Unter der Leitung von Moderator Paul Tesarek unterhielten sich in der ORF-Sendung am Sonntagvormittag fast nur zahme Leittiere in der gemütlichen "Elefantenrunde". Beim Thema Integration herrschte unter unter allen Vertretern Konsens, dass das Beherrschen der deutschen Sprache zentrale Voraussetzung für Integration sei. SPÖ-Bürgermeister Häupl konstatierte: "Deutsch ist die Kommunikation, die bei uns entsprechend notwendig ist." Zugleich könne man keine Obergrenzen von 25 Prozent für Volksschüler mit Migrationshintergrund in einer Klasse einziehen, wenn 49 Prozent der Kinder einen solchen hätten.
"Allein mit Freiwilligkeit werden wir hier nicht weiterkommen", votierte dagegen ÖVP-Spitzenkandidatin Christine Marek für Verpflichtungen im Integrationsbereich. "In einer deutschsprachigen Stadt wie Wien wird man wohl kaum beruflichen Erfolg haben, ohne die Sprache zu beherrschen", konzedierte auch Grünen-Frontfrau Maria Vassilakou. Zentral seien aber die Anerkennung von Berufsabschlüssen und "Sozialarbeit vor Ort in jedem größeren Gemeindebau".
Strache: "Kein Ausländerfeind - aber Feind der SPÖ-Politik"
"Ich bin kein Ausländerfeind - aber ich bin ein Feind der SPÖ-Politik in dieser Frage", zeigte sich FPÖ-Chef Strache angriffig. Der freiheitliche Spitzenkandidat verteidigte dabei seinen umstrittenen Wahlcomic "Sagen aus Wien" mit einem geschichtlichen "Bildungsauftrag": "Wir wollen, dass die Menschen sich an die Hausordnung in Wien halten."
In dieser Frage nahe bei der FPÖ präsentierte sich BZÖ-Frontmann Walter Sonnleitner mit der Formulierung: "Ich glaube, dass die Integrationspolitik gescheitert ist." Schließlich sei das Anerkennen der Kultur, Gebräuche und Sitten Integration - nicht nur das Beherrschen der Sprache.
Deutliche Unterschiede bei der Bildungspolitik
Noch klarer offenbarten sich die Bruchlinien zwischen den Parteien bei der Bildungspolitik. Die Neue Mittelschule als Ganztagesschulen samt Leistungsgruppen sei für ihn ein "Go-Go", wohingegen für Marek dies ein "No-Go" sei, so Häupl. "Wir brauchen Leistungs- Differenzierung", votierte Marek stattdessen gegen undifferenzierte Gesamtschulen. Die besten Chancen hätten Kinder bei einem durchlässigen System. Auch Strache äußerte sich ähnlich: "Gerade in Gymnasien haben wir im internationalen Vergleich Topqualität."
Den Grünen geht das System hingegen noch nicht weit genug. "Die Neue Mittelschule ist ein erster Schritt - aber es braucht viel mehr", forderte Vassilakou weitere Räumlichkeiten, mehr Lehrer und einen Schwerpunkt in Richtung Mehrsprachigkeit. Auch Sonnleitner sprach sich für die gemeinsame Schule der 10- bis 14- Jährigen aus, wobei das Gymnasium in einer Übergangsphase erhalten bleiben müsse.
Im Bereich der Wirtschaftspolitik verteidigte Häupl die Leistungen der vergangenen Jahre: "Ich lasse mir Wien jedenfalls nicht schlechtreden." Die Oppositionskräfte forderten allerdings trotzdem kürzere Betriebsgenehmigungszeiten, ein Absenken der Belastungen für kleinere und mittlere Unternehmen sowie die Förderung von Zukunftstechnologien - etwa durch den Bau neuer Stadtteile in Passivbauweise.
Koalitionspräferenzen wurden nicht geäußert
Auf die doppeldeutige Anspielung von Tesarek, welcher der jeweiligen Oppositionskandidaten mit Bürgermeister Häupl nach der Wahl eine politische "Homo-Ehe" oder eine Beziehung eingehen wolle, zeigten sich Marek und Vassilakou offener als Strache. Konsens bestand aber zwischen allen Oppositionsparteien bezüglich des Ziels, die absolute Mandatsmehrheit der SPÖ zu brechen. "Mir geht's darum, dass wir in dieser Stadt politisch etwas weiterbringen", so Marek, die ausschloss Strache zum Bürgermeister zu wählen.
"Ich habe nicht vor, den Herrn Bürgermeister zu heiraten - worum es mir geht ist, dass Grün regiert", votierte auch Vassilakou für eine Machtperspektive ihrer Partei. Es gehe um ein Ende der desaströsen roten Politik, umschiffte Strache die Koalitionsdebatte, der auch Häupl wenig abgewinnen konnte: "Für mich besteht überhaupt keine Notwendigkeit, vor einer Wahl über Koalitionen zu reden."
