Mittwochabend ist der Startschuss zu den ORF-Zweierkonfrontationen im Rahmen des Nationalratswahlkampfs erfolgt. Fünf Duelle standen an, jedes dauerte 20 Minuten. Mit dabei: SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner, Ex-FPÖ-Innenminister Herbert Kickl, Ex-ÖVP-Staatssekretärin Karoline Edtstadler, Grünen-Chef Werner Kogler und NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Von eher amikalen bis recht angriffigen Duellen war alles dabei. Höhepunkt des Abends war das Aufeinandertreffen der Vertreter von SPÖ und FPÖ.
Die Zweierkonfrontationen sind einer der Höhepunkte im Wahlkampf. Insgesamt stehen im Rahmen der Sendung „Wahl 19 - Die Duelle“ 15 Konfrontationen auf dem Programm, Teil zwei und drei folgen (jeweils um 20.15 Uhr auf ORF 2) am 11. bzw. 18. September.
Kogler: „Brauchen nicht noch mehr noch billigeres Rindfleisch“
Eröffnet wurde der Duellreigen von Werner Kogler und Beate Meinl-Reisinger. Sowohl für den grünen Parteiobmann als auch die pinke Parteichefin ist es der erste Nationalratswahlkampf in dieser Rolle. Eine weitere Gemeinsamkeit ist der unbedingte Wille, eine FPÖ-Regierungsbeteiligung zu verhindern. Ganz allgemein war das Duell davon geprägt, zwischen den vielen Gemeinsamkeiten auch Unterschiede zu finden.
Dies gelang vor allem zum Schluss des Duells bei der Diskussion um den Freihandelsvertrag Mercosur. In seiner aktuellen Verfassung wollen diesen zwar beide nicht unterschreiben, Werner Koglers Grüne haben aber weit mehr daran auszusetzen als Beate Meinl-Reisingers NEOS. „Lebensmittel sind Güter, die in der Region produziert werden sollen. Wir brauchen nicht noch mehr noch billigeres Rindfleisch“, so Kogler. Meinl-Reisinger stören vor allem fehlende Sanktionsmöglichkeiten bei Nichteinhalten verschiedenster Vorschriften.
Edtstadler: „Herr Pilz wirft nur mit Schmutz um sich“
Das Duell zwischen Karoline Edtstadler und Peter Pilz war vor allem von gegenseitigen Vorwürfen geprägt. Pilz warf dem abwesenden ÖVP-Chef Sebastian Kurz vor, Angst vor dem JETZT-Listengründer zu haben. Gesprächsthema war vor allem der Ibiza-Skandal und die Shredder-Affäre. Auch über Parteienfinanzierung wurde - vor allem von Pilz - sehr viel gesprochen. Edstadler warf ihrem Gegenüber vor, nur mit Schmutz um sich zu werfen.
Wirklich sachlich wurde es nur beim Thema Pflege. Die Volkspartei will hier eine Pflegeversicherung einführen, die sicherstellen soll, dass Pflegebedürftige auch wirklich gepflegt werden „und nicht die zukünftigen Erben dafür eintreten müssen“. Für Pilz ist klar, dass früher oder später die öffentliche Hand für Pflege aufkommen werden müsse. Vor allem bei der 24-Stunden-Pflege gebe es ein großes Problem. „Ich bin dafür, dass das staatlich finanziert und durch Vermögenssteuern gegenfinanziert wird.“
Rendi-Wagner: „Standortpolitik nicht gegen Klimapolitik ausspielen“
Großes Thema im Duell zwischen Werner Kogler und SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner war das Klima. Auch hier gab es wieder viele Übereinstimmungen. Der größte Unterschied war bei den Ansichten über einen möglichen Bau einer dritten Piste am Flughafen Schwechat auszumachen. Rendi-Wagner sprach sich für diesen Bau aus, weil sie befürchtet, dass die Piste sonst in Bratislava gebaut und die Emissionen daher ohnehin freigesetzt würden.
Kogler will dagegen den Bau verhindern und auch zahlreiche Autobahnprojekte stoppen. Die dadurch frei werdenden Mittel sollen in den Nahverkehr gesteckt werden. In der Frage der Seenotrettung waren sich beide einig, dass es besser wäre, wenn diese anstatt von NGOs von der EU oder einzelnen Staaten organisiert würde. Auch für den Schutz von Außengrenzen sprachen sich beide aus. Allerdings nicht der österreichischen Grenze, sondern jener des Schengenraums.
