Innenpolitischer Knalleffekt: Der frühere FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache zieht sich komplett aus der Politik zurück! Am Dienstagvormittag kündigte er in einer „persönlichen Erklärung“ vor Medienvertretern im ersten Wiener Bezirk an, seine Mitgliedschaft in der Partei ruhend zu stellen. Er strebe auch in Zukunft keine politische Funktion mehr an. Nach der Vielzahl an Vorwürfen gegen seine Person wolle er mit seinem Rückzug in erster Linie seine Familie schützen, so Strache, der hinzufügte: „Ich will meine Frau keine Sekunde länger leiden sehen.“
Er wolle mit seinem Rückzug aus der Politik auch eine „Zerreißprobe und Spaltung der FPÖ um jeden Preis verhindern“, sagte Strache. Den Freiheitlichen wünschte er „alles Gute“. Er betonte auch seine „aufrichtige Verbundenheit“ mit dem freiheitlichen Lager, das „weiterhin ein wichtiger Faktor“ in der Politik bleiben sollte.
Die gesamte Erklärung von Strache im Video:
Strache über Ehefrau: „Möchte sie keine Sekunde länger leiden sehen“
Strache stellte sich bei seiner „persönlichen Erklärung“ aber nicht nur hinter seine „freiheitliche Familie“. Auch seine Ehefrau Philippa, die in den Nationalrat einziehen will, sowie seinen Sohn verteidigte er. Seine Frau habe in den vergangenen Wochen und Monaten viel durchmachen müssen. „Das kann kein Ehemann zulassen.“ Er kündigte „rechtliche Konsequenzen“ für jene an, die seiner Familie geschadet hätten. Um wen genau es sich dabei handeln soll, verriet er nicht.
„Nicht bekannte Kräfte“ hinter den „Verleumdungen“
Die Vorwürfe, die gegen ihn erhoben werden - Stichwort Ibiza- und Spesenaffäre - will Strache ausschließlich mit den Ermittlungsbehörden und nicht öffentlich aufarbeiten. Weiterhin bestritt er, dass er sich irgendwelcher Vergehen schuldig gemacht habe und vermutet „bis heute nicht bekannte Kräfte“ hinter den „Verleumdungen“. Strache appellierte nun an die Öffentlichkeit, die Ermittlungen in der Spesenaffäre abzuwarten.
Strache von Parteispitze „ein bisschen enttäuscht“
„Für meine Fehler entschuldige ich mich abermals“, meinte Strache aber und versprach, „dass ich die Aufklärung vorantreibe“. Von der neuen Parteispitze - und damit von Norbert Hofer und Herbert Kickl - sei er „ein bisschen enttäuscht“, betonte Strache. Offenbar hatten die beiden ihm Gespräche verweigert, die er gesucht hatte und demnach führen wollte.
Strache kam drohendem Ausschluss zuvor
Mit seinem Rückzug aus der Politik kam Strache einem drohenden Ausschluss seitens der Partei zuvor. Wegen der Ibiza-Affäre sowie der kurz vor der Nationalratswahl am Sonntag bekannt gewordenen Spesenaffäre war er parteiintern massiv unter Druck gekommen. Eine Reihe von FPÖ-Politikern hatte zumindest die Suspendierung der Mitgliedschaft des früheren Parteichefs gefordert, auch ein Parteiausschluss stand im Raum. Das Präsidium und der Vorstand der FPÖ befassen sich am Nachmittag mit den Folgen der schweren Wahlniederlage.
Rätselraten um Internetseite liste-strache.at
Zuvor hatte es auch Gerüchte gegeben, der frühere FPÖ-Chef könnte allenfalls mit einer eigenen Partei bei der Wiener Landtagswahl antreten. Befeuert wurden die Gerüchte durch die Registrierung der Internetadresse liste-strache.at. Wer dahintersteht, ist unklar, registriert wurde die Adresse vom Hosting-Anbieter „Host Europe“ erst am Montag. Noch ist die Seite leer. „Diese Webpräsenz befindet sich noch im Aufbau. Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal“, heißt es dort lediglich.
Hofer nimmt Erklärung Straches „zur Kenntnis“
FPÖ-Chef Norbert Hofer nahm die Ankündigung seines Vorgängers laut eigener Aussage „zur Kenntnis“. Darüber hinaus wollte er Straches Vorgehen nicht kommentieren.
Abwerzger verlangt „Neuaufstellung“ der FPÖ
Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger hatte Dienstagfrüh vor dem Bundesparteivorstand - also noch vor Straches Erklärung - einen Parteiausschluss des Ex-Vizekanzlers in den Raum gestellt. Sollten sich die Vorwürfe gegen diesen bewahrheiten, „dann ist die Suspendierung wahrscheinlich zu wenig“, sagte Abwerzger im Ö1-„Morgenjournal“. Dass sich Strache vor der Wahl via Facebook mehrmals zu Wort gemeldet habe, „hat das Fass zum Überlaufen gebracht“. Die Spesenaffäre sei „nicht mehr zu kitten“.
Abwerzger verlangte eine „Neuaufstellung“ der Freiheitlichen und riet abermals von einer neuerlichen Koalition mit der ÖVP ab. Anders als 2017 seien keine Verhandlungen auf Augenhöhe mehr möglich, zudem sei die FPÖ „derzeit intern nicht bereit“ für eine Regierungsbeteiligung.
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