Wenige Wochen vor einer Landtagswahl taucht ein Liederbuch mit antisemitischen, NS-verherrlichenden und rassistischen Texten auf und setzt die FPÖ ordentlich unter Druck - so geschehen im Vorjahr in Niederösterreich. Nun wiederholt sich die Geschichte - diesmal allerdings in der Steiermark.
„Da trat in ihre Mitte ein Römer mit deutschem Gruß, ,Heil Hitler, ihr alten Germanen, ich bin der Tacitus.‘ Da hoben die alten Germanen zum Gruße die rechte Hand: ,Heil dir, du Bruder der Achse, du bist uns anverwandt.‘ Da trat in ihre Mitte ein alter Araber-Scheich: ,Auch wir sind Indogermanen und wollen jetzt heim ins Reich!‘“
„Frau Wirtin hatte einen von der SA, der stand Hauptmann Röhm sehr nah“
Geschrieben steht all das so in einem Liederbuch, das die schlagende Schülerverbindung Pennales Corps Austria zu Knittelfeld zu ihrem 125-Jahre-Jubiläum im Jahr 2005 von der Grazer Burschenschaft Cheruskia geschenkt bekommen hat - das Buch ist damit gerade einmal 14 Jahre alt. Und das sind nicht die einzigen Strophen, die an die Zeit des Nationalsozialismus anknüpfen. „Frau Wirtin hatte einen von der SA, der stand dem Hauptmann Röhm sehr nah. Frau Wirtins Freund von der SS fährt einen Horch mit viel PS“, lauten Zeilen in einem weiteren, äußerst obszönen Lied. Ernst Julius Günther Röhm war unter anderem langjähriger Führer der Sturmabteilung (SA) und im Kabinett Hitler Reichsminister ohne Geschäftsbereich.
FPÖ-Politiker als prominentes Mitglied
Der „Krone“ liegt ein Exemplar des Liederbuches vor. Dieses ist größer, als man sich ein solches gemeinhin vorstellt, hat DIN-A4-Format und 444 Seiten. Die Lieder sind in schwarzer Schrift gedruckt. Auf dem Cover steht: „Liederliche Lieder zum 125. Stiftungsfest des Corps Austria zu Knittelfeld“. Brisant: Laut Vereinsregister ist zwar Stephan Hubmann Obmann, allerdings hat die Verbindung auch ein prominentes Mitglied, das dort laut Webseite Altherrenobmann ist: Wolfgang Zanger von der FPÖ. Er ist steirischer Nationalratsabgeordneter und Teil des Landesparteipräsidiums der FPÖ Steiermark. Für diese kommt die Sache zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt - in nicht einmal vier Wochen wird in der grünen Mark gewählt.
„Habe Buch bei mir zu Hause gefunden“
Die „Krone“ hat Zanger mit dem Liederbuch konfrontiert. Was sagt er zu alledem? Zuerst einmal, dass er zwar seit Schulzeiten Mitglied der Verbindung ist, aber seit zwei Jahren nicht mehr Altherrenobmann - die Webseite sei „leider Gottes nicht mehr aktuell“. Am Sitz der Verbindung liege das Buch nicht auf, allerdings „habe ich das Buch bei mir zu Hause gefunden“. Betont will er wissen, dass das Buch „nicht von einem von uns, sondern von jemandem aus der Grazer Burschenschaft Cheruskia verfasst worden ist“. Ob er sich von den Inhalten im Buch distanziert? „Distanzieren kann ich mich nur von etwas, das ich selbst geschrieben, gesagt oder getan habe. Warum soll ich mich von etwas distanzieren, das andere geschrieben haben?“
Kunasek: „Veröffentlichte Inhalte lehnen wir kategorisch ab“
Der steirische FPÖ-Chef Mario Kunasek meint wiederum: „Diese Publikation hat nichts mit der FPÖ zu tun. Die veröffentlichten Inhalte lehnen wir kategorisch ab.“ Ähnlich klingt der Sprecher von Bundesparteichef Norbert Hofer: „Die FPÖ distanziert sich von solchen Texten und lehnt entsprechende Inhalte ab. Außerdem hat die Partei damit nichts zu tun.“
Neue Version der Bundeshymne
Neben NS-Verherrlichung ist auch Antisemitismus im Buch zu finden: „Rothschild hat das meiste Geld. Schließlich muss in jedem Fache einer doch der Größte sein, und so ist auch ohne Zweifel festgestellt das größte Schwein.“ Die jüdische Bankiersfamilie Rothschild ist Gegenstand zahlreicher Karikaturen, Hetzkampagnen und Verschwörungstheorien, die von Judenfeindlichkeit geprägt sind. Auch mit rassistischen Passagen wird nicht gegeizt: Die Bezeichnungen „Neger“ und „Zigeuner“ sind in zahlreichen Liedern zu finden. Außerdem wurde die Bundeshymne auf äußerst kreative Art und Weise umgetextet.
Sandra Schieder, Kronen Zeitung
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