„Der Britenrabatt war der Beginn vom Brexit. Rabatte sind der Beginn der Rosinenpickerei.“ Mit diesen Worten kommentiert der EU-Abgeordnete Othmar Karas (ÖVP) die derzeit stattfindende Beitragsrabatt-Debatte im Rahmen der Verhandlungen zum mehrjährigen EU-Haushalt. Sowohl Karas als auch die EU-Parlamentarier Andreas Schieder (SPÖ) und Monika Vana (Grüne) sprachen sich am Montag für ein Auslaufen dieser Regelung aus. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte zuvor gemeinsam mit seinen Amtskollegen aus den Niederlanden, Dänemark und Schweden „dauerhafte Nettokorrekturen“ gefordert, „um exzessive Ungleichgewichte beim Budget zu verhindern und eine faire, nachhaltige Lösung zu erzielen“.
Zwar ist Kurz von seiner starren Position, wonach die Mitgliedsstaaten nicht mehr als ein Prozent ihres Bruttonationaleinkommens an Brüssel abliefern müssen, zuletzt ein wenig abgerückt, doch nach wie vor hält der österreichische Regierungschef an seiner Vetodrohung fest. Von solchen Drohungen halten die Grünen nichts. „Diese widersprechen dem europäischen Geist“, erklärte Vana.
Schieder: „Regierung wie ein Rumpelstilzchen“
Den jüngsten Vorschlag von EU-Ratspräsident Charles Michel, der ein Budgetvolumen von 1,074 Prozent der Bruttonationaleinkommen vorsieht, lehnen sowohl Vana als auch ihre Abgeordnetenkollegen ab. Michels Vorschlag sei „eindeutig nicht ausreichend“, um die Handlungsfähigkeit und Zukunftstauglichkeit der Union zu gewährleisten sowie die Erwartungen und Versprechen an die Bürger zu erfüllen, so die Grünen-Politikerin. Auch Karas betonte, das Einzahlen in den Brüsseler Haushalt sei eine „Investition in die Zukunft“. Statt über Zahlen müsse man über Inhalte und Projekte reden.
Vana forderte eine Reform des EU-Budgets, um das „peinliche nationale Feilschen zu beenden“. Auch Schieder kritisierte, dass „wie auf einem Basar über einzelne Hundertstelprozentpunkte gefeilscht“ und mit Veto gedroht werde. Er halte es für einen „Grundfehler“, dass sich die österreichische Bundesregierung „wie ein Rumpelstilzchen auf dieses ,Nicht mehr‘“ festlege.
Karas, Vana und Schieder sprachen sich für ein Mehr an Eigeneinnahmen der EU aus. Alle drei begrüßten die von Michel vorgesehene europäische Plastiksteuer. Karas nannte außerdem das Schließen von Steuerlücken, seine Idee von Zukunftsanleihen oder europäisches Crowdfunding. Schieder erwähnte eine CO2- und eine Finanztransaktionsteuer als Möglichkeiten. „Dann stellt sich diese Streitfrage zwischen Nettozahlern und Nettoempfängern weniger.“ Karas: „Es geht um die Handlungsfähigkeit einer Gemeinschaft, deren Teil wir sind.“ Karas warnte, dass ein unzureichendes Budget gerade die Rechtspopulisten und Rechtsnationalisten stärken würde, die Europa zerstören wollten.
Einhaltung von Grundrechten als Kriterium für Mittelvergabe
Karas, Vana und Schieder sprachen sich weiters für das Einhalten von Grundrechten wie der Rechtsstaatlichkeit als Kriterium für die Mittelvergabe aus. „Wir können als Europäische Union nicht zuschauen, dass die Länder, die den Rechtsstaat mit Füßen treten, auch die sind, wo die meisten Mittel in die Taschen ihrer Freunde verschwinden.“ Die Mittel kämen nicht dort an, wofür sie gedacht seien, so Schieder, der erklärte, dass „Orbans Freunde profitieren“. Karas ergänzte, dass auch die Bevölkerung in Polen an der mangelnden Rechtssicherheit leide und internationale Investoren abgeschreckt würden.
Vilimsky wirft Kurz doppeltes Spiel vor
Die FPÖ wirft Kanzler Kurz in der Debatte ein doppeltes Spiel vor. Er tue so, „als ob er gegen eine Ausweitung des Haushalts der Union sei, während sein Parteikollege Othmar Karas in Brüssel immer wieder für eine massive Ausweitung plädiert“, kritisierte EU-Delegationsleiter Harald Vilimsky. Aber auch Kurz sei von seiner früheren Haltung abgewichen. „Zuerst hat er noch für eine Begrenzung des Haushalts auf ein Prozent des Bruttonationaleinkommens plädiert, mittlerweile ist die Rede von einem Verhandlungsspielraum bis zu 1,11 Prozent - also bis zu der Größenordnung des Vorschlags der Kommission“, so Vilimsky weiter.
Die Haltung der FPÖ ist laut dem blauen EU-Mandatar weiterhin klar: „Die EU muss mit einem Haushalt auskommen, der dem bisherigen entspricht. Weitere Belastungen für Österreich durch höhere Beiträge oder den Wegfall bestehender Rabatte für Österreich halten wir für nicht akzeptabel."
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.