Auch Frau gestorben
Zweiter Corona-Todesfall in Italien gemeldet
Nachdem am Freitag schon ein 78-jähriger Italiener aus der Nähe von Padua am Coronavirus gestorben war, vermeldeten die Gesundheitsbehörden am Samstag auch den Tod einer 75-jährigen Frau in der Lombardei. Damit gibt es nun zwei Corona-Todesfälle in Italien. Die Behörden in den betroffenen Orten in der Lombardei haben 50.000 Menschen dazu aufgerufen, ihre Häuser möglichst nicht zu verlassen. Auch Südkorea meldete unterdessen einen rasanten Anstieg der Infektionsfälle.
Der verstorbene Italiener aus der Kleinstadt Vo‘ Euganeo sei zuvor positiv auf das Virus getestet worden, bestätigte Gesundheitsminister Roberto Speranza am Samstag. Dem Minister zufolge war der 78-jährige Patient wegen einer anderen Krankheit vor etwa zehn Tagen in einem Krankenhaus in der Region Venetien behandelt worden. Kontakt zu Infizierten in der Lombardei hätte es nicht gegeben. 300 Patienten und 150 Mitarbeiter eines Krankenhauses in Schiavonia bei Padua wurden vorsichtshalber Kontrollen unterzogen und dürfen seit Freitag nicht das Spital verlassen.
Die am Samstag verstorbene Frau soll sich in der Notaufnahme des Krankenhauses in Codogno infiziert haben. Dort soll sie mit einem infizierten Mann in Kontakt gekommen sein und sich deshalb mit dem Virus angesteckt haben, vermeldeten die Gesundheitsbehörden. Der 38-jährige chinesische Staatsbürger hatte auch seine im achten Monat schwangere Frau infiziert. Inzwischen seien jedoch beide wieder entlassen worden. Aus Rom waren in den vergangenen Wochen drei Fälle gemeldet worden. Insgesamt seien in Italien derzeit mehr als 50 Infektionen bekannt.
„Möchten Bevölkerung beruhigen“
In Norditalien wurden inzwischen 42 Fälle gemeldet, konzentriert in der lombardischen Provinz Lodi und im Raum Padua (Region Venetien). Zu den Infizierten zählen auch mehrere Mediziner und Krankenpfleger. „Wir möchten die Bevölkerung beruhigen. Wir haben alle Personen unter Quarantäne gestellt, die mit den infizierten Menschen in Kontakt gekommen sind“, erklärte Premier Giuseppe Conte.
Conte schloss nicht aus, dass das Kabinett weitere Maßnahmen zur Eingrenzung der Epidemie in Norditalien ergreifen könnte.
Hiobsbotschaft für die Region Lombardei
Die Epidemie ist eine Hiobsbotschaft für die Lombardei, die als „wirtschaftlichen Motor“ Italiens gilt. Vor allem Gastronomie, Lokale und Tourismus könnten durch die Epidemie belastet werden. So sei während der Mailänder Modewoche ein zehnprozentiger Rückgang der Besucherzahlen zu verzeichnen gewesen.
50.000 Menschen betroffen
Aus Sorge vor einer weiteren Ausbreitung der Viruserkrankung ordneten die Behörden am Freitag in mindestens zehn norditalienischen Städten die sofortige Schließung von Schulen, Behörden und sonstigen öffentlichen Gebäuden an. Auch Lebensmittelgeschäfte, Bars, Diskotheken sowie Sportzentren sollen in den betroffenen Orten mindestens für eine Woche geschlossen bleiben. Großveranstaltungen wie Gottesdienste, Karnevalsfeste oder Sportevents wurden ebenfalls untersagt, um eine Ausbreitung des Virus zu verhindern. Betroffen sind rund 50.000 Menschen.
Es ist, als wären wir in Wuhan"
„In Codogno ist keine Seele mehr auf der Straße. Alle Geschäfte sind geschlossen. Es ist, als wären wir in Wuhan“, kommentierte ein Bewohner der Kleinstadt. Nachdem auch der Bahnhof geschlossen wurde, sei die Ortschaft wie ausgestorben.
