Mitten im Schredder-Duell zwischen den Ex-Kanzlern Sebastian Kurz (ÖVP) und Christian Kern (SPÖ) beschäftigt jetzt ein neuer brisanter Polit-Aufreger das Land. Im MIttelpunkt steht dabei der Ex-Kabinettschef von Ex-Innenminister Herbert Kickl (FPÖ). Der soll den Chef der Identitären Bewegung, Martin Sellner, vor einer Razzia gewarnt haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.
Seit Tagen beschäftigt die Republik das Schredder-Duell zwischen Kurz und Kern. Die Ibiza-Affäre um Ex-FPÖ-Chef Heinz Christian Strache schien vergessen, die Freiheitlichen beobachteten die gegenseitigen Schmutzkübel-Attacken zwischen den einstigen Koalitionspartnern ÖVP und SPÖ erste Reihe fußfrei. Doch jetzt könnte ausgerechnet das von den Blauen seit Monaten unter Beschuss genommene BVT, das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, die Freiheitlichen in den nächsten Polit-Aufreger hineinziehen.
Identitären-Handy im Blumentopf versteckt
Hintergrund sind Ermittlungen in Richtung Amtsmissbrauch und Geheimnisverrat - es drohen bis zu fünf Jahre Haft - nach der Razzia bei Identitären-Chef Martin Sellner. Dieser steht unter Terrorismusverdacht, weil er mit dem Moschee-Attentäter von Christchurch in Kontakt stand bzw. eine Spende erhielt.
Sellner löschte 41 Minuten vor Razzia „Terroristen-Mails“
Rätselhaft: 41 Minuten vor der Wohnungserstürmung löschte der Sprecher der als rechtsextrem eingestuften Bewegung verräterische E-Mails und versteckte ein Handy im Blumentopf. Der ungeheure Verdacht: Sellner wurde aus Sicherheitskreisen vorgewarnt!
„Einmaliger Kontakt - danach aber nie wieder“
Dem Vernehmen nach erhielt der Polit-Aktivist sehr zeitnah zu den Hausdurchsuchungen einen geheimnisvollen Anruf. Die Suche nach dem Maulwurf führt auch ins Innenministerium. Im BVT-Extremismusakt zu den zumindest auf Landesebene teils engen Verflechtungen zwischen Identitäten und der FPÖ fällt auch der Name Reinhard Teufel. Seines Zeichens damals Kabinettschef im Innenministerium unter Kickl. Von der „Krone“ darauf angesprochen, dementiert der 40-Jährige auch „einen einmaligen Kontakt gar nicht - danach aber nie wieder“.
Einen verräterischen Anruf von seinem Handy, „das ich nie aus der Hand gegeben habe“, aus dem Palais Modena schließt der nunmehrige FPÖ-Landtagsabgeordnete in Niederösterreich aber entrüstet aus.
Kickls Ministerträume jetzt Fall für Reißwolf?
Und der unter Kickl starke Mann im Innenressort, der zuvor Büroleiter von Strache war und der ÖVP nach dem Sturz der Regierung „Machtrausch“ vorgeworfen hatte, gibt sich ob der brisanten Causa zuversichtlich: „Schon eine erste Anzeige gegen mich wegen der Bestellung von Peter Goldgruber zum Generaldirektor (Anm. d. Red.: Bundespräsident Alexander Van der Bellen verweigerte aber die Unterschrift zur Einsetzung) wurde eingestellt.“ Stimmen die Vorwürfe freilich, gäbe es im Innenministerium nicht die von Kickl vermuteten „schwarzen Netzwerke“, sondern „blaue Infolöcher“. Und die Ministerträume des FPÖ-Frontmannes würden wohl im Reißwolf landen ...
FPÖ vs. BVT: Vertraute Feindschaft
„FPÖ gegen BVT ist wie Simmering gegen Kapfenberg“, bringt ein involvierter Beobachter die Feindschaft zwischen dem polizeilichen Nachrichtendienst und dem Innenministerium in der Amtszeit des blauen Frontmannes Kickl auf den Punkt. Rückblick: Ein im deftig geführten Wahlkampf 2017 an alle möglichen Redaktionen und Polit-Kreise verschicktes Pamphlet über 39 Seiten mit den teils absurdesten Vorwürfen war der Korruptionsstaatsanwaltschaft im Februar 2018 dann plötzlich so wichtig, dass es eine Razzia in der Wiener Geheimdienstzentrale gab.
Mittlerweile sind de facto alle Ermittlungen wegen Amtsmissbrauchs eingestellt und der kurzfristig suspendierte BVT-Chef Peter Gridling schon längst wieder im Amt. Die Verdachtsmomente gegen Kickls frühere rechte Hand könnte man als späte Rache sehen ...
Christoph Budin und Alexandra Halouska, Kronen Zeitung
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