Spitzen bis 149 km/h

„Sabine“ zog Spur der Verwüstung durch Österreich

Österreich
10.02.2020 17:33

Sturmtief „Sabine“ hat am Montag weite Teile Österreichs in Atem gehalten, auch wenn die Folgen hierzulande im Vergleich zu vielen nordeuropäischen Staaten relativ gering ausgefallen sind. Menschen kamen nicht zu Schaden, jedoch sorgten Spitzen bis zu 149 km/h für Sachschäden (siehe auch Video oben) und zahlreiche Feuerwehreinsätze in Nieder- und Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg. Tausende Stromausfälle wurden vermeldet. Am Nachmittag erreichte von Bayern aus ein weiteres Schauergebiet die Alpennordseite, das rasch ostwärts zog und dabei auch über Wien mit Spitzen bis zu 101 km/h (gemessen auf der Jubiläumswarte) hinwegfegte. Auch am Dienstag ist laut den Wetterexperten noch mit teils starken Windböen zu rechnen.

Am Nachmittag erreichte ein neues Schauergebiet den Osten Österreichs. Auch hier waren verbreitet Sturmböen und lokal auch schwere Sturmböen dabei, wie die Österreichische Unwetterzentrale berichtete. Die ÖBB teilten auf Twitter ein Video vom zweiten Durchzug der Sturmfront gegen 16 Uhr.

In Buchberg im Wienerwald wurden Windgeschwindigkeiten bis zu 124 Stundenkilometern gemessen, in Irnfritz 104 km/h und auch in Retz, Stockerau, Melk und St. Pölten erreichten die Sturmböen Geschwindigkeiten von nahezu 100 Stundenkilometern. Auf der Jubiläumswarte in Wien wurden 101 Stundenkilometer gemessen, in der Wiener Innenstadt gegen 16 Uhr 94 km/h.

Die Webseite www.windy.com bietet eine Visualisierung der aktuellen Windgeschwindigkeiten:

„Sabine“ hatte am Montag vor allem die Mitte und den Süden Deutschlands, Teile der Schweiz, Oberösterreich und den Westen Tschechiens stark getroffen. Die stärksten Böen im Flachland wurden in Fürstenzell in Niederbayern mit 154 Stundenkilometern gemessen.

Mit einer Drohne aus der Luft gefilmte Aufnahmen zeigen die Aufräumarbeiten nach Sturmtief „Sabine“ in Hühnergeschrei in der Gemeinde Altenfelden in Oberösterreich (Bild: FOTOKERSCHI.AT / KERSCHBAUMMAYR)
Mit einer Drohne aus der Luft gefilmte Aufnahmen zeigen die Aufräumarbeiten nach Sturmtief „Sabine“ in Hühnergeschrei in der Gemeinde Altenfelden in Oberösterreich

149 Stundenkilometer am Feuerkogel
Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) rief für die nordwestlich gelegenen Teile der vier Bundesländer Nieder- und Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg die höchste von vier Warnstufen aus, im Gebirge wehten orkanartige Böen von mehr als 120 km/h. Der ZAMG-Spitzenwert wurde am Feuerkogel in Oberösterreich mit 149 Kilometern pro Stunde gemessen, am Tiroler Brunnenkogel waren es 147,6 km/h.

Aufgrund der Wetterverhältnisse blieben in Tirol auch mehrere Liftanlagen geschlossen - darunter unter anderem jene am Pitztaler und Stubaier Gletscher, am Innsbrucker Patscherkofel und in der Axamer Lizum.

In Vorarlberg erreichten die Windböen laut Messungen der ZAMG Geschwindigkeiten von mehr als 100 km/h, etwa in Sulzberg im äußersten Norden des Bregenzerwalds. Am Bodensee wurden zu Mittag 99 km/h gemessen, in Bregenz 74 Stundenkilometer. In den Skigebieten standen zahlreiche Lifte und Bahnen still. Am Arlberg waren nur 24 von 88 Anlagen in Betrieb, im Skigebiet Silvretta-Montafon vier von 35.

In Oberösterreich breitete sich der Sturm im Lauf des Tages auf die gesamte nördliche Hälfte des Bundeslandes aus. Im Mühlviertel wurden mehrere Bus- und Bahnlinien eingestellt, auch in Linz waren einzelne Buslinien blockiert. Der Fernverkehr nach Ceske Budejovice war unterbrochen. Besonders schlimm vom Sturm war das Mühlviertel betroffen, wie ein Video aus dem Bezirk Rohrbach, wo Orkanböen bis 125 km/h gemessen wurden, besonders eindringlich zeigt (siehe Video ganz oben).

30.000 Haushalte waren zeitweise ohne Strom. Besonders dramatisch war der Stromausfall in Rainbach im Innkreis, wo eine Frau nicht mehr über ihre strombetriebenen medizinischen Geräte versorgt werden konnte, weshalb die Feuerwehr ihr mit einem Notstromaggregat zu Hilfe kam.

Wie Mikadostäbe wurden die Bäume im oberösterreichischen Sarleinsbrach umgeworfen. (Bild: Leserreporter)
Wie Mikadostäbe wurden die Bäume im oberösterreichischen Sarleinsbrach umgeworfen.

