Das von Türkis-Grün geplante 1-2-3-Ticket wäre ein Turbo für Öffis - dafür ist allerdings ein politischer Kraftakt vonnöten. Was so ein Ticket bringt, woran derlei Pläne bisher scheiterten und wie es nun weitergehen soll.
Das grüne Prestigeprojekt dieser Regierung klingt beinah trivial: Um einen Euro pro Tag soll man künftig öffentlich durch ein Bundesland düsen dürfen; für zwei Bundesländer soll die Jahreskarte zwei Euro täglich kosten, österreichweit beläuft sich das „1-2-3-Klimaticket“ auf drei Euro pro Tag - das sind exakt 1095 Euro, das Ganze würde also eine massive Verbilligung zum Status quo bedeuten. Denn derzeit kostet allein eine ÖBB-Jahreskarte für ganz Österreich 1944 Euro (!) - und zwar für die zweite Klasse.
Allein, am Vorhaben des österreichweiten Tickets scheiterten schon viele Regierungen. Warum das so war und wie es weitergeht:
Wer hat’s erfunden?
Das 1-2-3-Ticket war einer der Wahlkampfschlager der SPÖ - man fragt sich: Haben die Grünen also abgeschrieben? Nein, haben sie nicht: Die Ökopartei fordert eine solche Jahreskarte schon seit Jahren. Erstmals aufgekommen ist die Idee zu einem günstigen Öffi-Ticket für Österreich übrigens schon in den 1990ern.
Woran ist es gescheitert?
Zuallererst einmal am Geld. Der Einnahmenentfall von ÖBB & Co. müsste ja aus dem Budget ersetzt werden. Das war auch 2009 das Problem, wie rot-schwarze Zeitzeugen schildern: SPÖ und ÖVP schrieben einst in ihr Regierungsprogramm, ein günstiges „Österreich-Ticket“ für alle Öffis einzuführen; allerdings kam ihnen die Finanzkrise dazwischen, die rote Verkehrsministerin Doris Bures musste damals Projekten den Vorrang geben, die rasch Jobs kreieren - sprich: Bauprojekten.
„Es ist aber generell eine Mega-Aufgabe, schließlich muss man sich mit allen Verkehrsverbünden, großen Busunternehmen und den Ländern auf ein System einigen“, sagt Verkehrsexperte Günther Penetzdorfer zur „Krone“. Das wird nicht leicht für die parteipolitisch unerfahrene Umweltministerin Leonore Gewessler.
Ist das Projekt denn vernünftig?
Ja, sagt Penetzdorfer. „Man sieht zum Beispiel in Wien, wie stark eine Vergünstigung der Kartenpreise die Nachfrage steigen lassen kann.“ Öffis würden dadurch attraktiver, das Ticket sei also „eine gute Idee“.
Öffis werden dadurch attraktiver.
Verkehrsexperte Günther Penetzdorfer
Hält einen nur der hohe Preis vom Zugfahren ab?
Wichtig sei freilich auch das Angebot, erklärt Penetzdorfer: „Denn was nützt mir ein Ticket für einen Euro pro Tag, wenn ich in einem Seitental wohne, in dem es nur einen Bus gibt?“ Mit anderen Worten: Mit den Hunderten Millionen Euro, die man den Verkehrsverbünden ersetzt, ist es noch nicht getan. „Man muss gleichzeitig auch massiv ausbauen; wo kein Angebot, da keine Nachfrage“, sagt der Experte.
Ein Beispiel: Die Weststrecke der Bahn nützen viel mehr Fahrgäste als die Südstrecke - und zwar, weil sie schlichtweg besser ausgebaut ist und die Züge dort schneller fahren. In puncto Kosten plädiert Penetzdorfer jedenfalls dafür, nicht nur betriebswirtschaftlich zu denken: „Der volkswirtschaftliche Nutzen wegen des Klimaschutzes wäre bei so einem Projekt hoch.“
Wie geht’s jetzt weiter?
Die Grünen wollen das Projekt heuer auf Schiene bringen. Gewessler wird sich also mit Finanzminister Gernot Blümel ausschnapsen müssen, wo man im türkis-grünen Budget Geld für das Ticket auftreibt. Zugleich muss sie mit den Ländern Finanzielles aushandeln - schließlich sind auch die Verkehrsverbünde an Bord zu holen.
Klaus Knittelfelder, Kronen Zeitung
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