Der Kampf gegen Hochspannungsleitungen im Land erreicht die Hauptstadt Wien. Gut 600 Demonstranten zogen am Freitag durch die Innenstadt. Sie fordern ein Erdkabel.
Spannung liegt in der Luft. Nicht nur wegen des drohenden Gewitters über Wien, sondern auch wegen des Protests der gut 600 Freileitungs-Gegner, die sich vor dem Stephansdom versammeln. Meterhohe Strommasten ragen weit über die Köpfe hinaus, unter das elektrische Knistern der Installation mischen sich Trillerpfeifen, Kuhglocken und Protestrufe: „Legt die Leitung unter die Erde!“
Die Forderung der Demonstranten ist klar: Sie wollen einen Baustopp für die 380-kV-Leitung in Salzburg sowie 110-kV-Leitungen in Oberösterreich. Ihre Alternative zu den bis zu 86 Meter hohen Masten: Erdkabel. Dafür soll die Bundesregierung auch im Gesetz nachbessern. Die meisten „Fairkabler“, wie sie sich selbst nennen, kommen aus Salzburg.
Aufgrund eines neuen EuGH-Urteils wird der Bescheid für die Salzburgleitung sicher bald aufgehoben. Dann werden die Karten neu gemischt.
Wolfgang List, Rechtsanwalt
Alt und Jung gehen für Zukunft auf die Straße
„Die Leitung verläuft eineinhalb Kilometer bei meinem Haus vorbei. Der Bau gehört gestoppt, bis die Einsprüche bei den Gerichten geklärt sind“, fordert Wolfgang Hydeni aus Koppl. Darauf hofft auch die 16-jährige Sophie: „Wenn wir jetzt nichts unternehmen, wird unsere Zukunft zerstört. Noch können wir die Umwelt für unsere Nachkommen erhalten.“ Zu einem Baustopp könnte es bald kommen, erzählt Rechtsanwalt Wolfgang List, der mitmarschiert: „Aufgrund eines neuen EuGH-Urteils wird der Bescheid für die Salzburgleitung sicher bald aufgehoben. Dann werden die Karten neu gemischt.“
EuGH-Urteil schenkt den Fairkablern Hoffnung
Der Protestzug setzt sich über den Wiener Graben in Richtung Freyung in Bewegung und stoppt Am Hof. Vor der Zentrale der Verbund AG wird es minutenlang richtig laut. „800 Hektar Wald, das sind 800.000 Bäume, werden ohne Not einfach umgehauen“, ruft Organisator und Vereinsgründer Franz Fuchsberger ins Megafon.
Die Politik kann uns nicht länger übersehen.
Franz Fuchsberger, „Fairkabeln"-Gründer
Nach einer Schweigeminute, in der nur das Knistern von Hochspannungsleitungen aus den Boxen schallt, setzt sich der Protestzug noch einmal in Bewegung. Das Ziel: der Ballhausplatz. Dort endet der Protest mit einer Kundgebung. „Naturzerstörer!“, ruft ein als Sensenmann verkleideter Demonstrant in Richtung Hofburg. Von den Politikern ließ sich bei der Demo niemand blicken. Für die „Fairkabler“ dennoch ein Erfolg: „Die Politik kann uns nicht länger übersehen“, sagt Organisator Fuchsberger.
„Fairkabeln“-Chef Fuchsberger im Talk
Franz Fuchsberger ist Gründer von „Fairkabeln“ und hat sich dem Kampf gegen Freileitungen verschrieben und fordert Erdkabel. Im Interview erzählt er, worum es seiner Initiative geht.
„Krone“: Was wollen Sie mit Ihrem Protest erreichen?
Franz Fuchsberger: Wir wollen, dass die Bundespolitik sieht, wie ernst es den Leuten mit ihren Forderungen nach einem Erdkabel ist. Dann muss sich die Politik endlich damit beschäftigen.
Heute sind Erdkabel für alle Hochspannungsleitungen Stand der Technik.
Franz Fuchsberger, „Fairkabeln"-Gründer
Was ist Ihre Forderung?
Wir fordern einen Baustopp für Hochspannungsleitungen, solange noch Verfahren beim Höchstgericht anhängig sind und zwei EU-Vertragsverletzungsverfahren laufen. Zudem soll das veraltete Bundesstarkstromwege-Gesetz novelliert werden. Heute sind Erdkabel für alle Hochspannungsleitungen Stand der Technik.
Welche Gründe sprechen für ein Erdkabel?
Sie erhalten unser schönes Landschaftsbild, sind gegen gesundheitsschädliche elektrische und elektromagnetische Schilder abgeschirmt, und die Übertragungsverluste sind um mehr als 30 Prozent geringer.
Hilft Ihnen das aktuelle EuGH-Urteil ?
Wir sehen das als Präzedenzfall. Auch in Salzburg fehlt eine SUP (Sonderumweltprüfung, Anm.), wir rechnen schon bald mit einem Baustopp.
Magdalena Mistlberger, Kronen Zeitung
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