Der Richtungsstreit um die Themensetzung in der SPÖ hat wieder Fahrt aufgenommen. Nachdem der niederösterreichische SPÖ-Chef Franz Schnabl am Freitag gemeinsam mit Partei-Urgestein Hannes Androsch die Forderung Hans Peter Doskozils nach 1700 Euro Mindestlohn unterstützt hatte, baute sich am Samstag eine breite Front für die von Parteichefin Pamela Rendi-Wagner gewünschte Arbeitszeitverkürzung auf. Neben dem ÖGB, der Sozialistischen Jugend (SJ), dem Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser und der Bundesfrauenvorsitzenden Gabriele Heinisch-Hosek sprachen sich noch einige weitere aus der Partei für das „Zukunftsmodell“ der verkürzten Vollzeitarbeit aus - und auch Schnabl.
Die Frage, ob die Sozialdemokratie ihre Themensetzung eher in Richtung Arbeitszeitverkürzung oder höherer Mindestlohn ausrichten will, ist in erster Linie auch ein interner Machtkampf zwischen Rendi-Wagner und Doskozil. Am Samstag demonstrierte die Bundespartei mit einer Flut an Aussendungen Geschlossenheit. So stellten sich die Gewerkschaft, die Parteijugend und einige Spitzenfunktionäre hinter ihre Parteichefin und machten für das SPÖ-Modell der 4-Tage-Woche mobil.
Parteimitglieder für Doskozil-Vorschlag
Wir erinnern uns: Bei der Mitgliederbefragung um den Verbleib Rendi-Wagners an der Parteispitze stimmten 61,9 Prozent der SPÖ-Mitglieder dafür ab, dass ihnen der 1700-Euro-Mindestlohn „sehr wichtig“ sei. Die 4-Tage-Woche kam gerade einmal auf 33,1 Prozent, was Doskozil zu der Aussage veranlasste, dass er „sehr unglücklich“ mit der Diskussion sei. Er führte im Burgenland einen Nettomindestlohn in der Höhe von 1700 Euro für Landesbedienstete ein und möchte dieses Modell in ganz Österreich sehen.
„Arbeitszeitverkürzung höchst notwendig“
SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch stellte sich am Samstag hinter Rendi-Wagner und bekräftige die Forderung nach einer „freiwilligen, geförderten“ 4-Tage-Woche: „Es ist höchste Eisenbahn, dass Österreich hier in die Gänge kommt. Eine Arbeitszeitverkürzung ist höchst notwendig, um gut durch die Krise zu kommen.“ Allen „Nein-Sagern“ richtete er aus, dass sie sich erst einmal „das Papier richtig anschauen“ sollten. Auch ÖGB-Chef Wolfgang Katzian erinnerte daran, dass die letzte Arbeitszeitverkürzung schon 45 Jahre her sei.
Derzeit nur 65.000 offene Stellen
Für Heinisch-Hosek ist die verkürzte Arbeitszeit ein „Zukunftsmodell“. Gerade aus frauenpolitischer Sicht sei diese Debatte besonders wichtig, weil es für Eltern so leichter werde, Job und Familie zu vereinbaren. Paul Stich, Vorsitzender der SJ, erinnerte daran, dass es derzeit fast eine halbe Million Arbeitslose, aber nur rund 65.000 offene Stellen gebe. „Dass sich das nicht für alle ausgeht, ist auf den ersten Blick klar“, so Stich.
Kaiser: „Es braucht beides“
Kaiser stellt sich zwar ebenfalls hinter die 4-Tage-Woche, sagt aber auch: „In dieser Jahrhundertkrise schließen Mindestlohn und Arbeitszeitverkürzung einander nicht aus - es braucht beides“, so der Kärntner Landeshauptmann. Schließlich sei es das oberste Ziel, die Menschen in Beschäftigung zu bringen. Deshalb sei Rendi-Wagners Vorschlag einer 20-prozentigen Arbeitszeitverkürzung bei 10-prozentiger Lohnkürzung ein „sinnvolles Modell“.
Schnabl sprach sich am Samstag per Aussendung dann ebenfalls für eine Arbeitszeitverkürzung aus. Daran „führt kein Weg vorbei“, so der NÖ-SP-Chef, es sei allerdings eine „differenzierte Vorgangsweise notwendig“ und überhaupt ein „Blumenstrauß“ an Maßnahmen, um aus der Krise zu kommen.
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