Das Schredder-Duell der Altkanzler Sebastian Kurz und Christian Kern ist nichts gegen jene Schredder-Orgie, die im März 2013 in Kärnten stieg: 36,5 Tonnen Akten und 18 Datenträger wurden damals vernichtet.
Wir schreiben den 3. März 2013, die Freiheitliche Partei stürzt bei der Kärntner Landtagswahl ins Bodenlose: Von 45 Prozent auf 16,9 Prozent. Der große Wahlsieger heißt erstmals Peter Kaiser (SPÖ). Die „Krone“ ist in Besitz von Unterlagen und Rechnungen, die belegen, was bereits wenige Tage nach dieser Wahlkatastrophe für die FPÖ am Klagenfurter Arnulfplatz, dem Sitz der Kärntner Landesregierung, und weiteren Außenstellen der Landesverwaltung los war.
Dutzende Container verladen
Fotos zeigen, wie Lkw der aus der Schredder-Affäre bekannten Firma Reisswolf vorfuhren und gut ein Dutzend Container verladen wurden. Sechs Jahre später offenbaren die der „Krone“ nun vorliegenden Rechnungen, was da alles abtransportiert und vernichtet wurde: Insgesamt 36.508 Kilogramm - also über 36 Tonnen - Akten, Unterlagen und andere Papiere fanden den Weg in den Reißwolf der Firma Reisswolf.
18 Datenträger vernichtet
Dem nicht genug, die vorliegenden Bestätigungen beweisen auch den Erhalt und die Vernichtung von insgesamt 18 Datenträgern.
Das von Reisswolf der Kärntner Landesregierung ausgestellte Datenträgervernichtungszertifikat zählt penibel auf, an welchen Tagen die Festplatten übernommen wurden: Ausschließlich zwischen 6. März und 29. März 2013, also wenige Tage nach der für die FPÖ so verheerenden Landtagswahl.
Dörfler: „Überrascht, als ich erfahren habe, was in einigen Büros los war“
„Haben Regierungsmitglieder Panik bekommen, weil sie wussten, sie müssen nach Jahren der Alleinherrschaft ihre Büros räumen?“, fragen sich viele in Kärnten. Landeshauptmann war damals Gerhard Dörfler (FPÖ). „Ich war nie Parteichef der Freiheitlichen, also gab es bei mir keinen Grund Parteigeheimnisse vernichten zu lassen. Ich hatte gar keine. Andere Akten, auch die zur Ortstafelfrage, wurden in Abstimmung mit dem Landesarchiv aufbewahrt.“ Er sei auch überrascht gewesen, „als ich erfahren habe, was in einigen Regierungsbüros los war“, so Dörfler.
Eine ganze besondere Art der Aktenvernichtung und zwar nicht die intelligenteste, wählte in diesen Wochen ein anderer blauer Landesrat - der später wegen Untreue verurteilte Harald Dobernig. Er soll Unterlagen in die Glan, ein kleines Flüsschen im Norden von Klagenfurt, geworfen haben - inklusive Wertkartenhandy. Dobernig bestritt das stets.
Rollkommando im Ministerium
Im Jahre 2000 wanderte das mächtige Finanzministerium von der SPÖ zur FPÖ: Erinnerungen an gewissenhafte Aufräumer. Sie dürften wütend auf eine andere Parteifarbe gewesen sein, die nicht näher genannten Wüteriche, die das gesamte Ministerbüro von Rudolf Edlinger (SPÖ) in der Wiener Himmelpfortgasse in Rollkommando-Manier ausräumten. Kein Blatt Papier, kein Bleistift, nicht einmal Büroklammern wurden hinterlassen, laut mitteilungsfreudigen Augenzeugen sogar Telefone mitgenommen, sämtliche Durchwahlnummern gelöscht und Kabel aus den Wänden herausgerissen. Alle Daten auf den Computern wurden vorsorglich gelöscht - und um ganz sicherzugehen, auch noch die an sich völlig unverdächtigen Betriebsprogramme dazu.
Kein Windows, kein Word, kein Excel. Der Flurfunk meinte auch noch zu wissen, dass kiloweise Akten in blauen Müllsäcken in die Müllverbrennungsanlage Flötzersteig gebracht wurden. Anlass genug für den späteren ÖVP-Vizekanzler Michael Spindelegger eine Anfrage an Edlingers Nachfolger Karl-Heinz Grasser (für die FPÖ) zu stellen, wie es sich doch zugetragen hätte. Der bestätigte den Großteil der Aktion, nicht einmal eine übliche Amtsübergabe hatte es gegeben. Nur die Akten landeten nicht in Flötzersteig, sondern wurden in schwarzen Müllsäcken an die Firma Bunzl & Biach geliefert.
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