„Jeder hat geschlossen. Alle Bars, alles hat zu“, beschreibt ein anderer Bewohner von Codogno die Situation im Ort. „Jetzt gehe ich nach Hause und danach will ich ins Hospiz - meine Lebensgefährtin besuchen. Aber ich bin mir nicht einmal sicher, ob sie mich hineinlassen.“
Gesundheitsminister sieht Italien gut vorbereitet
Das Verteidigungsministerium stellte eine Reihe von Strukturen in der Lombardei und in der Emilia Romagna zur Verfügung, die Personen unter Quarantäne aufnehmen sollen. 130 Plätze wurden in einer Militäreinrichtung in Piacenza bereitgestellt, in Mailand gibt es etwa 60 Plätze. „Italien ist gut vorbereitet, um mit dem Coronavirus-Notstand umzugehen. Wir haben bereits in den vergangenen Wochen einen Plan entworfen, den wir jetzt auf effiziente Weise umsetzen wollen“, sagte Speranza.
WHO-Chef: „Zeitfenster zur Eindämmung schließt sich“
WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus warnte am Freitag, das „Zeitfenster“ zur Eindämmung der Epidemie schließe sich. Zuvor waren neue Infektionsherde sowohl aus China als auch aus mehreren anderen Ländern gemeldet worden. So starben im Iran bereits vier Menschen an der Lungenkrankheit Covid-19. „Wir sind immer noch in einer Phase, wo die Eindämmung möglich ist“, sagte Ghebreyesus. „Aber das Zeitfenster schließt sich immer mehr.“ Wenn die Welt jetzt nicht „hart“ gegen das Virus vorgehe, werde sie vor einem „schwerwiegenden Problem“ stehen.
Lage in Südkorea besonders besorgniserregend
Besonders besorgniserregend ist die Lage in Südkorea, wo die Zahl der Neuinfizierten am Samstag sprunghaft anstieg: Die Behörden des Landes meldeten 87 neue Erkrankungsfälle, die Gesamtzahl stieg damit auf 433 - die zweithöchste außerhalb Chinas. Ausgangspunkt ist die Shincheonji Church of Jesus. Die Verbreitung des Virus in der christlichen Sekte ging nach Behördenangaben von einer 61-jährigen Anhängerin aus, die Virustests zunächst verweigert hatte und weiter zu Gottesdiensten in der Stadt Daegu ging.
Ungewissheit auf der Diamond Princess
Auch von dem vor der japanischen Küste liegenden Kreuzfahrtschiff Diamond Princess könnte sich das Virus weiter ausbreiten. Nachdem am Mittwoch rund 500 Passagiere das Schiff nach zweiwöchiger Quarantäne verlassen durften, erwiesen sich mehrere der ursprünglich negativ getesteten Ex-Passagiere als infiziert. Sechs deutsche Passagiere wurden am Freitag an Bord einer italienischen Maschine aus Japan ausgeflogen, wie das Auswärtige Amt auf Twitter mitteilte.
Ansteckungszahlen in China sinken
Aus China, dem Epizentrum des Virusausbruchs, meldeten die Behörden am Samstag hingegen erneut sinkende Ansteckungszahlen und Todesfälle. Am Freitag wurden 397 neue Infektionsfälle bestätigt, donnerstags waren es der Gesundheitsbehörde zufolge noch 889. Die Zahl der Todesopfer liegt nun bei 2345. Insgesamt sollen den Behörden zufolge nun 76.300 Menschen mit dem Virus infiziert sein.
Chinas Staatschef Xi Jinping sagte bei einer Politbüro-Sitzung, der Höhepunkt der Epidemie sei „noch nicht gekommen“, vor allem die Lage in der Provinz Hubei sei weiterhin „düster und kompliziert“. In Hubei war im Dezember der Erreger der Atemwegserkrankung Covid-19 erstmals bei Menschen festgestellt worden. In etwa 25 weiteren Ländern wurden insgesamt über 1000 Infektionen nachgewiesen.
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