FPÖ mahnt Kanzler

Kurz über EU-Hilfsfonds: „Start für Verhandlungen“

Politik
27.05.2020 17:00

Die EU-Kommission schlägt im Kampf gegen die Corona-Krise einen Wiederaufbaufonds in Höhe von 750 Milliarden Euro (500 als Zuschüsse, 250 als Kredite). Ein Vorschlag eher zugunsten der Merkel-Macron-Achse und gegen die Vorstellungen der „sparsamen Vier“, zu denen auch Österreich gehört. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sieht den Vorschlag allerdings erst als „Startpunkt für die Verhandlungen“. Die Reaktionen der heimischen Parteien über den EU-Vorschlag gehen auseinander. Während ihn SPÖ, Grüne und NEOS durchwegs positiv bewerten, fordert die FPÖ vom Kanzler Garantien gegen „Geldgeschenke“ Österreichs an andere EU-Staaten. 

Laut Kurz liege der Vorschlag der EU-Kommission nun als Verhandlungsbasis vor. Positiv anzumerken sei, dass die Zahlungen aus dem Wiederaufbaufonds zeitlich befristet sein sollen und sichergestellt sei, dass es dadurch keinen Einstieg in eine dauerhafte Schuldenunion gebe. Der Kanzler zur „Krone“: „Was noch verhandelt werden muss, das ist die Höhe sowie das Verhältnis zwischen Zuschüssen und Krediten.“ 

„Verantwortung gegenüber unseren Steuerzahlern“
Es sei naheliegend, dass die Südländer möglichst viel einfordern, dass die Visegrad-Staaten darauf schauen, dass Geld auch in den Osten Europas fließe. „Genauso gibt es die Länder, die zahlen müssen, wie die Niederlande, die Schweden, die Dänen und wir. Wir sprechen uns daher aus Verantwortung gegenüber unseren Steuerzahlern klar für Kredite aus“, so Kurz.

Kurz im Fernduell mit Merkel und Macron
Zur Erinnerung: Nach den Vorstellungen der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron sollen für den Wiederaufbau der europäischen Wirtschaft 500 Milliarden Euro zusätzlich in Form von Zuschüssen zur Verfügung gestellt werden. Österreich präsentierte am Wochenende gemeinsam mit Schweden, Dänemark und den Niederlanden - den sogenannten sparsamen Vier - einen Gegenentwurf zu dem deutsch-französischen Vorschlag, in dem zeitlich befristete und an Konditionalitäten gebundene Notkredite gefordert werden, ohne eine Summe zu nennen.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (Bild: AP)
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel

Kickl: „Vorschlag läuft auf Vernichtung österreichischen Vermögens hinaus“
FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl setzt den Kanzler bereits unter Druck: „Es darf keine faulen Kompromisse zulasten der Österreicher geben. Ich verlange vom Kanzler daher eine Garantieerklärung, dass die österreichische Regierung keiner Lösung zustimmt, in der Zuschüsse aus österreichischem Steuergeld enthalten sind.“ Die EU-Kommission plane unter dem Deckmantel des Coronavirus „die milliardenschwere Umverteilung von Steuergeld“, kritisiert Kickl am Mittwoch in einer Aussendung.

Herbert Kickl will an die Spitze der FPÖ. (Bild: APA/Hans Punz)
Herbert Kickl will an die Spitze der FPÖ.

Die EU wolle von den 750 Milliarden Euro aus dem Aufbaufonds 500 Milliarden Euro als nicht-rückzahlbare Zuschüsse vergeben, vor allem an Spanien und Italien. Dieser Vorschlag laufe auf eine Vergemeinschaftung der Schulden und eine Vernichtung österreichischen Vermögens hinaus.

Kogler will größeren Aufbaufonds als Merkel/Macron
Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) bezeichnet den EU-Vorschlag als „ersten Schritt“. Er hält angesichts der Corona-Krise einen EU-Aufbaufonds für notwendig, der an Größe den von Merkel und Macron vorgeschlagenen allerdings übersteigt. „Wir brauchen einen gemeinsamen Erholungs- und Krisenfestigkeitsplan, dessen Hauptantriebskraft von öffentlichen Investitionen kommt“, schreibt Kogler in einem am Mittwoch verbreiteten Brief an die Fraktion der Grünen im EU-Parlament. Damit dieser Vorschlag Erfolg habe, müsse er „solidarisch finanziert und zurückgezahlt“ werden, „um die Staatsverschuldung einzelner Mitgliedstaaten nicht zu verschlechtern“.

ÖVP: „Gute Grundlage für bevorstehende Verhandlungen“
Dass es bei dem Kommissionsentwurf um eine gute Grundlage für die bevorstehenden Verhandlungen unter den EU-Mitgliedsstaaten und mit dem EU-Parlament handelt, darin sind sich die Leiterin der ÖVP-EU-Delegation Angelika Winzig und der ÖVP-EU-Abgeordnete Othmar Karas einig. Winzig hob hervor, dass die Gelder über die Programme des mehrjährigen EU-Budgets fließen sollen.

SPÖ: „Wiederaufbaufonds gut ausgestattet“
SPÖ-EU-Delegationsleiter Andreas Schieder begrüßt, dass die EU erstmals gemeinsame Anleihen aufnimmt, fordert jedoch noch mehr. „Mit 750 Milliarden Euro ist der Wiederaufbaufonds für den Anfang gut ausgestattet, auch wenn es schlussendlich mehr Mittel brauchen wird“, so Schieder.

Grüne: „Wichtiger Schritt nach vorne“
Monika Vana, EU-Delegationsleiterin der Grünen, sieht die von der EU-Kommission geplanten Zuschüsse als einen „wichtigen Schritt nach vorne“ an und fordert die Bindung der Aufbauhilfen an den Green Deal und Rechtsstaatlichkeit. Auch die Finanzierung des Aufbauprogramms über EU-Eigenmittel bewertet Vana als positiv.

NEOS: „Nicht von ,geizigen Vier‘ unter Druck setzen“
Die NEOS-EU-Abgeordnete Claudia Gamon begrüßte, dass sich die EU-Kommission „nicht von den ,geizigen Vier‘ (Österreich, Dänemark, Schweden und den Niederlanden, Anm.) unter Druck setzen lassen“ habe. Den deutsch-französischen Vorschlag mit Zuschüssen in Höhe von 500 Milliarden Euro sei das Minimum gewesen, das EU-Parlament habe „deutlich höhere Mittel“ gefordert. „Der Kompromiss scheint zu sein, als weitere Aufstockung Kredite anzubieten", kommentiert die EU-Abgeordnete.

Vilimsky: „Doppelter Tabubruch“
FPÖ-EU-Delegationsleiter Harald Vilimsky nennt den Vorschlag hingegen einen „doppelten Tabubruch“, da einerseits „erstmals gemeinsame Schulden aufgenommen“ und andererseits „dauerhaft EU-Steuern eingeführt“ werden sollen. Seiner Ansicht nach wird die „Corona-Krise instrumentalisiert, um schon lange vor Corona gehegte Wünsche der Brüssel-Zentralisten umzusetzen und so die EU-Verteilungsbürokratie zu stärken“.

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