Fünf Tote durch Lawine

Dachstein-Hüttenwirt: „Ich habe sie noch gewarnt“

Steiermark
08.03.2020 21:15

Es war ein Einsatz, der selbst die erfahrensten Bergretter schaudern ließ: Fünf junge Tschechen brachen am Sonntag zu einer Schneeschuh-Tour auf der oberösterreichischen Seite des Dachsteins auf. Eine gewaltige Lawine verschüttete die Gruppe. Jede Hilfe kam zu spät. Wilfried Schrempf führt die Seetalerhütte auf der steirischen Seite. Die fünf tödlich verunglückten Schneeschuhgeher nächtigten bei ihm. Trotz seiner Warnungen traten sie die Wanderung an - das verheerende Unglück nahm seinen Lauf. „Dass die Lawine so groß ist, hätte ich mir aber selber nicht gedacht“, ist Schrempf erschüttert.

„Das war kein Routine-Einsatz, das geht einem schon sehr nahe, wenn man fünf junge Menschen nur noch tot bergen kann“, zeigt sich Christoph Preimesberger, Chef der Bergrettung Oberösterreich, erschüttert. Die fünf jungen Tschechen brachen am Sonntag gegen 8.30 Uhr zu einer Schneeschuhwanderung am Dachstein auf. Der Lawinenabgang in 2800 Meter Höhe am Gipfel des Dachsteins im Bereich Randkluft ereignete sich wenig später.

Fünf Menschen starben am Sonntagvormittag bei einem Lawinenabgang am Dachstein. (Bild: APA/BERGRETTUNG OBERÖSTERREICH)
Fünf Menschen starben am Sonntagvormittag bei einem Lawinenabgang am Dachstein.
(Bild: Schrempf/zVg)

Für die drei Frauen und zwei Männer kam jede Hilfe zu spät
Die Bergrettungen von Hallstatt und Obertraun, die Alpinpolizei und sechs Hubschrauber aus Oberösterreich, Salzburg und der Steiermark rückten sofort aus. Nach zwei Stunden fanden zwei Lawinensuchhunde die ersten drei Opfer, kurz darauf weitere zwei. Für die drei Frauen (27, 30 und 37) und zwei Männer (28, 46) kam jedoch jede Hilfe zu spät. Sie wurden zur Identifizierung nach Hallstatt gebracht. 

Zweiter Abgang während großer Suchaktion
Für die Retter war der Einsatz aber noch nicht erledigt, es war nicht klar, ob weitere Personen verschüttet wurden. Dann ein Schreckmoment: Während der Suche ging auf der steirischen Seite des Dachsteins eine zweite Lawine ab, glücklicherweise erwischte diese weder die Helfer noch andere Alpinisten.

(Bild: Schrempf/zVg)
(Bild: APA/MATTHIAS LAUBER)

„Die Lawinensituation in diesem Gebiet war am Sonntag erheblich“, erklärt Preimesberger. Er schätzt, dass die Lawine etwa 150 bis 200 Meter breit und 400 Meter lang war. Ermittlungen müssen nun zeigen, wo genau die Tschechen erfasst worden sind. „Es handelt sich um eine frequentierte Route“, so der Bergexperte. Fahrlässig: Das Quintett trug keine Lawinenverschüttetensuchgeräte bei sich.

Wanderer hörten nicht auf Hüttenwirt
Wilfried Schrempf führt die Seethalerhütte auf der steirischen Seite des Dachstein. Trotz seiner Warnungen traten die Wintersportler die Wanderung an - das verheerende Unglück nahm seinen Lauf.

Hüttenwirt Wilfried Schrempf versuchte, die Fünfer-Gruppe zu warnen. Vergeblich. Das Unglück nahm seinen Lauf. (Bild: Sepp Pail, Alpenverein Austria (Fotomontage))
Hüttenwirt Wilfried Schrempf versuchte, die Fünfer-Gruppe zu warnen. Vergeblich. Das Unglück nahm seinen Lauf.

„Krone“: Die Verunglückten nächtigten bei Ihnen?
Wilfried Schrempf: Richtig, eigentlich wollten sie ja schon am Vortag gehen. Da war das Wetter aber schlecht, es war stürmisch. Und es herrschte Lawinenwarnstufe drei.

Am Sonntag gingen sie dennoch ...
Und auch diesmal hab’ ich ihnen gesagt, dass Lawinen durchaus möglich sind. Der Wind hat auch wieder geweht, dadurch hat sich sehr viel Schnee aufgebaut, große Wechten sind entstanden, und die sind wirklich sehr gefährlich. Dennoch sind sie nach dem Frühstück gegen acht Uhr losgegangen.

Die Seethalerhütte am Dachstein (Bild: Herbert Raffalt)
Die Seethalerhütte am Dachstein

Haben Sie die Lawine bemerkt?
Ich hab’ schneegefräßt, hab‘ dadurch nichts gehört. Mein Nachbar von der Simonyhütte hat aber angerufen und gesagt, dass eine Lawine abgegangen ist und dass Leute drin sind. Ich habe sofort gewusst, dass das meine Gäste sind.

Wie haben Sie reagiert?
Ich habe gleich die Bergrettung alarmiert und bin mit dem Skidoo zur Unglücksstelle. Da habe ich gesehen, dass wirklich der ganze Hang runtergekommen ist. Dass die Lawine so groß ist, hätte ich mir selber auch nicht gedacht. Ich und ein paar andere Tourengeher haben sofort alles versucht, aber es war leider zu spät. Obwohl die Rettungskräfte wirklich schnell da waren.

Nicht das erste Mal haben Sie Gäste vor Wetter und Unglück gewarnt ...
Nein, ich kann’s ihnen nicht verbieten. Obwohl’s manchmal besser wäre.

Claudia Tröster und Lisa Stockhammer, Kronen Zeitung 
Interview: Monika Krisper, Kronen Zeitung

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