Die erste Wahl in der Corona-Krise ist geschlagen. Die Hygienemaßnahmen wurden weitgehend eingehalten, die Wahlbeteiligung ging dennoch um zehn Prozentpunkte zurück. Große Sieger waren in den meisten Fällen die amtierenden Bürgermeister - ihnen hat die Verschiebung durch die Pandemie nicht geschadet. Und auch Gemeindefusionen und Flüchtlingskrise spielten im Gegensatz zu 2015 keine Rolle mehr.
Bereits im Vorfeld vertraten Experten wie der Grazer Politik-Wissenschafter Heinz Wassermann die Ansicht, dass sich die meisten Bürgermeister in Corona-Zeiten als lokale Krisenmanager profilieren konnten. Zudem wurde der im März unterbrochene Wahlkampf nur spärlich wieder aufgenommen, das half den Herausforderern ebenso nicht.
So verwundern die Ergebnisse von Sonntag kaum: Es gab nur wenige „Umstürze“ (etwa in Mariazell oder Eisenerz), meistens gehen die Amtsinhaber gestärkt aus der Wahl hervor. So kann die SPÖ zufrieden sein mit den Ergebnissen in den obersteirischen (Industrie-)Städten, die traditionell rote Hochburgen sind, zuletzt aber bröckelten. In Bruck an der Mur wurde die absolute Mehrheit zurückerobert, in Kapfenberg und Knittelfeld kräftig ausgebaut, in Leoben trotz heftiger Angriffe der Opposition gerettet. In Weiz gab es gar einen Erdrutschsieg für die Sozialdemokraten, auch in Voitsberg legten sie zu. Auch in den ländlichen Kommunen feierten viele Ortschefs fulminante Erfolge.
Gemeindefusionen kaum Thema
Was ebenso eine nicht unbedeutende Rolle spielt: Die umstrittenen Gemeindefusionen, die den Wahlkampf 2015 beherrschten, spielten diesmal so gut wie keine Rolle mehr (von einzelnen Ausnahmen wie die Gemeinde Feistritztal abgesehen). Wie OGM-Chef Wolfgang Bachmayer meint, hatten sich damals die rot-schwarzen „Reformpartner“ Franz Voves und Hermann Schützenhöfer den „Unmut“ der eigenen Funktionäre mit den Gemeindezusammenlegungen zugezogen. Diese waren gewissermaßen ein „Verlustprogramm für die beiden Bürgermeister-Hauptparteien“.
Zudem waren 2015 die ersten „Vorboten der Flüchtlingswelle“ zu spüren. Beides wurde von der FPÖ thematisiert, was dazu geführt habe, dass Rot-Schwarz „deutlich“ verloren und die Freiheitlichen sich damals verdoppelt hatten, so Bachmayer: Am Wahlsonntag sei das Pendel nun wieder zurückgeschwungen. Zudem blase der FPÖ derzeit nicht nur im Bundestrend heftiger Gegenwind ins Gesicht.
FPÖ profitiert nicht von Corona-Frust
Auch Polit-Berater Thomas Hofer hat das Ergebnis der Freiheitlichen angesichts der gesamten Umstände erwartet. Zudem habe sich gezeigt, dass die FPÖ von Enttäuschung und Frust des Corona-Shutdown „ganz sicher nicht“ profitieren habe können. Bei der SPÖ ortete Hofer „Licht und Schatten“. Es sei noch nicht allzu lange her, da ist die SPÖ bei den Gemeinderatswahlen in der Steiermark mit der ÖVP beinahe gleich aufgelegen. Davon sei man nun weit entfernt.
In der Steiermark ortet Hofer bei den Roten zudem ein „eklatantes Führungsproblem“, es fehle einfach eine Persönlichkeit wie der ehemalige Landeshauptmann Voves. „Es ist im Apparat nicht dieser Zug drinnen, der notwendig wäre“, konstatierte Hofer.
Wird auch Wien-Wahl verschoben?
Beide Experten führten die um rund zehn Prozentpunkte eingebrochene Wahlbeteiligung auf die Corona-Pandemie zurück. Offenbar sei es nicht gelungen, den Menschen die Angst zu nehmen. Jedenfalls sei dies ein „Warnsignal“ für die bevorstehende Wien-Wahl im Oktober. Hofer erwartet diesbezüglich Diskussionen, was man tun könne, um die Stimmabgabe zu erleichtern. Jedenfalls werde in Wien auch die Briefwahl verstärkt wahrgenommen werden. Bachmayer hält auch eine Diskussion über eine etwaige Verschiebung des Urnengangs nicht für ausgeschlossen, sollte es zu einer zweiten Welle kommen.
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