Angesichts schwerer rechtlicher und politischer Kritik hat das Gesundheitsministerium am Samstagabend angekündigt, dass zum Erlass, der gerade rund um Ostern große Zusammenkünfte auch in Haushalten vermeiden helfen soll, am Montag eine Klarstellung erfolgen wird. Minister Rudolf Anschober (Grüne) hatte den Erlass zuvor verteidigt und betont, man wolle sich „die positive Entwicklung der letzten Tage nicht zerstören“. Am späten Abend twitterte der Minister dann: „Sorry für Verwirrung - Kritik verstanden.“
Laut Gesundheitsministerium soll der Erlass gerade rund um das Osterfest große Zusammenkünfte auch in Haushalten verhindern. Zudem sollen dadurch „Corona-Partys“ unterbunden werden. Das Schriftstück sei bereits am 2. April den Landeshauptleuten übermittelt worden, da die Version vom 10. März 2020 - die eigentlich „Veranstaltungen“ mit mehr als 100 Personen verboten hatte - mittlerweile „den Gegebenheiten nicht mehr gerecht“ geworden war, so Anschober am Samstag.
„Gerade in den kommenden Tagen sehr konsequent bleiben“
Aus Gesundheitssicht sei es gerade vor den anstehenden Osterfeierlichkeiten notwendig geworden, hier eine Eingrenzung vorzunehmen, argumentierte das Ministerium am Samstagnachmittag. „Gerade in den Osterfeiertagen sind wir gewöhnt, private Feste zu feiern“, so Anschober: „Heuer widerspricht dies leider unseren Zielen, wir müssen gerade in diesen kommenden Tagen sehr konsequent bleiben.“ Die Polizei erhalte außerdem eine rechtliche Handhabe gegen „Corona-Partys“.
Noch am Samstagabend präzisierte das Gesundheitsministerium den umstrittenen Erlass: Demnach darf ein Haushalt Besuch von weiteren fünf Personen empfangen, die nicht an dieser Adresse gemeldet sind. Die mit 1. April datierte Regelung schreibt den Bezirksverwaltungsbehörden wörtlich vor, „sämtliche Zusammenkünfte in einem geschlossenen Raum, an denen mehr als fünf Personen teilnehmen, die nicht im selben Haushalt leben, ab Erhalt dieses Erlasses bis auf Weiteres zu untersagen“.
Wie die Pressestelle des Gesundheitsministeriums erläuterte, ist damit gemeint, dass sich in geschlossenen Räumen höchstens fünf Personen zusammenfinden dürfen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben: „Das heißt, leben im gemeinsamen Haushalt zum Beispiel schon vier Personen, dürfen trotzdem fünf Personen dazukommen.“
Ministerium kündigt Klarstellung für Montag an
Doch weil die Verwirrung damit am Samstag noch immer kein Ende fand, kündigte das Ministerium für kommenden Montag eine Klarstellung an. „Wir haben die Verwirrung angestiftet“, räumte Clemens Auer, Sonderbeauftragter im Gesundheitsministerium, am Samstagabend in einer „ZiB 2 Spezial“ ein. Man werde „sie entwirren“, versprach der Sektionschef.
Auer betonte weiters, man wolle, dass sich „Corona-Partys“ nicht am Osterwochenende wiederholten. Warum der Erlass zusätzlich zu den bestehenden Ausgangsbeschränkungen nötig sei, klärte er allerdings nicht auf, sondern verwies auf den Montag. Minister Anschober bestätigte die Klarstellung für Montag in einem Tweet. Zusatz: „Sorry für Verwirrung - Kritik verstanden.“
Kritik: „Vernaderung“, „verfassungswidrig“, „keine Grundlage“
Kritik hatte es etwa von FPÖ und NEOS gegeben. Der freiheitliche Klubchef Herbert Kickl sprach von einem „Aufruf zur Vernaderung“, die NEOS bezeichneten die Regelung als „schlicht verfassungswidrig“. Eine Auffassung, der auch Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk zustimmte: „Das geht zu weit“, sagte er, es gebe „keine gesetzliche Grundlage dafür“ - auch nicht das Epidemiegesetz, das sich lediglich auf öffentliche Veranstaltungen bezieht.
