Die Debatte um ein erweitertes Kopftuchverbot an Schulen verläuft quer über die Parteilinien. Nachdem sich die Tiroler ÖVP-Bildungslandesrätin Beate Palfrader zuerst dagegen ausgesprochen hatte, am Montag aber dann wieder ihre Position revidierte, kam am Montag auch Unterstützung für das Vorhaben der türkis-grünen Bundesregierung aus dem rot regierten Burgenland. Wien und Kärnten lehnen ein Kopftuchverbot bis 14 dagegen ab. Niederösterreich will sich nicht festlegen.
Das Thema sei in Tirol bis zur Einführung des Verbotes an Volksschulen nie ein Problem gewesen, so Palfrader, die sich damit zuerst gegen die eigene Bundespartrei stellt. Erst seitdem sei es überhaupt Thema geworden, argumentierte die Landesrätin noch am Montagnachmittag. Die Ausweitung erscheine ihr daher „nicht notwendig“. Ihr zufolge gebe wesentlich wichtigere Herausforderungen.
Wenige Fälle in Tirol bekannt
Wie viele Volksschülerinnen in Tirol ein Kopftuch tragen, werde nicht statistisch erfasst. Laut Palfrader meldeten vier Bezirke, dass es an den dortigen Volksschulen überhaupt kein einziges Mädchen mit Kopftuch gebe, in den anderen Bezirken seien es Einzelfälle. „Es gab in Tirol nur einen einzigen Fall, wo ein Gespräch mit einem Elternteil geführt werden musste“, sagte die Bildungslandesrätin im Gespräch mit der „Tiroler Tageszeitung“.
Es gab in Tirol nur einen einzigen Fall, wo ein Gespräch mit einem Elternteil geführt werden musste.
Beate Palfrader, ÖVP-Landesrätin in Tirol
Palfrader rudert zurück
Am Montagabend ließ Palfrader allerdings schließlich wissen, ihre Position sei „kein Widerstand gegen das Regierungsprogramm“ und es gebe auch „keine Ablehnung der diesbezüglichen Pläne“. „Zu allererst geht es mir um die Betroffenen. Mir ist vor allem die selbstbestimmte Entfaltung von allen Mädchen wichtig. Und ich sage auch klar, dass das Kopftuch als Symbol der Unterdrückung von Frauen scharf abzulehnen ist“, betonte die Landesrätin. Ihr gehe es aber um „echte Integration“.
SPÖ Burgenland unterstützt türkis-grünes Vorhaben
Die burgenländische Bildungslandesrätin Daniela Winkler (SPÖ) spricht sich für eine Ausweitung des Kopftuchverbots auf Schülerinnen bis 14 Jahre aus. Ab diesem Alter sollten die Kinder dann selbst entscheiden, ob sie ein Kopftuch tragen, hieß es aus dem Büro der Landesrätin. Im Burgenland habe es zu diesem Thema bisher „keine anlassbezogenen Diskussionen“ gegeben.
Für Kaiser ist Debatte „Ablenkungsmanöver“
Während die burgenländische SPÖ - sie hat am Sonntag Landtagswahlen zu schlagen und fährt einen dezidierten Rechtskurs in Integrationsfragen - das Vorhaben der türkis-grünen Regierung damit unterstützt, kommt aus Wien und Kärnten Widerstand. Für Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) ist die Debatte ein „Ablenkungsmanöver“. Als Einzelmaßnahme werde ein derartiges Verbot keine Probleme lösen, so Kaiser und fügte hinzu: „Dass es offensichtlich in Wahrheit nicht um Integration oder den Schutz Heranwachsender geht, wird allein schon durch den Umstand belegt, dass die Ideenspender nicht bereit sind, über ein dringend notwendiges, umfassendes Integrationspaket sprechen zu wollen.“
Auch Wien dagegen
Auch im Büro von Wiens Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) heißt es, die Debatte solle lediglich von den Einsparungen im Bildungsbereich ablenken. Natürlich müsse man aber alles tun, um die selbstbestimmte Entfaltung von Mädchen bestmöglich zu unterstützen. In Wien gebe es dazu etwa das Programm „Respekt - Gemeinsam Stärker“.
Acht Verstöße in Wien gemeldet
Seit Herbst ist an Wiens Volksschulen „das Tragen weltanschaulich oder religiös geprägter Bekleidung, mit der eine Verhüllung des Hauptes verbunden ist“, verboten. In der Praxis waren die Folgen bisher überschaubar: Bis Ende November sind acht Mädchen mit Kopftuch zum Unterricht erschienen, alle Eltern zeigten sich nach einem Gespräch einsichtig. Anzeige gab es daher bisher keine.
„Ausweitung des Verbots nur logisch und konsequent“
Klar befürwortet wird die Erweiterung des derzeit nur an Volksschulen geltenden Kopftuchverbots dagegen von der Salzburger Bildungslandesrätin Maria Hutter (ÖVP). In Salzburg habe es bis jetzt keinen gemeldeten Fall gegeben, wo Sanktionen notwendig waren. Die Ausweitung des Verbotes auf die NMS und Gymnasiale Unterstufe sei „nur logisch und konsequent“. „Mit 14 Jahren, wenn Mädchen religionsmündig sind, dürfen sie selbst entscheiden, ob sie ein Kopftuch tragen wollen oder nicht. Bis dahin müssen wir sie vor Zwang schützen: Jedes Kind in Österreich soll beim Spielen den Wind in den Haaren spüren dürfen“, so Hutter.
Nicht festlegen wollte sich Niederösterreichs Bildungslandesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP). „Für mich ist auch in diesem Fall der endgültige Gesetzesentwurf abzuwarten und genau zu prüfen“, hielt sie fest. Zu befürworten seien alle Maßnahmen in den Bildungseinrichtungen, die „Integration und Selbstbestimmung unterstützen und gegen Diskriminierung wirken“.
Raab: „Wollen Mädchen vermitteln, selbstbewusste Frauen zu werden“
Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) verteidigte bereits mehrmals das Kopftuchverbot ab 14. Man wolle allen Mädchen vermitteln, selbstbewusste Frauen zu werden. Es gehe um ein „gemeinsames Wertefundament, das wir wahren müssen“. Sie will mit Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) einen Weg finden, der sowohl Eltern, Lehrer, Direktorium als auch die Kinder mit einbezieht. Zunächst soll es „bewusstseinsbildende Maßnahmen“ geben, bleiben diese erfolglos, sollen Sanktionen folgen.
Kommt auch Kopftuchverbot für Lehrerinnen?
Raab bezeichnete Mitte Jänner ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen an öffentlichen Schulen als „möglichen nächsten Schritt“. Schließlich gehe es darum, welches Rollenbild in den Schulen vermittelt werde. Von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) kam dazu prompt eine Absage.
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