„Wadln virerichten“

Polizeichef macht Polizist am Notruftelefon nieder

Steiermark
27.11.2019 12:27

Wohl weil er nach Nennung seines Namens am Notruftelefon nicht den erwarteten Respekt in der Stimme des Beamten erkennen konnte, hat einer der hochrangigsten Polizisten in der Steiermark den jungen Kollegen am anderen Ende der Leitung niedergemacht und ihm unter anderem angedroht, ihm die „Wadln virezurichten“. Währenddessen war die Notrufnummer mehrere Minuten für potenzielle echte Notfälle blockiert - denn bei diesem „Notruf“ ging es um ein Feuerwerk, das zum Zeitpunkt des Anrufes bereits wieder vorbei war ...

„Ja, Alex Gaisch, guten Abend, servus, grüß dich“, beginnt das Telefonat über die Notrufnummer. Als daraufhin nur „Guten Abend, bitte!“ geantwortet wird, beginnt es: „Alexander Gaisch. Kennst du mich jetzt oder kennst du mich nicht?“, fragt der Polizeichef. „Nein, ich kenne Sie nicht, bitte, worum geht es?“, gibt der Beamte am Telefon zur Auskunft und will wissen, um welchen Notruf es sich handelt. Doch diese Information bekommt der Polizist länger nicht, dafür erfährt er, welchen Posten der Herr am anderen Ende der Leitung besetzt: „Landespolizeidirektor-Stellvertreter.“

Die Beamten müssen nicht wegen jedem Notruf ausrücken, einige Anrufer sollten ihre Probleme selber lösen können. (Bild: Landespolizeidirektion (Symbolbild))
Die Beamten müssen nicht wegen jedem Notruf ausrücken, einige Anrufer sollten ihre Probleme selber lösen können.

„Am Montag um 8 Uhr in meinem Büro!“
Als sich der Polizist am Notruftelefon weiter unbeeindruckt gibt, wird er von Gaisch zum Rapport „am Montag um 8 Uhr in meinem Büro“ zitiert, aufgefordert, seinen eigenen Namen preiszugeben, bedroht, dass ihm die „Wadln viregerichtet“ werden und gefragt: „Geht‘s noch?“ Mehrmals fragt der Polizist nach, worum es denn eigentlich gehe - als Antwort kommen aber weitere Androhungen von Konsequenzen („Na, warten S‘ nur“) und der nochmalige Aufruf, am Montag im Büro des Landespolizeidirektor-Stellvertreters, der er seit 2012 ist, zu erscheinen.

Hofrat Alexander Gaisch, Landespolizeidirektor-Stellvertreter der Steiermark (Bild: Jürgen Radspieler)
Hofrat Alexander Gaisch, Landespolizeidirektor-Stellvertreter der Steiermark

„Und jetzt sag ich Ihnen, was ich brauche“, so Gaisch, seines Zeichens Hofrat, ehemaliger Polizeichef von Graz sowie Ex-Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung: eine Streife, um herauszufinden, ob ein Feuerwerk, das zum Zeitpunkt des Anrufes bereits vorbei gewesen sei, angemeldet war.

Dann werden wir ein Disziplinarverfahren einleiten“
Bevor der Mitschnitt endet, ist noch zu hören, wie der Landespolizeidirektor-Stellvertreter verlangt, dass der Beamte „nächste Woche die Namen der Führungskräfte namentlich auswendig lernt“ und ihm aufzählen soll. „Und wenn Sie sie nicht kennen, dann werden wir ein Disziplinarverfahren einleiten. Haben Sie mich verstanden?“ Der Beamte: „Jawohl!“

„Ich erwarte mir auch Konsequenzen. Aber bei wem anderen“
Mittlerweile ist der Mitschnitt des Gesprächs (siehe auch ganz oben) bekannt geworden, und es werden tatsächlich Konsequenzen gefordert - aber nicht von dem kleinen Beamten am Notruftelefon, wie etwa die NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper twitterte.

Nun Ermittlungen, weil Mitschnitt an Öffentlichkeit gelangte
Einzige tatsächliche Konsequenz der Notrufaffäre, die Anfang September stattfand, war laut „Krone“ vorerst, dass Gaisch sich im Beisein des Landeskommandanten bei dem jungen Polizisten entschuldigen musste. Damit sei die Sache intern aus der Welt geschafft worden, disziplinäre Maßnahmen gebe es für niemanden, bestätigte am Mittwoch Fritz Grundnig von der Landespolizeidirektion Steiermark - allerdings wurden Ermittlungen „gegen unbekannt“ wegen Amtsmissbrauchs und Verletzung des Amtsgeheimnisses eingeleitet, weil der Mitschnitt an die Öffentlichkeit gelangt ist.

Bürgermeister schilderte vor Jahren Einschüchterungsfall
Es ist übrigens nicht der erste bekannt gewordene Vorfall, bei dem Gaisch versucht haben soll, jemanden einzuschüchtern. So soll er vor mehreren Jahren eine Kindergartenleiterin derart unter Druck gesetzt haben, dass sich der Bürgermeister des betroffenen Ortes schützend vor die Frau stellte und über die „Kleine Zeitung“ ausrichten ließ: „So geht das nicht.“ Die Frau soll nach einem lautstarken Telefonat mit dem Polizeichef eine eigentlich bereits fixe Gruppeneinteilung zugunsten der Tochter des Beamten geändert haben.

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