Bei den Gemeinderatswahlen 2020 wählten 567 niederösterreichische Kommunen ihre Gemeinderäte. Mittlerweile sind alle Gemeinden ausgezählt. Zu den großen Siegern des Abends gehörten der Wiener Neustädter ÖVP-Bürgermeister Klaus Schneeberger, wo die ÖVP erstmals Platz eins schaffte und der Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler, der in seiner Heimatgemeinde 71,53 Prozent hinter sich versammeln konnte.
ÖVP gewinnt sieben Absolute dazu
Die ÖVP holte in 437 niederösterreichischen Gemeinden eine Mehrheit, in 400 sogar eine Absolute. Das ist ein Zuwachs von sieben absoluten Mehrheiten. Die SPÖ erreichte in 116 Gemeinden die Mehrheit, verlor aber 13 absolute Mehrheiten und hat jetzt nur noch 81. Parteiunabhängige Listen stellten in 14 Gemeinden die Mehrheit, in acht Gemeinden sogar die Absolute. Weder die FPÖ, noch die Grünen oder die NEOS konnten in Niederösterreich die Mehrheit der Stimmen in einer Gemeinde holen.
Wiener Neustadt: ÖVP erstmals auf Platz eins
Ein historisches Ergebnis: Die ÖVP erreichte erstmals bei Gemeinderatswahlen den ersten Platz in Wiener Neustadt. Die Liste von Bürgermeister Klaus Schneeberger holte 45 Prozent der Stimmen, ein Plus von 11,1 Prozent. „Die letzten fünf Jahre haben gezeigt, was Politik bewegen kann. Der heutige Tag zeigt, was eine Partei und eine Bewegung erreichen kann: erstmals Erster. Vor Jahren noch undenkbar, heute wahr geworden“, sagte Schneeberger in einer ersten Reaktion. Verluste in der Höhe von 14,1 Prozent bescherten der SPÖ ein Ergebnis von 26,2 Prozent. Bei der FPÖ kam man auf 14,1 Prozent, die Grünen wählten 9,9 Prozent.
Gmünd: ÖVP überholt erstmals die SPÖ
Eine interessante Entwicklung gab es im nordwestlichen Waldviertel zu vermelden, wo die ÖVP erstmals die SPÖ überholte. In der Bezirkshauptstadt Gmünd gewann die ÖVP 16,4 Prozent dazu und lag bei 59,32 Prozent. Die SPÖ verlor dagegen fast 15 Prozent und hält nur mehr bei 30,71 Prozent. Bis 2010 hielt die SPÖ eine absolute Mehrheit in der Bezirkshauptstadt. Bei den Wahlen 2015 stellte erstmals die ÖVP die Bürgermeisterin. In etwa gleich blieb die FPÖ mit 4,22 Prozent und die Liste AFG (Hauer Aktiv für Gmünd) kam auf 5,76 Prozent.
Perchtoldsdorf: ÖVP verliert Absolute
Zweistellige Verluste (minus 11,68 Prozent) musste die ÖVP in Perchtoldsdorf hinnehmen. Mit 47,13 Prozent war man aber immer noch deutlich stärkste Partei. Dahinter folgten die Grünen mit 17,5 Prozent der Stimmen und die Perchtoldsdorfer Bürgerliste PBL mit 12,52 Prozent. Die SPÖ kam auf 9,64 Prozent, was ein Minus von 1,62 Prozent bedeutet und gleich dahinter landeten die NEOS mit 9,46 Prozent. Die FPÖ erhielt 3,75 Prozent oder 328 Stimmen.
Kurz sieht türkisen Weg bestätigt
In einem ersten Statement gratulierte Bundeskanzler Sebastian Kurz: „Die Volkspartei konnte in Niederösterreich eindrucksvoll wieder Platz eins erlangen und bleibt weiterhin die unangefochtene Bürgermeister-Partei in Niederösterreich.“ Das sei laut Kurz ein Beleg dafür, dass der türkise Weg bei den Menschen ankomme. Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner sprach auch wegen der teilweise großen Zugewinne in den Städten von einem „Tag der Freude.“
Die niederösterreichische Heimatgemeinde des Bundeskanzlers, Zogelsdorf, ist eine Katastralgemeinde von Burgschleinitz-Kühnring und dort kam die ÖVP auf stolze 87,92 Prozent. Auf dem Wahlzettel der kleinen Gemeinde im Bezirk Horn befand sich sonst nur noch die SPÖ, die auf 12,08 Prozent der Stimmen kam. Von den 1045 abgegebenen Stimmen entfielen immerhin 888 auf die Volkspartei.
