitet werden können. Als Vorbild für den Vorschlag dienten Frankreich sowie die USA, erklärte Bucher.
Eher verhaltensoriginell präsentierte sich die Reaktion des Bündnisses aber auf das Wahlergebnis vom Sonntag. Bucher bezeichnete Fischer angesichts der geringen Wahlbeteiligung als ersten "Minderheitenpräsidenten". Sein steirischer Bündnis-Obmann Gerald Grosz forderte, Fischer solle nun "sein Gehalt auf die Wahlbeteiligung reduzieren" und auf die Hälfte seiner rund 315.000 Euro Jahresgehalt verzichten. Die Wahl habe außerdem gezeigt, dass das Amt "sinn- und nutzlos" sei und abgeschafft gehöre.
Monarchisten: Staatsoberhaupt auf Lebenszeit
Stichwort "verhaltensoriginell", die Zweite: Angesichts der niedrigen Beteiligung bei der Bundespräsidentenwahl witterte am Montag auch die Monarchisten-Bewegung ihre Chance auf eine Diskussion über die Staatsform. Begrüßen würde man etwa eine Verlängerung des Mandats des Staatsoberhauptes auf Lebenszeit, erklärte Sprecher Alexander Simec. Auch solle man darüber reden, die Republik durch eine "Wahlmonarchie" zu ersetzen.
Der republikanischen Staatsform an sich werde mit einer Wahlbeteiligung von nur mehr rund 50 Prozent "zunehmend die Existenzberechtigung entzogen", meinen die Monarchisten. Die Parteien müssten deshalb einen "ernsthaften und intensiven Diskussionsprozess" beginnen, "ob die Republik, wie wir sie kennen, überhaupt noch zeitgemäß ist". Bundespräsident Heinz Fischer solle nicht über die geringe Wahlbeteiligung nachdenken, "sondern einfach abdanken". Sollten die Österreicher in einer "Wahlmonarchie" Gefallen an dieser Staatsform finden, könne man auch eine Volksabstimmung über die Einführung einer "Erbmonarchie" prüfen - wiewohl es dann freilich möglich sein müsse, einen "unfähigen Monarchen mit parlamentarischer Zweidrittelmehrheit auch wieder abzuberufen".
Deutsche Variante offenbar kein Thema mehr
Nicht mehr diskutiert wird in der Debatte offenbar die deutsche Variante, wo der Bundespräsident von der Bundesversammlung, also allen Bundestagsabgeordneten und einer gewissen Zahl an Mandataren aus den Länderparlamenten, gewählt wird. Dies war vor der Wahl des öfteren von Politikwissenschaftern ins Treffen geführt worden. Eine Abschaffung der Direktwahl, die erstmals 1951 abgehalten wurde, käme aber für die meisten Österreicher nicht infrage, wie Wahlbefragungen am Sonntag zeigten.
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