Die Diskussion der vergangenen Tage zeigt, wie schlimm die Pflegemisere in Wien tatsächlich ist. Wie berichtet, steht die Versorgung von Müttern und Babys im AKH kurz vor dem Kollaps. Ein Protokoll, das der „Krone“ vorliegt, zeigt die Verzweiflung der betroffenen Frauen. Dazu noch diese Fakten: In den Kliniken des Krankenanstaltenverbundes fehlen 450 Pflegekräfte.
Werdende Mütter mit Problemschwangerschaften gewöhnen sich an die Ärzte und das Pflegepersonal, fassen Vertrauen in die Mitarbeiter des AKH – und werden kurz vor der Entbindung aufgrund des Engpasses an Pflegern weggeschickt und in andere Kliniken abgeschoben. Wie berichtet, löst das bei vielen Frauen einen Schock aus. Der „Krone“ liegt eine Aktennotiz vom 3. Oktober 2019 über eine solche Situation vor. Darin zu lesen: „Die Patientin ist ängstlich und beginnt zu weinen.“ Wie berichtet, ist das für den zuständigen Gesundheitsstadtrat Peter Hacker von der SPÖ ein „Mikroproblem“. Er werde sicher nicht „Leute aus anderen Spitälern ins AKH zwangsversetzen“.
„Schaden möglichst gering halten“
Prof. Peter Husslein, Leiter der Uni-Klinik für Frauenheilkunde, hat nach seinem ersten Wut-Mail wieder in die Tasten geklopft. Er schreibt an die Verantwortlichen des AKH und der Med Uni: „Ich werde den desolaten Zustand, der alles, was wir in 25 Jahren aufgebaut haben, sukzessive zerstört, nur noch pragmatisch verwalten und schauen, dass der Schaden möglichst gering gehalten wird.“
Aber auch über das AKH hinaus - alleine dort fehlten im September 160 Pflegekräfte - ist die Lage mehr als prekär. Die neuesten Zahlen aus dem Krankenanstaltenverbund: Aufgrund von Schwangerschaft, Pensionierungen oder Jobwechsel sind momentan insgesamt rund 450 Dienstposten im Bereich Pflege nicht besetzt. „Es finden laufend Aufnahmen statt. Im Herbst sogar besonders viele, da zahlreiche Ausbildungswege zu dieser Zeit enden und die Absolventen einen Job suchen“, erklärt eine Sprecherin.
Schlüssel: 20 Patienten für einen Mitarbeiter
„Alle Unternehmen werden künftig in einen noch intensiveren Wettbewerb um Nachwuchskräfte treten müssen. Das betrifft auch den KAV.“ Was die Pflegekräfte leisten, zeigt auch dieser offizielle Personalschlüssel: Demnach muss sich ein Mitarbeiter in den ersten beiden Pflegestufen um 20 Patienten kümmern.
Michael Pommer, Kronen Zeitung
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