"Hexenkessel" bei ATV am Abend
Im Hauptabendprogramm wartete der Privatsender ATV dann mit einer von Haus aus mehr Spannung versprechenden Konstellation für seine "Elefantenrunde" auf. Je 450 Anhänger von SPÖ, ÖVP, Grünen und FPÖ - das nicht im Landtag vertretene BZÖ war nicht dabei - hatten sich in bunten Parteikostümierungen in der Wiener Stadthalle versammelt. Die Parteigänger waren dabei streng nach Blöcken gruppiert und verwandelten die Wahlarena erfolgreich in einen Hexenkessel - was auch die Spitzenkandidaten sichtlich befeuerte. Ungeachtet des halbstündigen Bemühens der Organisatoren im Vorfeld der Veranstaltung hielt sich keiner der Blöcke an die verordnete Ruhe während der Sendung. Im Nachteil war hier ein großer Teil des FPÖ-Blocks, der unter dem Schwenkarm des Kamerakrans saß und deshalb nicht aufstehen durfte, wollte man sich keine blutige Nase holen.
Sichtlich wohl in der aufgeheizten Atmosphäre fühlte sich Grünen-Frontfrau Vassilakou, die mit Bonmots aufwartete. FPÖ-Chef Strache hingegen drohte kurzzeitig, die Runde zu verlassen, weil er zur Bildungspolitik zunächst nicht Stellung beziehen durfte. Moderat im Spiel mit der Menge zeigte sich ÖVP-Frontfrau Marek, während sich im Vergleich zu manch anderer Diskussionsrunde SPÖ-Bürgermeister Häupl aus der Reserve locken ließ.
"Blutige" Umschreibungen
"Für einzelne regionale Ereignisse kann man Grätzelbefragungen durchführen, was ich durchaus befürworte", ließ Häupl im Bezug auf islamische Zentren aufhorchen. Strache zeigte sich indessen religiös tolerant: Die Moschee samt Minarett am Hubertusdamm in Floridsdorf sei kein Problem, sondern als klares Zeichen für die Mitarbeiter der UNO-City geschaffen worden. Vassilakou votierte für eigenständige Aufenthaltspapiere für Frauen: "Nicht, dass man ihnen das Kopftuch vom Kopf herunterreißt und vorgaukelt, das wäre Emanzipation." Jemand, der vollverschleiert sei, habe kein Gesicht in der Gesellschaft, plädierte dagegen Marek für ein Burkaverbot.
Blutig die Definition der Diskutanten, was für sie einen echten Wiener ausmache. "Das Wiener Blut - die tollste Melange von allen", beschied Vassilakou. Bluttriefend auch Mareks Antwort "Das Herzblut" - wohingegen Häupl mit der Antwort "eine böhmische und eine jüdische Großmutter" das Blut der Vorfahren als Beweis heranzog. "Das Wiener Blut ist die Lebensfreude des Wieners", replizierte Strache auf seinen bekannten Wahlslogan.
Breite Themenauswahl von Hundstrümmerl bis Verkehr
Im Gegensatz zur ORF-Sendung brachte der Privatsender eine breitere Auswahl an Themen ins Gespräch. Auch für das heiße Thema Hundstrümmerl hatten die Kandidaten unterschiedliche Vorschläge. Häupl ging davon aus, mit den Waste-Watchern dem Problem Herr werden zu können. "Ich glaube, dass es darum geht, nicht die Strafe zu erhöhen, sondern die Kontrollen zu verstärken", warb Marek für eine einheitliche Stadtwache. "Man soll doch bitte nicht immer die Hundebesitzer kriminalisieren", schlug sich Strache auf die Seite der Halter, während Vassilakou verpflichtende Welpenkurse anpries: "Wenn das dann immer noch nicht funktioniert, dann schau'n ma weiter."
Beim Verkehr zeigten sich Häupl und Marek als Autofreunde. "Ich bin dagegen, dass man den Leuten gesetzlich vorschreibt, wer ein Auto kaufen darf", beschied Häupl - "Ich glaube, dass es ein Recht ist, mit dem Auto fahren zu dürfen", Marek. Strache votierte stattdessen gegen die Einpendler von auswärts: "Jeder Wiener soll überall in Wien parken dürfen und die Pendler eben nicht." Vassilakou hingegen sprach sich für die Ausweitung des Parkpickerls über den Gürtel hinaus und den Öffiausbau aus.
Häupl stellt Strache die Frühpension in Aussicht
Persönlicher wurde es dann am Ende zwischen den beiden Duellanten Häupl und Strache. Auf Straches Nebenbemerkung, dass der SPÖ-Chef die Bildungspolitik in "Weinseligkeit" bisweilen vernachlässige,ich der politischen Zukunft gelte jedenfalls eines, verwehrte sich Häupl gegen den Vorwurf der Amtsmüdigkeit: "Herr Strache, Sie gehen eher in die Frühpension als ich in die Pension."
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