Nach dem historisch schlechtesten Wahlergebnis in der Geschichte der SPÖ muss die Bundesparteispitze einen Weg aus der Krise finden. Das Präsidium gab dazu am Freitag im Zuge ihrer Klausur (siehe Video oben) den Startschuss für einen Erneuerungsprozess der Partei. „Der Prozess steht unter dem Motto ,An die Arbeit‘“, verkündete Parteichefin Pamela Rendi-Wagner im Anschluss an die Klausur. Dort seien „sehr offene“ und „sehr konstruktive“ Diskussionen geführt worden.
Bei der rund siebenstündigen Klausur - die Ergebnisse werden nächste Woche dem Bundesparteivorstand vorgelegt - sei es vor allem um inhaltliche und strukturelle Fragen gegangen, nicht um Personalia, versicherte Rendi-Wagner: „Wir hatten keinerlei Personaldiskussion heute.“ Laut Wiens Bürgermeister Michael Ludwig sei der Parteichefin das „Vertrauen geschenkt“ worden.
Erneuerungsprozess soll am 1. Mai abgeschlossen sein
Am Beginn des Erneuerungsprozesses soll eine „ehrliche und umfassende Analyse“ innerhalb aller Organisationseinheiten in der SPÖ (Bezirks- und Länderorganisationen ebenso wie Teil- und nahestehende Organisationen, von der Jugend bis zu den Senioren) stehen. „Ich erwarte mir von allen Organisationen, dass sie sich Zeit nehmen und mit den Mitgliedern eine ehrliche Analyse der Wahlergebnisse und Entwicklungen machen sowie Vorschläge für die Zukunft erarbeiten.“ Der Erneuerungsprozess soll am 1. Mai, dem „Tag der Arbeit“ 2020 abgeschlossen sein. „Wir werden jetzt nicht in eine innere Emigration gehen und uns bis im April des nächsten Jahres abmelden“, versicherte Rendi-Wagner.
Österreichweite Mitgliederbefragung
Die Themen, die die verschiedenen Parteiorganisationen ebenso wie Vertreter der Zivilgesellschaft und der Wissenschaft in den kommenden Wochen und Monaten erarbeiten sollen, werden auch in eine groß angelegte, österreichweite Mitgliederbefragung im Frühjahr einfließen. Rendi-Wagner sei laut eigener Aussage nun seit zehn Monaten Parteichefin und allein in dieser Zeit habe sie festgestellt, dass es intern Bedürfnisse bezüglich einer Erneuerung der Partei gäbe.
Zukunftskongress im Frühjahr 2020
Parallel dazu soll es einen Prozess der Öffnung der Partei geben - und zwar „im Sinne von Zukunftslabors“. „In die Frage, wie die Erzählung der Sozialdemokratie im 21. Jahrhundert aussehen muss, sollen auch die Zivilgesellschaft, Künstler und Wissenschafter eingebunden werden“, so Rendi-Wagner. Am Ende soll es im Fühjahr 2020 einen Zukunftskongress geben, bei dem die Ergebnisse des Erneuerungsprozesses präsentiert werden sollen. Einen Reformparteitag, wie ihn einige gefordert hatten, soll es nicht geben.
„Österreich braucht eine starke Sozialdemokratie“
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch betonte, dass an der Erneuerung kein Weg vorbeiführt. Anhand der konkreten Maßnahmen würd edie Partei nun Bewegung in die Bewegung - auf allen Ebenen, in Städten und ländlichen Strukturen - bringen. Es sei wichtig, die 2018 beschlossene Organisationsreform mit Leben zu füllen und die Partei zu öffnen. „Das sei ein wichtiger Prozess, um die Partei zukunftsfit und kampagnenfähig zu machen, denn Österreich brauche eine starke Sozialdemokratie.“
Ludwig: „Erste wichtige Schritte gesetzt“
Für Wiens Bürgermeister Michael Ludwig wurden bei der Präsidiumsklausur „die ersten wichtigen Schritte gesetzt“. Diese sollen in der nächsten Woche dem Bundesparteivorstand vorgelegt werden. Auch der Salzburger SPÖ-Chef Walter Steidl gab sich beim Verlassen des Renner-Instituts mit dem Ergebnis „sehr zufrieden“. Die Beratungen seien „gut verlaufen“. Beinahe wortgleich resümierte FSG-Chef Rainer Wimmer.
64 Prozent trauen Rendi-Wagner SPÖ-Umbau nicht zu
Eine von Peter Hajek durchgeführte Meinungsumfrage unter 807 Teilnehmer, inwiefern die Österreicher der SPÖ-Chefin diesen Umbau in der Partei zutrauen. 64 Prozent stimmten für „eher nein“ und „Nein, ganz sicher nicht“. Nur 26 Prozent gaben „Ja, absolut“ oder „eher ja“ an. Auch die Wähler glauben mehrheitlich nicht daran: 83 Prozent der NEOS-Wähler, 81 Prozent der FPÖ-Wähler, 80 Prozent der ÖVP-Wähler und 69 Prozent der Grün-Wähler trauen ihr den Umbau eher bis gar nicht zu. Nur die SPÖ-Wähler trauen der Partei-Chefin mit 67 Prozent den geplanten Neuanfang zu.
Peter Hajeks Fazit dazu lautet: „Die SPÖ-Wähler sind zwar hoffnungsfroh, aber nicht überzeugt, dass Rendi-Wagner den Turnaround schafft. Nur ein Drittel glaubt felsenfest an den Wandel, ein weiteres Drittel ist zwar positiv gestimmt, aber skeptisch.“
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