Kocevar: „Schwierige Zeiten für SPÖ“
SPÖ-Landesgeschäftsführer Wolfgang Kocevar sprach von „insgesamt schwierigen Zeiten für die SPÖ.“ Es gebe trotz der Verluste aber auch Gemeinden mit deutlichen Zugewinnen, „wo die erfolgreiche Arbeit der Bürgermeister bestätigt wurde.“ Franz Schnabl, Landesparteivorsitzender der SPÖ, schmerzte die Wahlschlappe in Amstetten ganz besonders: „Ich habe nicht damit gerechnet, dass wir die relative Mehrheit so deutlich verlieren.“
Stimmen von FPÖ, NEOS und den Grünen
Über das Ergebnis der FPÖ sagte Landesparteisekretär Michael Schnedlitz, dass man über das Minus zwar nicht zufrieden sein könne, „es hätte aber auch schlimmer ausgehen können.“ Kristina Janjic, Landesgeschäftsführerin der NEOS, äußerte sich zuversichtlich: „Immer mehr Bürger haben eine bürgernahe und transparente Politik gewählt, um frischen Wind in die Gemeinden zu bringen.“ Helga Krismer, Landessprecherin der Grünen, sprach in einer ersten Stellungnahme von einem „sehr guten Tag für Niederösterreich.“
Absolute Mandatsmehrheit für SPÖ Schwechat
Bürgermeisterin Karin Baier konnte mit ihrer SPÖ-Liste die absolute Mandatsmehrheit in Schwechat erringen und kam auf 48,99 Prozent der Stimmen. Ein enges Rennen um Platz zwei entschieden letztlich die Grünen mit 16,63 Prozent für sich, vor der ÖVP mit 16,25 Prozent. Die FPÖ schaffte 9,27 Prozent und die NEOS holten 3,05 Prozent.
SPÖ verliert in Purkersdorf, bleibt aber Erster
Starke Verluste setzte es jedoch für die SPÖ in Purkersdorf, wo man zwar weiterhin stärkste Partei mit 43,51 Prozent ist, aber 22,04 Prozent verlor. Die ÖVP-Liste legte acht Prozentpunkte zu und kam auf 23,3 Prozent. Die Grünen durften sich über ein noch deutlicheres Plus (8,5 Prozent) freuen und erreichten 19,58 Prozent. Dahinter folgten dann die NEOS mit 8.97 Prozent und die FPÖ mit 3,53 Prozent.
Amstetten: „Freudentag“ für die ÖVP
In Amstetten gab es einen Wechsel an der Spitze, denn die ÖVP überholte mit einem Plus von 18 Prozent und 42,98 der Stimmen die SPÖ, die nur noch 37,20 Prozent holen konnte und 9,25 Prozent verlor. Christian Haberthauer von der ÖVP Amstetten sprach in einer ersten Reaktion von einem Freudentag. SPÖ-Bürgermeisterin Ursula Puchebner wollte sich nicht zum Wahlergebnis äußern. Die FPÖ verlor 11,4 Prozent und stürzte auf nur noch 5,52 Prozent ab. Noch vor der FPÖ konnten die Grünen 8,57 Prozent holen, auf die NEOS entfielen 2,23 Prozent.
Donaustadt Melk mit ÖVP-Absoluter
Auch in Melk konnte die ÖVP ihre absolute Mehrheit halten und sogar noch fünf Prozent dazugewinnen. Sie kam auf 60,86 Prozent der Stimmen. Dahinter folgten mit großem Abstand die Grünen, die mit 17,38 Prozent der Stimmen zweitstärkste Partei blieben. Drittstärkste Partei wurde die SPÖ mit 15,53 Prozent der Stimmen. Auf die FPÖ entfielen 6,23 Prozent, was ein Minus von 1,21 Prozent bedeutete.
In Ybbs an der Donau (Bezirk Melk) konnte die SPÖ die absolute Mehrheit mit 52,13 Prozent der Stimmen erreichen. Die ÖVP lag mit 36,14 Prozent auf Platz zwei, dahinter die FPÖ mit 6,17 Prozent und die Bürgerliste Wahlplattform Unabhängiger Ybbser (WUY) mit 5,56 Prozent.
SPÖ mit fast 70 Prozent in Wieselburg
Ein hervorragendes Ergebnis gab es für die SPÖ in Wieselburg, wo die Partei des ehemaligen Landeshauptmann-Stellvertreters Josef Leitner 69,58 Prozent erreichte und das Ergebnis von 2015 sogar noch um 5,91 Prozent verbesserte. Dahinter lag die ÖVP mit 26,12 Prozent, ein leichtes Plus von 1,17 Prozent, und die FPÖ mit 4,3 Prozent.
