Ab sofort steht Österreich so gut wie still. Die Regierung veröffentlichte am späten Sonntagabend jene Verordnungen, die wegen der Corona-Krise das öffentliche Leben für vorerst eine Woche lang massiv einschränken. Verfügt wurde, dass alle Menschen im Land in ihren Wohnungen zu bleiben haben, außer sie haben einen triftigen Grund, ihr Zuhause zu verlassen. Haben sie den, gilt es, einen Meter Abstand zu Mitmenschen zu halten. Aufsperren dürfen nur noch Geschäfte, die der Grundversorgung dienen. Die Gastronomie darf noch einmal bis 15 Uhr offen haben, ab Dienstag sind dann auch Restaurants & Co. zu. Unis schließen, Schulen und Kindergärten betreuen nur noch jene Kinder, die zu Hause nicht betreut werden können, weil die Eltern in der derzeitigen Situation im Job unabkömmlich sind. „Da müssen alle mittun!“, betonte Vizekanzler Werner Kogler in einer Sonder-„ZiB“ die derzeitige Ausnahmesituation.
Eindringlich appellierte der Vizekanzler in der Sondersendung zur Corona-Krise am Sonntagabend gemeinsam mit Bundeskanzler Sebastian Kurz an die Bevölkerung, die beschlossenen Maßnahmen ernst zu nehmen. „Warum machen wir das? Weil die Kurve (der Infektionsfälle, Anm.) explodiert“, warnte Kogler. „Wir haben es uns ausgerechnet: Wenn die Kurven weiter so steigen, hätten wir Anfang oder spätestens Mitte April über 100.000 Fälle.“
Kogler: „Kernschmelze der Intensivmedizin“ verhindern
Das wäre eine Katastrophe für das Gesundheitssystem und würde zu einer „Kernschmelze der Intensivmedizin“ führen, so der Vizekanzler. Die einzige Chance, das zu verhindern, sei, die Kurve zu verflachen. „Wir wissen nicht, wie das ausgeht, aber wir müssen alles probieren. Sonst haben wir Zustände wie in Italien.“ In der jetzigen Situation gebe es nichts zu beschönigen - und da „Freiwilligkeit nicht hilft, mussten wir normative Maßnahmen setzen“.
Man wolle „größeren anonymen Gruppen jetzt keine Steine nachwerfen“, indem man ihnen - etwa Wintersportler, die den letzten offenen Tag der Skibetriebe noch nützen wollten, oder jene, die noch am Sonntag Wiener Straßen bevölkerten - vorwerfe, dass sie die „ständig dringender gewordenen“ Appelle nicht beherzigen würden, „aber wir wollen schauen, dass es ab morgen anders wird - und alle, alle können einen Beitrag leisten“.
Kurz: Virus konsequent bekämpfen und die Bevölkerung beruhigen
Kurz betonte, dass alles, was am Sonntag beschlossen wurde, „mit Zustimmung aller Landeshauptleute und aller Parteien“ geschehen sei. Man versuche, konsequent zu agieren, das Virus zu bekämpfen und gleichzeitig durch geplante Schritte dafür zu sorgen, dass keine Panik ausbricht. Die Menschen müssten wissen, dass die Versorgung - sei es mit Lebensmitteln oder Medikamenten - funktioniere.
Es seien „starke Einschränkungen“, so der Kanzler, aber: „Ja, die Schulen werden geschlossen, aber es gibt Betreuung, ja, die Geschäfte werden geschlossen, aber die Lebensmittelversorgung ist sichergestellt. Ja, es gibt Einschränkungen der Bewegungsfreiheit, aber es gibt natürlich Gründe, trotzdem rauszugehen.“
Ausnahmen von der Ausgangsbeschränkung
Von der Ausgangsbeschränkung gibt es nur wenige Ausnahmen: Berufsarbeit, die nicht aufschiebbar ist, dringend notwendige Besorgungen und Hilfe für andere Menschen. Auch wenn es zur Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben und Eigentum erforderlich ist, darf man das Haus verlassen. Darüber hinaus sind auch Spaziergänge gestattet, sofern diese alleine oder im Familienverbund - also mit Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben - gemacht werden. Und wie beim Einkaufen oder Arbeiten gilt, dass ein Abstand von mindestens einem Meter zu anderen Menschen einzuhalten ist. Die Maßnahmen werden von der Polizei kontrolliert, im Bedarfsfall drohen empfindliche Verwaltungsstrafen.
Video: Eindringlicher Appell des Bundeskanzlers Maßnahmen mitzutragen
„Betrifft genauso die Lehrer, aber auch die Lebensmittelproduktion“
Auf die Frage, wer außer Ärzten und Krankenschwestern zu jenen gehöre, deren Berufsarbeit nicht aufschiebbar ist, antwortete Kurz: „Überall dort, wo es möglich ist, muss Teleworking gemacht werden. In Bereichen, wo das nicht möglich ist, muss die Arbeitgeber- mit der Arbeitnehmerseite in den Betrieben gemeinsam diese Entscheidung treffen.“ Damit das System nicht zusammenbricht, „muss“ in bestimmten Bereichen weitergearbeitet werden: „Das beginnt natürlich bei den Ärzten und beim medizinischen Personal und betrifft genauso die Lehrer, die Supermärkte, aber auch die Lebensmittelproduktion.“
Es gebe aber auch Bereiche, die „in unserer Wirtschaft ein ganz wichtiges Zahnrad sind“. Da bitte er die Arbeitnehmer, mit ihren Firmen in Kontakt zu treten. Wenn man sich als Arbeitgeber nicht sicher sei, sollte man im Zweifel die Mitarbeiter lieber zu Hause lassen.
Ausgangs- und weitere Beschränkungen nun offiziell
Gesundheitsminister Rudolf Anschober veröffentlichte seine Verordnungen zur Bekämpfung der Corona-Krise am Sonntagabend im Bundesgesetzblatt. Damit sind die von der Regierung angekündigten weitgehenden Ausgangsbeschränkungen ab sofort offiziell.
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