Aus Türkis-Blau wurde Türkis-Grün: Genau 100 Tage nach der Nationalratswahl gelobte Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Dienstag das Kabinett Kurz II mit 14 Ministern und zwei Staatssekretären an. „Das Vertrauen muss jetzt wiederaufgebaut werden“, mahnte das Staatsoberhaupt die neuen Regierungsmitglieder und gab ihnen mit auf den Weg, dass Macht Mittel sei und nicht Zweck. Er wünsche sich nun eine Regierung, deren Farben rot-weiß-rot seien und in der Eigeninteressen zurückgestellt würden.
Bei den Angelobungs-Feierlichkeiten in der Hofburg am Vormittag gab es gleich zwei große Premieren: Zum einen wurde erstmals eine Regierung mit Beteiligung der Grünen angelobt, zum anderen besteht sie diesmal zu mehr als der Hälfte aus Frauen. Die ÖVP stellt neben dem Bundeskanzler zehn Minister und einen Staatssekretär, die Grünen haben vier Minister und eine Staatssekretärin.
Außenminister Schallenberg bleibt im Amt
Die ÖVP-Minister sind Finanzminister Gernot Blümel, Außenminister Alexander Schallenberg - der aus der Expertenregierung in die neue Regierung übernommen wurde -, Innenminister Karl Nehammer, Verteidigungsministerin Klaudia Tanner, die neuerlich bestellten Heinz Faßmann (Bildung), Elisabeth Köstinger (Landwirtschaft) und Margarete Schramböck (Wirtschaft), Integrationsministerin Susanne Raab sowie Arbeits- und Familienministerin Christine Aschbacher. Karoline Edtstadler, früher Staatssekretärin, ist nun Kanzleramtsministerin für Europafragen, Magnus Brunner wurde Staatssekretär im grünen Umweltministerium.
Die grüne Regierungsmannschaft besteht aus Vizekanzler Werner Kogler, Umwelt- und Infrastrukturministerin Leonore Gewessler, Sozialminister Rudolf Anschober, Justizministerin Alma Zadic und Staatssekretärin Ulrike Lunacek.
Kurz: „Endlich wieder eine handlungsfähige Regierung“
An der Seite des Wieder-Bundeskanzlers Sebastian Kurz steht erstmals Werner Kogler, der auch bei seiner Angelobung als Vizekanzler keine Krawatte trug. Nervös war er eigenen Angaben zufolge nicht, Inhaltliches wollte er vor dem Staatsakt in der Hofburg aber nicht kundtun. Kurz sagte, umringt von Journalisten, nur, er sei froh, dass man „endlich wieder eine handlungsfähige Regierung“ habe.
Arbeit der Expertenregierung „kann uns alle optimistisch stimmen“
Bundespräsident Van der Bellen sagte vor dem Akt der Angelobung im aus den Nähten platzenden Maria-Theresien-Zimmer, er wünsche der neuen Regierung alles Gute und viel Erfolg. Er enthob die alte Regierung formal ihres Amtes und bedankte sich für den „großen Dienst“, den die Mitglieder der Republik erwiesen hätten: Ihre Arbeit „kann uns alle optimistisch stimmen“.
Es ist bereits die vierte Regierung, die Van der Bellen angelobte. Die Objektive der Kameras seien in den vergangenen Monaten ungewöhnlich oft auf diesen Raum gerichtet gewesen, so das Staatsoberhaupt: „Heute schließt sich der Kreis.“ Die Demokratie sei eben lebendig: „Sie hat die Kraft zur Selbstreinigung und Erneuerung.“
„Macht ist Mittel und nicht Zweck“
An die neuen Regierungsmitglieder gewandt, sagte Van der Bellen: „Ihnen wird nun Macht in die Hände gelegt. Macht braucht Balance, Macht braucht Kontrolle. Macht ist Mittel und nicht Zweck.“ Das durch die Vorkommnisse, die zu den Neuwahlen geführt hatten, verloren gegangene Vertrauen müsse nun wiederaufgebaut werden. Das Staatsoberhaupt wolle, dass die Farben dieser Regierung „rot-weiß-rot sind“. Eigeninteressen müssten zurückgestellt werden, forderte er, während „große Fragen unserer Zeit mutig und zuverlässig“ angegangen werden sollten - für alle Österreicher und mit Blick auf die kommenden Generationen.
Die gesamte Angelobungs-Zeremonie im Video:
Lesen Sie hier den aktuellen Kommentar von Claus Pándi zur neuen Regierung.
Im Anschluss wurden gleich die Ämter bezogen
Im Anschluss an ihr erstes Gruppenfoto im Kanzleramt schwirrten die neuen Minister aus, um ihre Ämter zu beziehen. Neue Wege ging hier Kogler, der seinen Amtssitz nicht im „klassischen“ Vizekanzlerbüro am Minoritenplatz errichtete, sondern im Gebäude des Infrastrukturministeriums. Dort residiert er neben der örtlichen grünen Ressortchefin Gewessler und deren Staatssekretär Brunner und in unmittelbarer Nachbarschaft zum ebenfalls grünen Sozialministerium.
Sehen Sie hier die Abschiedsrede von Kanzlerin Bierlein:
Segen auch von ganz oben
Zuvor hatte auch Kardinal Christoph Schönborn der neuen Bundesregierung für die kommende Zeit anlässlich ihrer Angelobung „viel Segen und Erfolg“ gewünscht. „Wenn wir das Gemeinsame vor das Trennende stellen, kommt es allen zugute: der bedrohten Schöpfung, den Menschen in prekären Situationen und dem Leben von seinem Anfang bis zu seinem natürlichen Ende“, schrieb der Vorsitzende der Bischofskonferenz am Dienstag in einer persönlichen Botschaft via Twitter.
Infolge des im Mai 2019 bekannt gewordenen Ibiza-Videos rund um Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) musste erstmals in Österreich eine Regierung des Amtes enthoben werden, weil ihr der Nationalrat das Vertrauen entzog.
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