SPÖ in Waidhofen an der Thaya schwächste Partei
Nicht ganz für die absolute Mehrheit reichte es für die ÖVP in Waidhofen an der Thaya, wo man mit 45,68 Prozent dennoch ein beachtliches Ergebnis schaffte. Die FPÖ konnte mit 23,4 Prozent die zweitmeisten Stimmen hinter sich versammeln und die Grünen holten 20,82 Prozent. Nur 10,1 Prozent schaffte die SPÖ, was ein Minus von 2,68 Prozent bedeutet.
Grafenegg mit ganz starken Grünen
Als Grüne Hochburg von Niederösterreich könnte sich die Gemeinde Grafenegg im Bezirk Krems-Land herausstellen. Hier erreichten die erstmals antretenden Grünen 26,67 Prozent der Stimmen. Die ÖVP musste herbe Verluste von minus 20,27 Prozent einstecken, kam aber immer noch auf 54,98 Prozent. Auf die SPÖ entfielen 10,75 Prozent der Stimmen, die Freiheitlichen erreichten 7,61 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag in Grafenegg mit 71,58 Prozent in etwa beim Wert von 2015.
Gewaltiges ÖVP-Ergebnis in Groß-Siegharts
Über ein gewaltiges Ergebnis durfte sich die ÖVP in der Gemeinde Groß-Siegharts freuen. Die Volkspartei erreichte hier 65,34 Prozent, die SPÖ stürzte regelrecht ab und verlor 24,41 Prozent der Stimmen. Sie kam nur noch auf 28,57 Prozent in der Gemeinde im Bezirk Waidhofen an der Thaya. Somit ist eine weitere ehemalige SPÖ-Hochburg nach der Gemeinderatswahl 2020 endgültig Geschichte.
Kleinste Gemeinde mit großer ÖVP-Mehrheit
In Großhofen, der kleinsten Gemeinde Niederösterreichs, mit nur 96 Wahlberechtigten, legte die ÖVP auf 89,53 Prozent zu, ein Plus von 11,48 Prozent gegenüber 2015. Auf die Liste Großhofen (LGH) entfielen 10,47 Prozent. Die ÖVP erreichte 77 der 86 abgegebenen gültigen Stimmen und zwölf (plus zwei) der 13 Mandate. Für die LGH votierten neun Bürger. Die Wahlbeteiligung in Großhofen betrug 90,63 Prozent.
St. Leonhard bleibt tiefschwarz
In St. Leonhard am Hornerwald im Bezirk Krems-Land kam die ÖVP auf 88,1 Prozent. Die Freiheitlichen und Unabhängigen gewannen 5,7 Prozent dazu und erreichten 11,9 Prozent der Stimmen. Die SPÖ kandidierte nicht mehr und verlor somit die zwei Sitze im Gemeinderat.
Absolute ÖVP-Mehrheit in Langenlois
Die größte Weinstadt Österreichs blieb auch weiterhin fest in schwarzer Hand. Die ÖVP (Volkspartei Langenlois Bürgermeister Harald Leopold) verlor zwar 1,83 Prozent der Stimmen, hielt aber weiterhin eine absolute Mehrheit mit 56,44 Prozent. Dahinter lieferten sich die weiteren Parteien ein enges Rennen um Platz zwei, das schließlich die Grünen mit 15,86 Prozent für sich entschieden. Dahinter folgte die SPÖ - Liste Christian Schuh mit 14,43 Prozent und die FPÖ kam auf 13,27 Prozent.
ÖVP in Weikendorf weiterhin weit vorne
In Weikendorf (Bezirk Gänserndorf), wo der Zuzug einer muslimischen Familie zuletzt für Aufregung gesorgt hatte, konnte die ÖVP die absolute Mehrheit behaupten. Die Volkspartei verlor 2,75 Prozentpunkte oder ein Mandat auf zwölf Sitze und hielt bei 60,99 Prozent. Die Grünen erreichten aus dem Stand 14,58 Prozent und stellen künftig drei Abgeordnete. Noch vor den Grünen auf Rang zwei landete die SPÖ mit 20,26 Prozent. Nicht mehr im Gemeinderat vertreten ist die FPÖ, die 5,18 Prozentpunkte und ein Mandat einbüßte und 2,95 Prozent der Stimmen holen konnte.
Nicht gewählt wurde lediglich in Stockerau, Wolkersdorf und Pillichsdorf, weil dort bereits 2019 vorgezogene Wahlen stattfanden. Die Landeshauptstadt St. Pölten, Krems und Waidhofen an der Ybbs genießen als Statutarstädte einen Sonderstatus und haben deshalb andere Wahltermine.
Dass es in der Politik nicht immer todernst zugeht, sieht man auch am Beispiel der Niederösterreich-Wahl. Wir haben uns die kuriosen Seiten der Gemeinderatswahlen 2020 angeschaut.
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