Meinl-Reisinger: „Unser Ziel ist es, die Menschen zu entlasten"
Im vierten Duell standen sich die Spitzenkandidaten der NEOS und von JETZT-Liste Pilz gegenüber. Hauptthemen waren Transparenz und Pension. Pilz kritisierte vor allem große Spenden an Parteien - im Zusammenhang mit den NEOS natürlich jene vom Industriellen Hans Peter Haselsteiner. Es gebe keinen Investor, der sage „Ich mach das ohne Absicht“. Meinl-Reisinger reagierte sofort: „Ich werde mir nicht gefallen lassen, von Ihnen in eine Nähe der Korruption gebracht zu werden.“
Beim zweiten großen Thema forderte Pilz eine staatliche Mindestpension von mindestens 1200 Euro. Meinl-Reisinger kritisierte vor allem, dass das aktuelle Pensionssystem kommenden Generationen gegenüber unfair sei. „Die Absicherung für die nächsten Generationen ist überhaupt nicht gewährleistet. Unser Ziel ist es, die Menschen zu entlasten.“
Kickl: „SPÖ und Grüne rollen Islam roten Teppich aus“
Den Abschluss machten am Mittwoch SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und die Nummer 2 auf der FPÖ-Liste, Herbert Kickl. Wie erwartet entwickelte sich ein brisantes Duell mit einigen Untergriffen. Kickl behauptete etwa, seine Konkurrentin sei in der Zeit der türkis-blauen Regierung vor Neid erblasst, weil sie gesehen habe, „was man der ÖVP alles abringen kann“. Zudem hätten die Freiheitlichen „in eineinhalb Jahren mehr weitergebracht, als Sie in zehn Jahren im Sozialressort“. Rendi-Wagner hingegen warf Kickl vor, die Wähler „verraten“ zu haben. Zahlreiche Wahlversprechen hätten nämlich ganz anders ausgesehen, als das Programm, das von der Regierung abgearbeitet wurde. „Entweder Sie konnten sich nicht durchsetzen oder sie haben die Wählerinnen bewusst verraten.“ Zudem habe Türkis-Blau eine „Politik des Drüberfahrens“ gegen die Arbeitnehmer betrieben.
Auch „Vergiftung des Klimas durch Hetze, Spaltung“ warf die ehemalige Gesundheitsministerin dem ehemaligen Innenminister vor. Die FPÖ habe außer einem „Schildertausch an Flüchtlingszentren und einem Pferdekauf für die Polizei“ nicht viel getan. Thema war natürlich - wie sollte es mit FPÖ-Beteiligung anders sein - auch die Migrationsfrage. Kickl an Rendi-Wagner: „Sie haben im Bereich der Klimakrise erkannt, dass man weiterdenken muss. In anderen wesentlichen Fragen ist Ihnen dieses Licht noch nicht aufgegangen. Beim Schutz unserer Heimat dämmerts bei Ihnen nicht, da sind Sie weiter am falschen Dampfer unterwegs.“ Die SPÖ-Chefin erwiderte, dass die FPÖ in der Zeit des EU-Ratsvorsitzes zu wenig für den Außengrenzschutz der EU und EU-Weite Aslyverfahren getan habe.
Parteien dürfen Joker schicken
Wie schon vor der EU-Wahl haben auch diesmal alle Parteien die Möglichkeit, jeweils einen Joker - also einen Vertreter - einzusetzen. ÖVP, SPÖ und FPÖ nützen diese Möglichkeit. Auffallend ist, dass sowohl Rendi-Wagner (am 18. September) als auch ÖVP-Chef Sebastian Kurz (am Mittwoch) das Duell mit Pilz meiden. FPÖ-Chef Norbert Hofer wiederum ließ Kickl am Mittwoch gegen Rendi-Wagner auflaufen.
„Krone“-Redakteurin Doris Vettermann analysiert im Studio
Im Anschluss an die jeweilige Konfrontation folgt eine kurze Analyse eines ausgewählten Printjournalisten. Am Mittwoch dabei war unter anderem „Krone“-Politikredakteurin Doris Vettermann. Direkt nach den jeweiligen Sendungen lässt in der „ZiB 2“-Politologe Peter Filzmaier die Gespräche Revue passieren.
Erste Elefantenrunde ohne früheres Top-Thema Migration
Mit der ersten Elefantenrunde auf Ö1 war am Dienstag die heiße Phase des Nationalratswahlkampfs eingeläutet worden - mit einer außerordentlich lebhaften Diskussion. Die Debatte zeigte eines deutlich: Weder Klimakrise noch Pflege haben das Zeug zum Wahlkampfthema Nummer eins. Über diese Bereiche wurde von den Spitzenkandidaten zwar auch diskutiert, die emotionalsten Äußerungen gab es jedoch zum Ibiza-Video und dessen Folgen sowie zum Thema Parteienfinanzierung. Das einstige Top-Thema Migration kam hingegen überhaupt nicht vor.
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