World AIDS Day

Erst Schock, dann Therapie

Gesund
01.12.2019 05:02

Eine neu präsentierte Befragung unter Frauen und Männern mit positivem HIV-Test zeigt auf, wie Betroffene damit umgehen und welche Maßnahmen noch zu treffen sind.

„Die Österreicher wissen eigentlich sehr gut Bescheid über HIV/AIDS, aber das bedeutet leider nicht automatisch, dass sie dies auch immer im Verhalten umsetzen. Dafür braucht es Gesundheitskompetenz und oft auch individuelle Beratung“, resümierte Mag. Manfred Rupp von der AIDS-Hilfe Steiermark bei der Vorstellung einer Studie zum Leben mit HIV im Zuge eines Pressegesprächs in Wien. „Wenn die Menschen nach einem Test aufgefangen werden, ist auch die Hemmschwelle vorher geringer, eine Abklärung herbeizuführen. Bei uns gibt es bei HIV-Diagnose ab der ersten Stunde die Möglichkeit einer psychosozialen Unterstützung. Ist das Test-Ergebnis negativ, werden Möglichkeiten, das Risikoverhalten zu überdenken und die individuell passenden Schutzmaßnahmen zu finden, aufgezeigt“, so Mag. Rupp weiter.

Wissen schützt nur, wenn es auch wirklich umgesetzt wird. (Bild: LIGHTFIELD STUDIOS/stock.adobe.com)
Wissen schützt nur, wenn es auch wirklich umgesetzt wird.

Wie wesentlich das ist, belegt eine Befragung der Spectra Marktforschung im Auftrag von Gilead Sciences Österreich, die Dr. Walter Wintersberger erläuterte: „Die Diagnose ,HIV-positiv‘ trifft die Patienten - ob schon erahnt oder nicht - letztlich wie aus heiterem Himmel. Oder sie ,schleicht sich‘ über einen langen, angsterfüllten, leidvollen Weg an. Ganz besonders kritisch sind die ersten 24 Stunden. Der Informationsbedarf ist in der Phase nach Diagnose und Therapiestart am größten. Mit jedem Quartal wachsen das Wissen und die Vertrautheit der Patienten mit ihrer Situation, bis sie letztendlich sehr zufrieden mit der aktuellen Therapie sind.“ Doch alle gaben an, unter „sozialem AIDS“ zu leiden, also Ausgrenzung und Stigma durch die Gesellschaft.

Derzeit 

Der Münchner Schauspieler und Kabarettist Thomas Pohl („Die NIeDERTRäCHTIGEN“), in Österreich bekannt durch seine Auftritte am Linzer Landestheater, hat das alles mitgemacht. Er wurde mit 17 gleich bei seinem ersten Sexualkontakt angesteckt und lebt mittlerweile seit 34 Jahren mit dem Virus. Als er sich Ende der 1980er-Jahre in einen Kollegen verliebte, hatte er große Angst vor dem Test. „Also gingen mein neuer Partner und ich gemeinsam zur Aidshilfe in Salzburg - er war negativ, ich positiv“. Der Künstler musste zu Beginn bis zu 10 Medikamente pro Tag mit schlimmen Nebenwirkungen einnehmen. Jetzt ist es nur noch eine Tablette. AIDS-krank ist er bis heute nicht.

Dank moderner Behandlungsmöglichkeiten ist ein normales Leben trotz positivem Befund möglich. (Bild: gamjai/stock.adobe.com)
Dank moderner Behandlungsmöglichkeiten ist ein normales Leben trotz positivem Befund möglich.

Elisabeth Mikulenko, Obfrau des Vereins Positiver Dialog, hatte „ehrlich gesagt damals überhaupt keine Ahnung von HIV und AIDS“, wie sie erzählt, als sie vor 17 Jahren in einem Krankenhaus auf der Dominikanischen Republik im Zuge einer anderen Untersuchung überraschend mit dem Befund „HIV positiv“ konfrontiert wurde. „Unterstützung, Beratung, Therapie - das alles gab es dort nicht.“ So kam sie zurück nach Wien mit der Überzeugung, bald sterben zu müssen, denn das Vollbild der Erkrankung AIDS war bereits zu verzeichnen. Mikulenko hat nicht nur überlebt, sie ist aktiver denn je im Dienste der Aufklärung und Hilfestellung für Betroffene unterwegs. Beistand fand sie letztendlich u. a. im Wiener AIDS-Hilfe-Haus, aber es kostete Überwindung: „Auch, wenn es sich heute bei rechtzeitiger und moderner Behandlung nur mehr um eine chronische Erkrankung handelt, hat man große Angst vor dem Testergebnis.“ Umso wichtiger sei es, den Menschen klar zu machen, dass sie zwar Zeit brauchen werden, um die Diagnose anzunehmen, aber dass dann heute ein ganz normales Leben auch mit HIV möglich ist.

Weltweit sind von den 37,9 Millionen Betroffenen bereits 79% getestet, 62% in Behandlung und 53% dank Medikamentation unterhalb der Nachweisbargrenze. Die Zahlen stammen von Ende 2018. In Österreich kommt es zu etwa 400 jährlichen Neuinfektionen, eine hohe Anzahl (40%) wird erst entdeckt, wenn bereits eine Immunschwäche eingetreten ist. Hier herrscht Handlungsbedarf! Etwas mehr als 6500 Menschen leben bei uns mit dem HI-Virus.

Hand in Hand zum HIV-Test

Wann ist es Zeit für einen HIV-Test? Ganz einfach, wenn man seinen aktuellen Status nicht kennt. Jeder sexuell aktive Mensch sollte nämlich darüber Bescheid wissen. Nicht nur für sich, sondern auch für den Partner. Einen guten Anlass dafür bietet der heurige Welt-AIDS-Tag, der immer am 1. Dezember für mehr Bewusstsein wirbt. Das Thema geht uns nämlich alle etwas an und beschränkt sich keinesfalls nur auf bestimmte Personen! Zeitgemäß wird von „Risikokontakten“ anstatt von „Risikogruppen“ gesprochen. Was also tun, wenn der Verdacht auf Ansteckung besteht? Auf keinen Fall verdrängen, sondern am besten gleich in den ersten 48 Stunden einen HIV-Spezialisten oder eine HIV-Ambulanz aufsuchen. Ab 2-6 Wochen danach ist ein Test beim Arzt, im Labor oder bei der AIDS Hilfe aussagekräftig, für einen Selbsttest (in Apotheken erhältlich) muss mindestens 12 Wochen abgewartet werden, damit man sich auf das Ergebnis verlassen kann.

Niemand muss diesen schweren Weg allein antreten - selbstverständlich kann man eine Begleitung zu den Tests mitnehmen und sollte das auch tun. In Österreich sind die neuesten Therapien verfügbar, die bei einem HIV positiven Befund mittlerweile eine ganz normale Lebenserwartung ermöglichen und bei richtiger, frühzeitiger Anwendung die Weitergabe des Virus so gut wie immer verhindern!

Anlaufstellen für Beratung/Testung:

Karin Podolak, Kronen Zeitung

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