Eine Newcomerin aus der Steiermark ist neue türkise Arbeits- und Familienministerin. Mit der „Krone“ spricht Christine Aschbacher (drei Kinder) über Vereinbarkeiten - politisch und privat.
Ihr Büro am Wiener Donaukanal ist nicht so barock wie die anderen Ministerien. Dafür überblickt die Familienministerin aus dem 10. Stock die halbe City. Christine Aschbacher (36) trägt einen grünen Hosenanzug mit cremefarbenen Knöpfen, dazu einen rosa Seidenpulli. Passt perfekt zu ihren grünen Augen. Die langen Haare hat sie praktisch nach hinten gekämmt.
Hinter ihr auf einem Sideboard steht ein Spruchkalender des im Juli verstorbenen dänischen Familientherapeuten Jesper Juul, daneben ein Bild mit den Handabdrücken ihrer drei Kinder. In Grün vom Sohn, in Rot von den beiden Mädchen. „Bei Jesper Juul hab ich noch eine Ausbildung gemacht“, erzählt sie, ihre Beratungsagentur Aschbacher Advisory in Graz ist seit der Angelobung zur Arbeits- und Familienministerin der türkis-grünen Regierung stillgelegt.
„Krone“: Warum Jesper Juul?
Christine Aschbacher: Ich schätze ihn sehr, weil er aufgezeigt hat, dass es in der Erziehung eigentlich immer um Beziehung geht. In meiner Ausbildung bei ihm ging es um die Werte, die in Familien vermittelt werden. Vertrauen, Respekt, Anstand. Für mich - und ich glaube für sehr viele andere auch - ist die Familie der Kraftplatz, wo jeder so sein kann, wie er ist, mit all seinen Stärken und Schwächen, wo sich jeder individuell entwickeln und seine Potenziale ausschöpfen kann.
Dass Sie nun Familienministerin sind, hätten Sie sich das jemals träumen lassen?
Nein. Ich bin wirklich sehr überrascht gewesen. Es ist eine große Ehre für mich.
Der Anruf kam zwischen Weihnachten und Neujahr. Zu Beginn war helle Aufregung. Mein zehn Jahre alter Sohn meinte: „Mama, warum überlegst du?“
Arbeits- und Familienministerin Christine Aschbacher (ÖVP)
Wann und wie wurden Sie denn gefragt?
Erst mal am Telefon. Sebastian Kurz hat mich zwischen Weihnachten und Neujahr angerufen, ich war gerade mit meiner Familie in Österreich unterwegs. Dann war natürlich zu Beginn helle Aufregung. Und dann haben wir das gemeinsam in der Familie beraten.
Wie kurz haben Sie denn überlegt?
Ich habe das mit meinem Mann besprochen und später an dem Abend habe ich noch einmal mit Sebastian Kurz telefoniert. Am nächsten Tag ist mein Mann mit den Kindern nach Hause gefahren und ich hab‘ mich in den Flixbus nach Wien gesetzt. Da musste ich daran denken, was mein Sohn gesagt hat, der die Aufregung mitbekommen hat. Er meinte: „Mama, warum überlegst du?“
Die letzten Regierungen haben nicht sehr lange gehalten, hat das als Abschreckung nicht getaugt?
Offenbar nicht. - Lacht. - Bei einem persönlichen Gespräch mit Sebastian war dann schnell alles klar. Das war am Nachmittag in seinem Büro. Uns war es beiden ein Anliegen, dass wir auch die Erwartungen und die Rolle genau besprechen.
Wie sehen Sie denn diese Rolle?
Wir haben 2,4 Millionen Familien in Österreich. Denen möchte ich gemeinsam mit meinem Team und vielen Expertinnen und Experten im Haus neue Modelle bieten mit der großen Zielsetzung, dass wir ihnen die tagtägliche Herausforderung der Vereinbarkeit von Arbeit und Familie erleichtern. Das ist meine Vision.
Schöne Vision. Am Land gibt es nicht einmal Kindergärten, die bis 17 Uhr offen haben.
Natürlich ist es wichtig, dass das Angebot von Kinderbetreuungsplätzen auch verfügbar ist. Gerade in den Regionen. Deshalb haben wir es uns zum Ziel gesetzt, das Betreuungsangebot auszubauen und flexibler zu gestalten. Ich trete grundsätzlich für die Wahlfreiheit ein. Eltern sollen sich ihr individuelles Modell selbst aussuchen können.
In Schwarzenberg im Bregenzerwald zahlt die Gemeinde Frauen eine Prämie, wenn sie länger zu Hause bleiben. Könnten Sie sich so ein Modell vorstellen auch für andere?
Grundsätzlich trete ich für die Wahlfreiheit ein. Auch dieses Modell werden wir uns anschauen. Prinzipiell stehen alle arbeitenden Eltern vor denselben Fragen: Kommen wir pünktlich in der Früh außer Haus? Wie ist die Kinderbetreuung am Nachmittag? Und wenn man in die Reflexion geht: Haben wir genug Zeit zum Arbeiten? Haben wir genug Zeit für die Kinder? Wie können wir diesen Spagat schaffen?
Wie schaffen denn Sie selbst als dreifache Mutter die Vereinbarkeit von Kindern und Karriere?
