Die Ziehharmonika, so bezeichnet Kanzler Sebastian Kurz die wellenförmige Ausbreitung des neuartigen Coronavirus, hat sich also erneut ausgedehnt. Ab Freitag gilt in ganz Österreich wieder eine verschärfte Maskenpflicht. In Supermärkten, Banken und Postfilialen muss erneut Mund-Nasen-Schutz getragen werden. So will die türkis-grüne Regierung eine zweite Epidemie-Welle im Herbst verhindern. Die Meinungen über die Sinnhaftigkeit dieser gehen weit auseinander. Die Opposition ortet eine „Inszenierung statt evidenzbasierter Maßnahmen“.
Als „Maskerade“ bezeichnete FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz die geplante Ausweitung der Maskenpflicht. „Es ist kein einziger Cluster bekannt, der in einem Supermarkt seinen Ursprung hat. Bei einer Testung von Supermarkt-Mitarbeitern vor einigen Wochen gab es keinen einzigen positiven Fall“, betonte er schon am Montag. Klubobmann Herbert Kickl sprach von einer „reinen Schikane“.
Für die FPÖ wäre es wichtiger, wenn die Regierung sich mit der Reparatur des Schadens beschäftige, den sie „mit übersteigerten, wirren und teilweise völlig widersprüchlichen Maßnahmen“ angerichtet habe, erklärte Kickl. Sämtliche Versprechungen bezüglich Wirtschaft und Arbeitsmarkt seien nicht eingelöst worden. Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Arbeitslose würden „von einer außer Rand und Band geratenen Bürokratie drangsaliert“, so der blaue Klubobmann weiter.
NEOS: „Nicht durch wissenschaftliche Evidenz zu erklären“
Kritisch sah auch NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker eine erneute allgemeine Maskenpflicht: „Insbesondere die Wiedereinführung der Maskenpflicht in Supermärkten wäre nicht durch wissenschaftliche Evidenz zu erklären.“ „Jetzt bekommen ganze Bezirke ohne einen einzigen Covid-Fall neue Vorschriften. Beim viel beschworenen Ampel-System - das viele andere Länder längst eingeführt haben, das in Österreich aber offenbar monatelang dauert -, regionalen Maßnahmen oder einer bundesweiten, koordinierten Teststrategie geht aber nichts weiter. Stattdessen kommt wieder eine bundesweite Maskenpflicht unabhängig von den Infektionszahlen“, führte Loacker weiter aus.
SPÖ vermisst Gesamtkonzept
Die SPÖ begrüßt zwar die Verschärfung, hat doch Parteichefin Pamela Rendi-Wagner in den vergangenen Wochen immer wieder darauf gedrängt, doch vermisst sie ein stimmiges Gesamtkonzept. Für SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher sind die Österreicher „noch immer mit einem Fleckerlteppich und Stückwerk an verschiedenen Regeln konfrontiert“. Kucher plädierte für zentrale Vorgaben als Grundlage für lokale Entscheidungen in den Bundesländern. Außerdem sei ein schnelleres und umfassenderes Vorgehen bei den Testungen sowie eine rasche Rückverfolgung aller - auch asymptomatischer - Kontaktpersonen erforderlich. Dazu bräuchte es nach Ansicht der SPÖ eine zentrale Krisenkoordination.
Die Ärztekammer begrüßte die Wiedereinführung der Maskenpflicht in Supermärkten und anderen geschlossenen Räumen. Diese Maßnahme wäre in Anbetracht der Sorglosigkeit vieler Menschen und der damit verbundenen stetig steigenden Zahl an Infizierten „schon längst notwendig gewesen“, betonte Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres. Gerade in Supermärkten und ähnlichen Geschäften sei es oft sehr schwierig, einen entsprechenden Abstand zu den anderen Kunden einzuhalten. Zu rasch habe man sich nach den ersten Lockerungen an die wiedererlangte Freiheit gewöhnt. Die nun erfolgte Verschärfung der Maskenpflicht in geschlossenen Räumen sei "die einzig richtige Antwort“.
Die Österreichische Apothekerkammer appellierte an die Bevölkerung, diese Maßnahmen auch dringend einzuhalten. Das verpflichtende Tragen von Schutzmasken habe sich in den Apotheken bestens bewährt und zähle zu den wichtigsten Sicherheitsregeln, sagte Apothekerkammer-Vizepräsident Christian Wurstbauer am Dienstagnachmittag. „Apotheken waren und sind Orte der Sicherheit.“
Supermärkte haben „ausreichend Schutzmasken“
Die Lebensmittelketten Österreichs sind auf das Masken-Comeback jedenfalls gerüstet. „Wir sind auf die neuerliche Pflicht vorbereitet und haben ausreichend Mund-Nasen-Schutz lagernd“, sagte ein Sprecher des Handelskonzerns Rewe (u.a. Billa, Merkur, Penny) zur APA. Spar-Sprecherin Nicole Berkmann kündigte an, dass Kunden weiterhin gratis Schutzmasken ausgeteilt bekämen, sollten sie über keine eigenen verfügen. Man gehe aber davon aus, dass nur wenige Kunden eine Maske brauchen werden, da mittlerweile fast jeder eine eigene habe. „Am Ende der letzten Maskenpflicht brauchten nur noch zehn Prozent der Kunden eine Maske von uns“, so Berkmann.
Rainer Trefelik, Obmann der Bundessparte Handel der Wirtschaftskammer Österreich, sieht die Wiedereinführung der Maske als vernünftig, wenngleich er einräumte, dass sich die Freude in Grenzen halte. Die Beschäftigten müssten schließlich den Mund-Nasen-Schutz den ganzen Tag tragen, da sei „keiner glücklich“. Zumal ja damit auch Umsatz- und Freqzenzeinbußen einhergingen.
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