Die Spatzen pfiffen es schon von den Dächern - jetzt ist es endgültig fix: Im Westen Österreich wird am Wochenende vorzeitig die Skisaison beendet. Nach Tirol und Salzburg hat am Donnerstagabend auch das Land Vorarlberg verkündet, dass - angesichts der Coronakrise - am Sonntag der Liftbetrieb und am Montag jener der Beherbergungsstätten endet. Um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, hatte die Regierung zuvor neue Maßnahmen präsentiert. Laut einer jüngsten Berechnung der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) steckt ein Infizierter im Schnitt 1,62 weitere Personen an.
„Nach einer Besprechung mit Vertretern des Tiroler Tourismus wurde am Donnerstag entschieden, dass die Seilbahnen mit Ablauf Sonntag, 15. März 2020, auf Basis des Epidemiegesetzes geschlossen werden. Ebenso werden alle Beherbergungsbetriebe mit Ablauf Montag, 16. März 2020, behördlich geschlossen. Hierfür wurde deshalb der Montag gewählt, damit eine geordnete Rückreise der Gäste aus den Skigebieten erfolgen kann“, hieß es am Donnerstagabend vonseiten des Landes Tirol.
„Gesundheit steht an erster Stelle“
„Für uns steht die Gesundheit unserer Gäste, Mitarbeiter und der Tiroler Bevölkerung an erster Stelle. Diese Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen, aber wir übernehmen Verantwortung für alle TirolerInnen und für alle, die sich in Tirol aufhalten“, betont Landeshauptmann und Tourismusreferent Günther Platter. Nähere Details werden am Freitag im Laufe des Tages bekannt gegeben.
Tirol ist jenes Bundesland, das am stärksten vom Coronavirus betroffen ist. Bisher wurden 112 Personen positiv getestet. Besonders der beliebte Skiort Ischgl im Paznauntal kann als Ausbreitungsherd bezeichnet werden. Fast die Hälfte der Fälle weist einen Bezug zu Ischgl auf. Ursprünglich dürfte die Infektionskette von der Bar „Kitzloch“ ausgegangen sein - ein Barmitarbeiter hatte sich infiziert. Noch am Mittwochabend hatte es seitens des Landes geheißen, dass lediglich das Skigebiet in Ischgl für zwei Wochen geschlossen wird.
„Entscheidung war alles andere als leicht“
Auch in Salzburg machen die Skigebiete vorzeitig dicht. Das wurde am Donnerstagabend bei einer Besprechung mit Vertretern der Salzburger Tourismusbranche, der Gastronomie, der Seilbahnen und der Beherbergungsbetriebe entschieden. Basis für die Entscheidung bildet das Epidemiegesetz. Für die Beherbergungsbetriebe wurde der Montag als letzter offener Tag gewählt, um eine geordnete Rückreise der Gäste aus den Skigebieten zu gewährleisten, hieß es in der Aussendung des Landes.
„Diese Entscheidung war alles andere als leicht, aber ich sehe es als notwendigen Schritt, auch, um alles dafür zu tun, die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen“, sagte Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP). Die Entscheidung sei zum Wohle aller notwendig.
Auch Vorarlberg beendet Skisaison vorzeitig
Nach Tirol und Salzburg hat schließlich auch das Land Vorarlberg verkündet, dass am Sonntag der Liftbetrieb und am Montag jener der Beherbergungsstätten endet. Die Entscheidung sei nach Gesprächen mit Tourismusvertretern getroffen worden, teilte Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) mit: „Für uns steht die Gesundheit unserer Gäste, der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und der Vorarlberger Bevölkerung an erster Stelle.“
Ein Infizierter steckt 1,62 Personen an
Mittlerweile liegt auch eine erste Berechnung des Verlaufs der Covid-19-Erkrankungen auf der Basis realer Daten der Gesundheitsbehörden in Österreich liegt vor. Die Experten der AGES gehen von einer Steigerungsrate der Erkrankten von 23,2 Prozent pro Tag aus. Das ergibt sich aus der bisherigen Entwicklung. Die Verdopplungszeit dürfte 3,3 Tage betragen. Ein Infizierter steckt im Durchschnitt 1,62 weitere Personen an - was eigentlich eine relativ geringe Anzahl sei, so die Experten.
Die Basisreproduktionsrate von Influenza - wie viele weitere Infektionen durch einen Erkrankten im Durchschnitt in der Allgemeinbevölkerung ausgelöst werden - liegt bei einem Faktor um die 2. Jene von Masern liegt hingegen bei 12 bis 18. In Wuhan wurde am Beginn der Covid-19-Epidemie ebenfalls von einem Wert vom Faktor 2 ausgegangen.
Tirol und Oberösterreich am stärksten betroffen
Laut Daten, die aus den Informationen des elektronischen Meldesystems (EMS) des österreichischen Gesundheitswesens errechnet wurden, dürften Tirol und Oberösterreich stärker betroffen sein. Hier wird von einer Steigerungsrate pro Tag von 25,1 Prozent ausgegangen. Die Verdopplungszeit der Zahl der Erkrankungen liegt bei 3,1 Tagen, die Basisreproduktionszahl bei 1,93.
Alle anderen Bundesländer sind derzeit offenbar mit einer schwächeren Ausbreitung des neuen Coronavirus konfrontiert: Burgenland, Kärnten, Niederösterreich, Salzburg, die Steiermark, Vorarlberg und Wien haben bisher laut den AGES- und TU-Graz-Experten eine tägliche Steigerungsrate der Fälle von 16,4 Prozent gezeigt. Sie verdoppelt sich demnach alle 4,6 Tage. In diesen Bundesländern inklusive der Millionenstadt Wien liegt die R0-Rate - die ausdrückt wie viele Menschen ein Infizierter ansteckt - beim Faktor 1,45. Für eine Unterdrückung der Covid-19-Erkrankungswelle wäre das Erreichen eines R0-Wertes unter dem Faktor 1 entscheidend. Da es noch keine ursächlich wirksame Therapie gibt, können das derzeit also nur seuchenhygienische Maßnahmen bewirken.
Weitere Maßnahmen präsentiert
Nach dem ersten Todesfall eines Covid-19-Patienten in Wien hat die Regierung am Donnerstag weitere Maßnahmen bekannt gegeben, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. So steht nun nicht nur ein Ressourcenplan für Spitäler auf dem Programm, auch sollen Arbeitgeber, die ihre Angestellten zur Kinderbetreuung freistellen, entschädigt werden. Die Republik übernimmt daher ein Drittel der Lohnkosten dieser Angestellten. Auch empfiehlt die Bundesregierung in Spitälern ein generelles Besuchsverbot, ausgenommen davon sind allerdings Kinder- und Palliativstationen.
Kirchen und Religionsgesellschaften setzen ab Montag Gottesdienste und Feste mit Gläubigen weitgehend aus. Es soll keine Hochzeiten und Taufen geben. Der Bundeskanzler rief noch einmal dazu auf, dass ältere Personen ihre sozialen Kontakte weitgehend einschränken, um einer Ansteckung mit dem Coronavirus vorzubeugen. Gleichzeitig kündigte er an, dass am Freitag weitere Maßnahmen bekannt gegeben werden, die ab Montag wirken sollen.
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