Auch von der SPÖ kam scharfe Kritik an dem Oster-Erlass. Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch nannte es „völlig inakzeptabel“, dass „als Dank für die bisherige Kooperationsbereitschaft der Bevölkerung Gesundheitsminister Anschober per Erlass der Polizei Zutritt zum Schnüffeln in Privathaushalten gewährt“. Für Deutsch zerstöre dieses Vorgehen „das Grundvertrauen der Menschen in die Maßnahmen zur Eindämmung der Virus-Ausbreitung. Es ist ein Eingriff in die Freiheitsrechte, der völlig überschießend ist und rechtlich mehr als fragwürdig“, schrieb er in einer Stellungnahme.
Kaiser weist auf Widersprüche zum Epidemiegesetz hin
Grundsätzlich gelte - unabhängig von jedem Erlass - nach wie vor „Abstand halten, persönliche Kontakte auf das absolut notwendigste Minimum zu reduzieren“, um eine Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern, betonte indessen der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ). Der Erlass des Bundes auf Basis des Epidemiegesetzes weise aber Widersprüche und Diskrepanzen auf, auf die jetzt auch Verfassungsrechtler Funk hinweise.
Beispielsweise gelte laut aktueller gesetzlicher Lage eine Beschränkung von 500 Personen bei Veranstaltungen unter freiem Himmel. Demgegenüber stehe der Erlass, wonach zum Beispiel bei Hochzeiten oder Begräbnissen weit weniger Personen anwesend sein dürfen (fünf bzw. zehn). Einwendungen, auch die von ihm geäußerte Sorge über die „sehr schnell und ohne ausreichende Einbindung von Experten oder der Opposition getroffenen Einschränkungen von persönlichen Freiheiten“, seien abgetan worden. Kaiser: „Zu hinterfragen ist auch, ob die Bezirkshauptmannschaften ernsthaft die Polizei anweisen sollen, in Privathäusern zu kontrollieren, wie die Osterjause konsumiert wird.“
„Sicher keine Wohnungsdurchsuchungen“ in Niederösterreich
Vom Land Niederösterreich war mit Blick auf etwaige Polizeieinsätze wegen des Oster-Erlasses zu erfahren: „Der Erlass des Gesundheitsministeriums wird per Verordnung durch die Bezirkhauptmannschaften umgesetzt.“ Es werde aber „sicher keine Wohnungsdurchsuchungen durch die Beamten der Bezirkshauptmannschaften“ geben. „Etwaige Anzeigen werden von den Polizeibehörden verfolgt.“
Keine Kritik aus der Steiermark
In der Steiermark gibt es keine Kritik am Oster-Erlass. Aus dem Büro von Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) hieß es am Samstag auf Anfrage der APA: „Der Erlass des Gesundheitsministeriums ist eingelangt und wird umgesetzt.“ Es gebe rechtlich hier auch keinen Spielraum für die Länder, hieß es.
Tirol sieht andere Situation durch Quarantäne-Verordnung
Die Tiroler Landesregierung wiederum sieht in Sachen Oster-Erlass eine andere Ausgangslage als für die anderen Bundesländer. Familien- oder andere Osterfeiern, bei denen Personen zusammenkommen, die nicht im selben Haushalt leben, seien durch die Quarantäne-Verordnung für sämtliche 279 Tiroler Gemeinden von vornherein untersagt.
„Die Quarantäne-Verordnung sieht vor, dass man ohnehin zu Hause bleiben muss“, erklärte ein Sprecher der Landesregierung nach Rücksprache mit den Juristen im Haus. Die Ausgangssituation sei deshalb nicht vergleichbar. Eine private Feier, an der nicht im selben Haushalt lebende Personen teilnehmen, falle nicht unter die als „triftige Gründe“ genannten Ausnahmen, wie etwa der Weg zur und von der Arbeit.
Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) hatte in einer Radiorede am Samstag die Tiroler darauf hingewiesen, dass „es leider nicht möglich sein wird, Ostern so zu feiern, wie wir es gewohnt sind. Osterbräuche, Osterandachten und Familienfeiern können heuer nur im kleinen Rahmen stattfinden, damit wir uns und unsere Lieben schützen.“
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