Nachdem die Befragung von ÖVP-Chef und Bundeskanzler Sebastian Kurz am Mittwoch wenig ergiebig war, war am Donnerstag unter anderem seine Nummer zwei als Auskunftsperson geladen. Der frühere Regierungskoordinator und jetzige Finanzminister Gernot Blümel hatte allerdings mit zahlreichen Erinnerungslücken zu kämpfen. Die U-Ausschuss-Fraktionen mit Ausnahme der ÖVP ortete in ihm einen Mitwisser: „Wir wissen, dass Dinge über Blümels Tisch gelaufen sind.“ Übrigens: So emotional wie am Donnerstag ist es bislang nicht zugegangen. Gleich zu Beginn gab es einen ersten Konflikt zwischen Blümel und dem FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker. Letzterer hatte nämlich eingangs das Praktikum von Blümels Schwester im Bundeskriminalamt thematisiert. Der Minister forderte daraufhin: „Lassen Sie meine kleine Schwester aus dem Spiel.“
Allgemein gehalten begann Blümels Befragung durch die Verfahrensrichterin Ilse Huber. Mit der Vorstandsbestellung bei den Casinos Austria habe er wiederum nichts zu tun gehabt, beteuerte der Finanzminister: „Die Bestellung des Vorstandes ist Sache des Aufsichtsrates und ist daher nicht in meine Zuständigkeit gefallen.“ Sein Engagement in parteinahen Vereinen bestätigte er, darunter Pro Patria und Modern Society, die im Visier der Wiener U-Kommission waren.
Lassen sie meine kleine Schwester aus dem Spiel, sie kann nichts dafür, dass ihr großer Bruder in die Politik gegangen ist.
Finanzminister Gernot Blümel gegen FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker
Emotional war es gleich zu Beginn von Blümels Auftritt geworden. Er nutzte sein Eingangsstatement lediglich dazu, FPÖ-Fraktionsführer Hafenecker maßzuregeln. Dieser hatte zuvor vor Journalisten thematisiert, dass Blümels Schwester seit März ein Praktikum im Bundeskriminalamt absolviere - und zwar Tür an Tür mit der SoKo Ibiza. Blümel in Richtung Hafenecker: „Lassen sie meine kleine Schwester aus dem Spiel, sie kann nichts dafür, dass ihr großer Bruder in die Politik gegangen ist.“ Während der Befragung hatte der Finanzminister immer wieder mit erheblichen Erinnerungslücken zu kämpfen.
Emotionen kochen hoch
Und auch bei den Fraktionsführern liegen die Nerven teilweise blank. So twitterte Ex-Politiker und Blogger („ZackZack“) Peter Pilz, Stephanie Krisper (NEOS) habe vergessen, ihr Mikrofon abzudrehen. Mit „Die geht ma am Oasch!“ dürfte Krisper die Verfahrensrichterin gemeint haben, so Pilz: „Ihr Ärger ist verständlich. Aber #Sobotka und #Huber machen unbeeindruckt weiter.“ Auch andere Beobachter vor Ort teilen diese Einschätzung.
„Gewisse Dinge sind bei Blümel über den Tisch gelaufen“
Nina Tomaselli, Fraktionsführerin der Grünen, hatte eingangs gesagt, die dominierende Frage sei „Können sich Reiche Gesetze kaufen?“. Damit werde man Blümel konfrontieren. „Der Unterschied zwischen Kurz und Blümel ist einmal die Aktenlage. Wir wissen, dass gewisse Dinge bei Gernot Blümel über den Tisch gelaufen sind.“ Der war damals Regierungskoordinator und Bundesminister im Bundeskanzleramt für EU, Kunst, Kultur und Medien.
Wir wissen, dass gewisse Dinge bei Gernot Blümel über den Tisch gelaufen sind.
Nina Tomaselli, Fraktionsführerin der Grünen im Ibiza-U-Ausschuss
FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker hatte betont, man werde außerdem die Schredder-Affäre sowie die Kommunikationspraxis des Kanzlers und der Bundesregierung aufs Tableau bringen. Zudem soll das Praktikum von Blümels Schwester bei der Abteilung für organisierte Kriminalität im Bundeskriminalamt thematisiert werden - was nach dem emotionalen Auftakt von der Verfahrensrichterin später abgelehnt wurde.
ÖVP-Fraktionsführer Wolfgang Gerstl interpretierte die Befragung des Kanzlers als Erfolg: „Das Fundament der Opposition ist zusammengebrochen. Kurz hat klargemacht, dass nicht er, sondern Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus auf Ibiza waren. Alle Aktionen wurden von dort aus gestartet.“
SPÖ sieht „Deal zwischen ÖVP und Novomatic“
Die Eingangsstatements schloss SPÖ-Mann Jan Krainer ab. Er zeigte sich überzeugt, dass es „einen Deal zwischen der ÖVP und Novomatic“ gegeben habe: „Die haben einander gebraucht. Wir wissen aus den Akten, dass es hier sehr enge Verbindungen gegeben hat.“ Zudem will Krainer den ÖVP-Finanzminister fragen, ob er „auch alle seine SMS und E-Mails geschreddert hat, weil er uns nichts übergeben hat“. Die Erinnerungslücken des Kanzlers nahm Krainer mit Humor: „Kurz hat 29-mal gesagt, er kann sich nicht erinnern. Ich bin gespannt, ob Blümel das schlägt.“
Kurz hat 29-mal gesagt, er kann sich nicht erinnern. Ich bin gespannt, ob Blümel das schlägt.
SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer
Vertrauensperson des Kanzlers
Blümels Naheverhältnis zum Kanzler ist kein Geheimnis. Die beiden traten etwa zum selben Zeitpunkt der Jungen ÖVP bei und starteten dort ihre politischen Karrieren. Mit Michael Spindelegger hatten sie auch denselben Förderer. Der erklärte Pragmatiker Blümel genießt das Vertrauen von Kurz und scheut auch den Konflikt nicht.
Prominente ÖVP-nahe Zeugen
Nach Blümel sollen weitere, prominente ÖVP-nahe Vertreter der Casinos Austria Auskunft geben. So etwa der in der Causa beschuldigte Aufsichtsratschef Walter Rothensteiner. Ihm folgt Casinos-Generaldirektorin Bettina Glatz-Kremsner. Kurz selbst hatte vor dem U-Ausschuss zu den Postenschacher-Vorwürfen „wenig beitragen können“, in Sachen Parteispenden fehlte ihm oftmals die Erinnerung.
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