Im Kampf gegen eine Ausbreitung von Parallelgesellschaften in Österreich hat Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) einen Fünf-Punkte-Plan präsentiert. Österreich habe noch die Chance, Zustände wie in Großbritannien und Frankreich zu verhindern, sagte sie am Freitag. Erster Schritt soll nach den Demo-Unruhen in Wien-Favoriten ein Gipfel mit türkischen und kurdischen Vereinen sein. Im Video oben sehen Sie Raabs Auftritt im „Krone“-Studio nach den Demos in Favoriten.
Zwar fielen die Demos nur zufällig mit den geplanten Maßnahmen gegen Parallelgesellschaften zusammen, betonte die Ministerin. Allerdings bildeten sie die Spitze eines Eisbergs. „Man sieht, wie weit sich Parallelgesellschaften schon ausgebreitet haben“, kommentierte die Ministerin die Zusammenstöße. Aus diesem Grund gelte es nun, die Probleme anzusprechen und im Schulterschluss von Bund, Ländern und Kommunen zu lösen.
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) machte unlängst im „Krone“-Studio klar, dass Szenen, wie bei den Demos in Favoriten, „keinen Platz in Wien haben dürfen“ und hält nach einer „Prüfung des Verfassungsschutzes“, sogar ein Verbot von manchen türkischen Vereinen für möglich.
Das ist Raabs Fünf-Punkte-Plan im Kampf gegen Parallelgesellschaften:
„Österreich kein Austragungsort für derartige Konflikte“
Bei dem Vereinsgipfel, der in den kommenden zwei Wochen im Bundeskanzleramt stattfindet, soll laut Raab den Gruppierungen auf jeder Seite klargemacht werden, dass Österreich kein Austragungsort für derartige Konflikte sei. Auch Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) soll dabei anwesend sein. Es gelte dabei auch, den Akteuren den „normativen Anspruch der Republik“ klarzumachen.
Raab, die seit Dienstagnacht wegen Morddrohungen türkischer Nationalisten unter Personenschutz steht, will vor allem türkische Vereine in Österreich, die möglicherweise aus der Türkei gesteuert werden und für die Verbreitung von Propaganda hierzulande verantwortlich sein könnten, in Zukunft „genau ins Visier nehmen“.
Wie entwickeln sich Parallelgesellschaften in Österreich?
Nächster Schritt im Fünf-Punkte-Plan der Ministerin soll die Etablierung der Dokumentationsstelle für den politischen Islam sein. Dies werde noch über den Sommer geschehen, so Raab. Zudem will die Regierung einen jährlichen Überblick erstellen, wie sich Parallelgesellschaften in Österreich entwickeln. Der Fokus dieses „Frühwarnsystems“ liege dabei auf nationalistischen und religiösen Ideologien.
Raab: „Man muss bei der Bildung ansetzen“
Nicht zuletzt setzt Raab auf Werte- und Deutschkurse für bestimmte Gruppen. Jugendliche sollen zudem von der Polizei geschult werden. Für wen diese Maßnahmen genau gelten und wie verbindlich diese sein sollen, ließ sie noch offen. Klar sei, dass man bei der Bildung ansetzen müsse, betonte Raab. Als Untermauerung der Maßnahmen dient der Ministerin eine Studie, die ebenfalls lange vor den Vorfällen in Wien-Favoriten in Auftrag gegeben wurde.
„Österreich steht noch relativ gut da“
Auch Susanne Schröter, die den Forschungsbericht für das Integrationsministerium verfasst hat, räumte ein, dass Österreich im Vergleich mit anderen europäischen Staaten noch relativ gut dastehe, was die Bildung von Parallelgesellschaften betrifft. Diese seien - im Gegensatz zu parallelen Strukturen - immer von mehreren Faktoren gleichzeitig bestimmt, wie etwa dem Rückzug in die eigene Migranten-Community und sozialer Abschottung.
Türkischer Botschafter wettert gegen Bundesregierung
Auf diplomatischer Ebene ist die Beziehung zwischen der Türkei und Österreich derzeit angespannt. Hintergrund ist ein Ende Mai aufgetauchtes Video, in dem der türkische Botschafter in Österreich, Ozan Ceyhun, bei einer Veranstaltung über das Weihnachtsfest sagt: „Die gehen in egoistischer Manier, ziehen sich in ihre vier Wände zurück und verteilen keine Geschenke, wie wir das tun.“ Daraufhin ließ Raab das Kultusamt die Veranstaltung prüfen.
Dieses kam in seinem am Mittwoch veröffentlichten Bericht zu dem Schluss, dass die Aussagen des Botschafters „gesellschaftspolitisch spaltend“ seien. Am Donnerstag zeigte sich Ceyhun über die Kritik der Bundesregierung an seinen angeblich christenfeindlichen Aussagen verletzt. „Das hat mich beleidigt. In der Türkei würde niemand so mit einem österreichischen Botschafter umgehen“, kritisierte er.
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