Die Angelobung zur Ministerin kam für mich und meine Familie überraschend, deshalb ist es momentan eine große tagtägliche Herausforderung. Ich habe das Glück, dass mein Mann mich hier unterstützt und sehr viel übernimmt. Kinderbetreuung, Kindergarten, Schule. Auch meine Eltern springen kurzfristig ein, und zugleich sind wir gerade dabei zu schauen, wie wir das mittelfristig gut lösen können.
Momentan ist es eine große tagtägliche Herausforderung. Ich habe das Glück, dass mein Mann viel übernimmt und dass meine Eltern einspringen.
Christine Aschbacher
Wird die ganze Familie nach Wien übersiedeln?
Wir beraten gerade, was für uns fünf am besten ist. Im Moment pendle ich.
Noch immer mit dem Flixbus oder schon mit Dienstwagen und Chauffeur?
Mittlerweile schon mit Auto. Ich nutze die Zeit während der Fahrt für sehr viele Telefonate und Abstimmungen. Das ist bei den vielen Terminen auch notwendig.
In Ihrem Lebenslauf findet man keinerlei parteipolitische Aktivitäten. Müssen Sie Politik eigentlich erst lernen?
Ich habe in zwei Ministerkabinetten im Wirtschafts- und Finanzministerium gearbeitet und komme aus einem hochpolitischen Familienhaus. Mein Vater war in der Kommunalpolitik, meine Schwester ist Bürgermeisterin in Wundschuh. Wenn jemand bei uns angerufen hat, damals gab es noch das Festnetz, haben wir immer ganz höflich gesagt. „Kowald, grüß Gott! Was können wir für Sie tun? Werden wir unserem Vater sehr gerne ausrichten, der wird Sie zurückrufen.“ - Lacht. - Wir waren bei Gemeinde-, Landtags- und Nationalratswahlen dabei. Das politische Interesse war also immer da.
Welche Qualifikationen bringen Sie mit?
Ich war Arbeitnehmerin und ich war auch Unternehmerin und habe dort meinen eigenen Führungsstil entwickelt. Ich kenne also beide Seiten. Zugleich sehe ich mich als moderne Frau mitten aus dem Leben, dreifache Mutter und kenne dadurch die Herausforderungen für Familien in Österreich. Ich bin ein sehr offener Mensch und möchte einen Dialog mit den unterschiedlichsten Gruppen führen.
Vertrauen, Respekt und Anstand. Das sind jene Werte, die in Familien vermittelt werden. Ich versuche, diese Werte auch selbst zu leben.
Christine Aschbacher
Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?
Freunde sagen über mich, dass ich ein offener, freundlicher Mensch mit Hausverstand bin, immer lösungsorientiert unterwegs. Welche Thematiken gibt es? Wo sind Probleme? Wie lautet die Analyse? Wo wollen wir hin? Lösungen erarbeiten, und schon sind wir einen wichtigen Schritt weiter.
Sie haben in den Kabinetten von Maria Fekter und Reinhold Mitterlehner gearbeitet. Wie haben Sie den Machtkampf rund um Reinhold Mitterlehner und Sebastian Kurz erlebt?
Es gab in beiden Kabinetten ein korrektes Arbeitsverhältnis. Aber beim Obmannwechsel war ich nicht mehr aktiv im Kabinett tätig. Ich habe das natürlich als Politikinteressierte verfolgt.
Wie lange kennen Sie Sebastian Kurz schon?
Wir kennen uns schon lange, eigentlich mein halbes Leben. - Lacht. - Das erste Mal sind wir einander vor 18 Jahren über den Weg gelaufen, da durfte ich im Bundesvorstand der Schülerunion tätig sein. Später hatten wir noch einmal das Vergnügen, inhaltlich miteinander zu arbeiten, als ich nämlich die Servicestelle für Fach- und Schlüsselkräfte in Graz und für die Steiermark aufbauen durfte. Da war Sebastian Kurz bereits Staatssekretär für Integration.
Auch mal im „Geilomobil“ mitgefahren?
Nein, das habe ich nicht aktiv mitbekommen.
Ihr Spitzname ist „Chrisi“. Sagt Sebastian Kurz auch „Chrisi“?
Ja, er sagt das hin und wieder auch. Das ist in der Schulzeit entstanden. Menschen, die mich lange kennen, sagen so. Und zugleich bin ich auch für viele die Christine.
Sie haben während des ganzen Interviews immer freundlich gelächelt. Wann waren Sie das letzte Mal unfreundlich?
Wann war das? - Schaut zu ihrem Presseteam. Sieht Schulterzucken. - Ich bin erst acht Tage im Amt, noch war es nicht nötig. Ich versuche die Werte, die ich angesprochen habe - Vertrauen, Respekt, Anstand - auch selbst zu leben. Man soll an andere nicht Ansprüche stellen, die man selbst nicht erfüllt.
Christine Aschbacher: Ihre Schwester ist Bürgermeisterin
Geboren am 10. Juli 1983 in Graz, aufgewachsen in Wundschuh, wo ihre Schwester heute Bürgermeisterin ist. Sie war Schulsprecherin, studierte „Wirtschaftsberatende Berufe“ an der FH Wiener Neustadt und „Technical Engineering“ an der TU Bratislava. 2012 bis 2013 arbeitete sie im Kabinett Fekter, 2014 bis 2015 im Kabinett Mitterlehner, zuletzt hatte sie eine Beratungsagentur. Verheiratet, drei Kinder. Der Sohn ist zehn, die beiden Mädchen sind im Kindergartenalter.
Conny Bischofberger, Kronen Zeitung
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