Wirte braucht das Land

„Für Schnitzel aus Fritteuse kommt keiner mehr“

Wirtschaft
11.01.2020 07:15

Die Gastronomie jubelt über das neue Regierungsprogramm. Doch die Lösungsvorschläge gegen Wirtesterben und Fachkräftemangel sind wenig konkret, die Probleme im Gasthaus oft „hausgemacht“.

Essen kochen, Getränke servieren, Gäste betreuen: Das Arbeitsbild in der Gastronomie scheint auf den ersten Blick kein sonderlich innovationsgetriebenes - und sprach in der Vergangenheit junge Menschen nur bedingt an: Die Lehrlingszahl sank von 14.000 im Jahr auf unter 9000. Jahrelang jammerte die Branche über fehlende Nachwuchskräfte.

(Bild: stock.adobe.com, krone.at-Grafik)

Seit zwei Jahren gibt es nun ein Lehrlingsplus. Das hat damit zu tun, dass zuletzt die Lehrlingsentschädigung angehoben wurde und nun im Branchenvergleich im oberen Drittel liegt. Und mit einem neuen Berufsbild: „Das Kochen wird digitaler, die Fähigkeiten müssen immer mehr über das Saucen-Anrühren hinaus gehen“, weiß Mario Pulker, Sprecher der heimischen Gastronomie. Große Kochgeräte sind automatisiert und online verbunden, neben dem handwerklichen ist technisches Verständnis gefragt.

Mario Pulker, Gastronom und Sprecher der heimischen Gastronomie (Bild: Zwefo)
Mario Pulker, Gastronom und Sprecher der heimischen Gastronomie

„Mit Lehrlingen im Inland finden wir kein Auslangen“
Ein Viertel mehr Mitarbeiter als noch vor zehn Jahren arbeiten heute im Tourismus bzw. in der Gastronomie. „Mit den Lehrlingen im Inland finden wir da nicht das Auslangen“, weiß Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer. Eine bedarfsgerechte, kurzfristige Anpassung der Saisonierkontingente soll den Unternehmern helfen. „Wir wünschen uns, dass das noch 2020 kommt“, sagt Mahrer.

Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer (Bild: Zwefo)
Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer

Während die Mitarbeiter mehr werden, stagniert die Zahl der Betriebe. Bei den traditionellen Wirtshäusern gab es sogar ein Minus von 25 Prozent in acht Jahren. „Im selben Ausmaß sind neue Gastronomiekonzepte dazugekommen“, erklärt Pulker. Dazu zählen Restaurants und Ethnoküchen.

„Für Schnitzel aus der Fritteuse kommt heute keiner mehr“
„Die österreichische Gastronomie ist im Umbruch, sie ist lebendig und reagiert auf die Nachfrage der Konsumenten“, sagt Harald Mahrer. Und das nicht nur in den großen Städten: „Auf dem Land ist es schwieriger, aber viele Junge kommen zurück, übernehmen den Betrieb der Eltern oder sperren sie wieder auf - aber eben mit anderen Konzepten“, ergänzt Mario Pulker.

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Lokale, die aufsperren und warten, dass jemand von selbst hineinfällt, schaffen es nicht. Für ein Schnitzel aus der Fritteuse kommt heute halt keiner mehr.

Mario Pulker, Sprecher der Gastronomie

Wichtig sei die Kombination aus guter Küche, gutem Service und dem Wohlfühlfaktor: „Lokale, die aufsperren und warten, dass jemand von selbst hineinfällt, schaffen es nicht. Für ein Schnitzel aus der Fritteuse kommt heute halt keiner mehr.“

(Bild: APA/GÜNTER R. ARTINGER)

Fokus auf Stärkung des Tourismus
Ein ganzes Kapitel widmet die neue Bundesregierung in ihrem Programm der Stärkung des Tourismus. Die Gastronomie wird dabei explizit kaum erwähnt, aber: „Wir sind zufrieden. Lohnnebenkostensenkung, Aufwertung der Lehre, Erleichterungen bei der Betriebsübergabe und viele andere Maßnahmen helfen den Wirten“, sagt Pulker.

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Es geht kein Gast hin, wo er keine vernünftige digitale Verbindung hat. Deshalb ist es gut, dass Tourismus, regionale Entwicklung und Digitalisierung jetzt in einem Ressort vereint sind.

Harald Mahrer, Wirtschaftskammerpräsident

Mahrer fügt hinzu: „Das Programm thematisiert den Fachkräftemangel umfangreich. Und sowohl Betriebe als auch Mitarbeiter werden von der steuerlichen Entlastung profitieren.“ Und dann ist da noch die Digitalisierung, die vom Wirtschafts- ins Landwirtschafts- bzw. Tourismusministerium wandert: „Es geht kein Gast hin, wo er keine vernünftige digitale Verbindung hat. Deshalb ist es gut, dass Tourismus, regionale Entwicklung und Digitalisierung jetzt vereint sind.“

Kronen Zeitung

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