In der krisengebeutelten SPÖ verdichten sich zunehmend die Gerüchte: Nach einer parteiinternen Revolte soll Noch-Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner vor dem Rückzug stehen! Wie die „Krone“ am Donnerstag aus SPÖ-Kreisen erfuhr, hatte am Nachmittag ein Krisenstab getagt. Ist der Abgang der SPÖ-Chefin beschlossene Sache, so könnte sie bereits am Freitag ihr Amt los sein. Rendi-Wagner will aber offenbar von sich aus nicht gehen. Die Frage um ihre Nachfolge ist allerdings noch offen. Kolportiert wird, dass Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser bereit wäre, die Partei für eine gewisse Zeit zu übernehmen - was sein Sprecher allerdings noch am Donnerstagabend dementierte.
Kaiser soll wieder Ruhe in die seit dem Wahldebakel völlig verunsicherte Sozialdemokratie zu bringen. Auch dem früheren Bundesgeschäftsführer Max Lercher könnte hier in diesem Interregnum eine wichtigere Rolle zukommen. Er gilt ja als Zukunftshoffnung für die Parteiführung, ist aber bei Wiener und Burgenländer Sozialdemokraten nicht allzu wohlgelitten, die die Führungsdebatte lieber hinter ihre Landtagswahlen im kommenden Jahr verschieben würden.
Unklar, ob es tatsächlich zu einem Wechsel kommt
Noch ist unklar, ob es tatsächlich schonam Freitag oder spätestens bis zum Parteivorstand, der noch für den 9. Dezember angesetzt ist, zu einem Wechsel kommt. Denn Kaiser soll nur bereit sein zu übernehmen, wenn Rendi-Wagner freiwillig ihren Rückzug erklärt. Davon war bisher nicht die Rede. Bis zuletzt wurde sie trotz Wahldebakels und der viel kritisierten Kündigungsanmeldung von einem Viertel der Belegschaft in der Bundesgeschäftsstelle nicht müde, ihren Willen zu bekunden, weiter an der Spitze zu bleiben.
Ein Sprecher Kaisers wies am Donnerstagabend Spekulationen, Kaiser könnte zur Übernahme der Partei bereit sein, zurück. „Aus unserer Sicht ist es genau das, was es ist: Es sind Gerüchte, die zu erwarten waren, anhand der Situation, die sich darstellt - und die wahrscheinlich auch von bestimmten politischen Mitbewerbern genutzt werden“, sagte Kaisers Sprecher Andreas Schäfermeier. All jenen, die eine Übernahme der SPÖ durch Kaiser ins Spiel bringen, empfahl sein Sprecher einen Blick auf die Agenden des Landeshauptmannes: Dann werde man rasch die Frage stellen müssen: „Wie soll das unter einen Hut gehen?“, so Schäfermeier.
Klubvize fordert indirekt Rücktritt
Der erste prominente Mandatar fordert nun mehr oder weniger direkt den Abgang von Parteichefin Pamela Rendi-Wagner: „Manchmal muss man zur Kenntnis nehmen, dass es nicht mehr geht. Aus. Schluss“, meint der Nationalratsabgeordnete und Klubvize Andreas Kollross auf Twitter. Direkt zielt er auf die Vertrauten von Ex-Kanzler Werner Faymann wie Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch: „Es braucht ein Ende des Revanchismus. Es braucht ein Ende, Funktionen zur Aufarbeitung des eigenen Traumas zu verwenden, dass durch Pfiffe bei manchen hinterlassen wurde.“
Kern: „Ich mache mir um die SPÖ keine Sorgen“
Der ehemalige SPÖ-Chef Christian Kern will sich zu den internen Konflikten und zur finanziellen Lage der SPÖ nicht mehr weiter öffentlich äußern. Dies erklärte Kern Donnerstagabend bei der Eröffnung des Europäischen Mediengipfels in Lech am Arlberg. „Ich erlebe im Moment eine Phase, wo der Phantomschmerz gegen Null geht“, so Kern auf die Frage, ob ihm die Politik fehle. Er glaubt jedenfalls aber weiter an Zukunft und Erfolg der Sozialdemokratie. „Ich mache mir um die SPÖ keine Sorgen. Da gibt es einen sehr, sehr intakten Kern.“
Im März 2017 hatte Pamela Rendi-Wagner als Gesundheitsministerin unter dem damaligen Bundeskanzler Kern die Nachfolge der verstorbenen Sabine Oberhauser angetreten. Alles andere als eine Parteisoldatin wurde Rendi-Wagner erst kurz vor ihrer Angelobung Mitglied der SPÖ. Nach Kerns Rüchzug wurde sie schließlich am 4. November 2018 mit 97,81 Prozent der Delegiertenstimmen bei Parteitag in Wels als erste Frau in der Geschichte der 1888 gegründeten SPÖ zur Bundesvorsitzenden gewählt.
Aufwind hielt nicht lange an
Doch der Aufwind sollte nicht lange anhalten. Bei der Nationalratswahl am 29. September 2019 triumphierten ÖVP und Grüne, die SPÖ fuhr mit 21,18 Prozent ihr historisch schlechtestes Ergebnis ein. Auch bei der Steiermark-Wahl verlor die SPÖ massiv an Boden, könnte aber mit 22,9 Prozent Platz zwei halten. Rendi-Wagner sah sich zunehmend Angriffen innerhalb der Partei ausgesetzt, man unterstellte ihr Führungsschwäche und fehlende Wirtschaftskompetenz.
Wachsender Schuldenberg und Kündigungen
Letzeres war wohl dem wachsenden Schuldenberg der SPÖ geschuldet. Die Stimmung kippte endgültig, als die Bundespartei nur wenige Wochen vor Weihnachten 27 Mitarbeiter der Löwelstraße beim AMS zur Kündigung anmeldete. Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch verkündete, das Minus der Partei belaufe sich auf 14,9 Millionen Euro. Rendi-Wagner verteidigte vor laufenden Kameras den Sparkurs: Man werde für jeden einzelnen der bis zu 27 von Kündigungen betroffenen Mitarbeiter eine „individuelle, sozial verträgliche Lösung“ suchen.
Widerstand aus Bundesländern wächst
Doch der Widerstand, besonders aus den Bundesländern wächst zusehens und Gerüchte um Rendi-Wagners Abgang verdichten sich. Soviel ist jedenfalls sicher: Wer auch immer die krisengebeutelten Roten übernimmt, wird ein dickes Fell brauchen ...
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