Das Thema Digitalisierung in der Schule beschäftigt angesichts der Corona-Krise viele Menschen - Schüler, Eltern und Lehrer zugleich - im Land: Nach Ansicht von Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) ist Österreich im europaweiten Vergleich beim Distance Learning, also beim Fernunterricht „sehr gut unterwegs“. SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid attestierte Faßmann daraufhin am Dienstag „Realitätsverweigerung“, der Minister lenke von seiner Untätigkeit in Sachen Digitalisierung ab, so die SPÖ-Kritik.
Die Bildungsminister der 27 EU-Mitgliedern befassten sich am Dienstagnachmittag mit den Lehren, die aus der Umsetzung des digitalen Lernens und Lehrens während der Corona-Krise gezogen werden können.
Wichtiger Austausch mit anderen EU-Ländern
Faßmann ist der Austausch mit den anderen EU-Ländern wichtig. „So sehen wir, ob die europaweite Infektionslage in den Schulen wieder zunimmt und wie sich die anderen Länder auf einen Regelbetrieb im Herbst bzw. eine potenzielle zweite Welle vorbereiten“, erklärte er. Für Österreich geht der Bildungsminister weiter davon aus, dass die Infektionslage im September es erlauben werde, das neue Schuljahr wieder im Normalbetrieb aufzunehmen.
Österreich gehöre laut dem Bildungsminister mit dem kürzlich präsentierten „8-Punkte-Plan für den digitalen Unterricht“ zu jenen EU-Ländern, die die Anstrengungen im Bereich der Digitalisierung „massiv verstärken“, wie er mitteilte. Der vergangene Woche von Kanzler Sebastian Kurz und Faßmann vorgestellte Plan zur „Digitalisierung in der Schule“ beinhaltet unter anderem die Ausstattung der Schüler der fünften Schulstufe mit Tablets oder Laptops sowie die Programmierung des Portals „Digitale Schule“, in das die unterschiedlichen Anwendungen für digitale Klassenbücher, Notenverwaltungen und Mitteilungshefte integriert werden sollen.
Hammerschmid: Sicher nicht „sehr gut unterwegs“
Wenig Grund zum Eigenlob des Ministers in Sachen Digitalisierung und Distance Learning sieht indessen SPÖ-Bildungssprecherin Hammerschmid. Sie kritisierte Faßmann für „sein Ablenkungsmanöver von den Missständen bei der Digitalisierung in den österreichischen Schulen“.
Hammerschmid stößt sich vor allem daran, dass Faßmann den 8-Punkte-Plan der Regierung für den digitalen Unterricht als „ein Vorzeigebeispiel im internationalen Vergleich“ darstelle. Sie erinnerte in diesem Zusammenhang erneut daran, dass bereits in ihrer Zeit als Bildungsministerin ein Digitalisierungskonzept („Schule 4.0“) im Jänner 2017 „fix und fertig“ gewesen sei, ihr ÖVP-Nachfolger dieses Projekt aber 2018 „gestoppt und jahrelang einfach nichts gemacht“ habe.
Die Rechnung hätten besonders in den Corona-Monaten die Schüler, Lehrer und Eltern bezahlt, „die mit dem Home Schooling alleingelassen wurden“, so Hammerschmid, die zur Untermauerung ihrer Kritik eine Umfrage der Uni Wien zitiert, wonach zwei Drittel der Lehrer und Schüler mit der Situation im Home Schooling überfordert waren. 16 Prozent der Zehn- bis 19-Jährigen hatten zudem kein eigenes Endgerät. Rund zwei Drittel der Lehrer würden sich nun wegen eines Leistungsrückfalls von benachteiligten Schülern sorgen.
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