3900 Feuerwehrleute in Oberösterreich im Einsatz
Ebenfalls in Rainbach wurden sechs Menschen, die wegen umgestürzter Bäume in Autos gefangen waren, befreit. In Haslach (Bezirk Rohrbach) gerieten die Insassen von acht Fahrzeugen in die gleiche missliche Lage, in Piberschlag (Bezirk Rohrbach) ein Rettungsfahrzeug. In Münzkirchen (Bezirk Schärding) wurde ein Bus von der Fahrbahn geweht. In Vorderweißenbach (Bezirk Urfahr-Umgebung) stürzte ein Baum auf einen im Freien stehenden Gastank und riss das Sicherheitsventil ab. Die Betreiberfirma dichtete den Tank wieder ab. Rund 3900 Feuerwehrleute rückten bis zum Nachmittag im gesamten Bundesland zu knapp 965 Einsätzen aus. Sieben Schulen schlossen frühzeitig, damit die Kinder noch sicher nach Hause gehen konnten.

Rund 5000 Haushalte waren indes auch in Niederösterreich ohne Stromversorgung. Am schwersten betroffen waren das Most- und das Waldviertel. Am Nachmittag hatte sich die Lage nach Angaben von EVN-Sprecher Stefan Zach etwas entspannt. Im Waldviertel forderte der Sturm auch den Straßendienst, etwa 100 Mitarbeiter rückten aus. Dutzende Feuerwehreinsätze wurden ebenfalls vermeldet.

Die Franz-Josefs-Bahn wurde „wegen Unwetterschäden“ im Abschnitt Göpfritz - Ceske Velenice gesperrt, berichteten die ÖBB. Beim Bahnhof Pürbach war ein Baum in die Oberleitung gestürzt, teilte Christopher Seif von den Bundesbahnen mit. Die Garnitur wurde laut Franz Resperger vom Landesfeuerwehrkommando Niederösterreich evakuiert. Verletzte habe es nicht gegeben. Seif zufolge befanden sich 20 Passagiere in dem Zug. Die ÖBB richteten für den blockierten Streckenabschnitt einen Schienenersatzverkehr ein.

Zahlreiche Parks in Wien gesperrt
In Wien waren - wie schon in der Vorwoche wegen des Sturms „Petra“ - wieder zahlreiche Parks gesperrt. Allein 60 städtische Anlagen, darunter die Prater-Hauptallee, der Donaupark oder der Türkenschanzpark, wurden geschlossen, weitere 160 zumindest mit einem Absperrband versehen. Der Lainzer Tiergarten war ebenfalls nicht zugänglich. Die Bundesgärten wiederum riegelten den Augarten, den Belvederegarten, den Burg- und Volksgarten sowie den Schlosspark Schönbrunn ab. Der Tiergarten schloss am Vormittag ebenfalls seine Pforten.

Ein Zeitraffervideo von krone.tv zeigt, wie die Wolkendecke die Bundeshauptstadt erreicht.

Eislaufen war am Wiener Eistraum am Rathausplatz nicht möglich. Die 31 Ausfälle am Flughafen Wien in Schwechat, die am Vormittag vermeldet worden sind, erhöhten sich im Laufe des Tages noch auf 44, womit 20 Abflüge und 24 Ankünfte von mehr als 600 geplanten Flügen vermeldet wurden, sagte ein Sprecher.

(Bild: Stefan Steinkogler)

In den nordwestlichen Landesteilen wird der Wind auch am Dienstag noch einmal auffrischen, jedoch werden die Spitzen nur noch bei 60 bis 90 km/h liegen. Die aktuelle ZAMG-Prognose prognostiziert im nördlichen Tirol und Vorarlberg dennoch noch einmal die Höchstwarnstufe. Auch in Wien könnte der Wind am Dienstag noch einmal an Kraft gewinnen.

Österreich bleibe laut der Österreichischen Unwetterzentrale auch am Dienstag „in einer straffen Westströmung“. Bei schnell durchziehenden, teils gewittrigen Schauern sind demnach vor allem vom Bodensee über das Außerfern bis Ober- und Niederösterreich neuerlich Sturmböen einzuplanen. Lokal sind weiterhin auch schwere Sturmböen möglich, warnt der Unwetterdienst.

Bitte um Vorsicht
Deshalb bitte um Vorsicht: Die Gefahr herabfallender Äste oder umknickender Bäume ist nicht zu unterschätzen, von Spaziergängen im Freien, vor allem in Wäldern, Parks oder dergleichen wird derzeit abgeraten. Auch sollten Terrasse, Balkon und Garten windfest gemacht und lose, vom Wind „leicht entführbare“ Gegenstände sicher verstaut werden. Fenster und Rollläden sollten geschlossen, Markisen sicherheitshalber eingefahren werden. Auch wird von unnötigen Aufenthalten im Freien oder Arbeiten auf Dächern und höher gelegenen Orten während der Sturmspitzen abgeraten.

Die Frage „Ciara“ oder „Sabine“ stellt sich für die ZAMG übrigens nicht, man verzichte auf derartige Bezeichnungen. Hinter der Bezeichnung „Sabine“ steckt jedenfalls das Institut für Meteorologie FU Berlin, aktuelle Patin ist eine gewisse Sabine Kaufmann. Die Bezeichnung „Ciara“ wurde hingegen vom britischen Wetterdienst vergeben …

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