Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) schießt weiterhin scharf gegen die Stadt Wien. Drei Tage vor der dortigen Wahl bezeichnet Nehammer die Verantwortlichen für das Corona-Krisenmanagement als „wenig kooperationsbereit“ und kritisiert, dass Wien am Donnerstag „nicht einmal mehr an der Sitzung des staatlichen Krisenstabes der Bundesregierung und der Bundesländer teilgenommen“ habe. Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) bezeichnet das Innenministerium mittlerweile als „Propagandaministerium“. Die Zahl der Infizierten steigt inzwischen weiter, erreichte sogar einen neuen Höchststand.
„Wir hoffen, dass die Stadt Wien zumindest nach der Wien-Wahl unsere Hilfe annimmt und die parteipolitischen Manöver aus der Corona-Krise rausgehalten werden. Wahltaktische Gründe haben in der Krisenbewältigung keinen Platz. Es ist fünf nach zwölf“, gab sich der Innenminister am Donnerstag in einem Statement gegenüber der „Krone“ angriffig und hilfsbereit zugleich. „Es ist eine sehr ernste Lage derzeit bundesweit und insbesondere in der Stadt Wien. Wir haben immer Hilfe angeboten - einerseits durch Unterstützung beim Contact Tracing, andererseits durch Hilfe bei der Kontrolle von Quarantäne-Maßnahmen“, so Nehammer.
ÖVP: „Hacker gefährdet Wiener“
Noch einen Schritt weiter ging ÖVP-Gesundheitssprecherin Gaby Schwarz, die sich „fassungslos“ über das „verantwortungslose Vorgehen“ in Wien zeigte. „Explodierende Infektionszahlen werden weiterhin ignoriert und verharmlost. Durch sein Handeln gefährdet Stadtrat Hacker mittlerweile mutwillig die Gesundheit der Wienerinnen und Wiener und lässt der Ausbreitung des Coronavirus freien Lauf“, polterte Schwarz. Hacker habe den Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus „völlig aufgegeben“.
Wir hoffen, dass parteipolitische Manöver aus der Corona-Krise rausgehalten werden.
Karl Nehammer
Dass Wien am Donnerstag keinen Vertreter zur Sitzung des Krisenstabes schickte und auch noch ankündigte, komplett auszusteigen, stößt dem türkisen Regierungsteam besonders sauer auf. Nehammer: „Mehrere Mitglieder des Einsatzstabes hätten im Krisenstab Informationen mit der Stadt Wien austauschen wollen und hatten nicht die Gelegenheit dazu. Das hemmt die gemeinsame Arbeit im Kampf gegen das Virus vor allem im Bereich des Contact Tracing.“
Anschober: AGES wird Wien beim Contact Tracing unterstützen
Genau über jenes Contact Tracing hatte es zuletzt - krone.at berichtete - Querelen gegeben. Während sich einige Vertreter des Krisenstabes besorgt über einen Rückgang bei der Wiener Aufklärungsrate von Infektionsquellen zeigten, den der „Krone“ vorliegende Daten bestätigten, pochte man bei der Stadt Wien auf Daten, die die Ampel-Grundlage bilden und die Stadt gerade beim Contact Tracing besonders gut dastehen lassen. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) verkündete jedenfalls, dass Spezialisten der AGES die Wiener Behörden künftig beim Contact Tracing unterstützen würden - Wien habe diese Unterstützung selbst angefordert, heißt es.
Während der Innenminister am Donnerstag neue Angriffe gegen das Krisenmanagement in Wien ritt, zeichnete der dort zuständige Gesundheitsstadtrat Hacker ein gänzlich anderes Bild der Lage - die aktuelle Entwicklung sei erwartbar gewesen. „Wir haben gewusst, dass es im Herbst zu einem Anstieg der Fallzahlen kommen muss“, so Hacker. Die Arbeit mit dem Innenministerium gestalte sich „mühsam“, dieses habe sich „mehr zum Propagandaministerium entwickelt“. Die Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium bezeichnete Hacker hingegen als ausgezeichnet. „Die haben den Lead in der Pandemie, so wie es sich gehört.“
Die haben den Lead in der Pandemie, so wie es sich gehört.
Peter Hacker über das Gesundheitsministerium
Hacker: Ausstieg aus Krisenstab aus „Zeit- und Ressourcengründen“
Den Ausstieg aus dem Kristentab des Innenministeriums begründete Hacker übrigens unter anderem damit, dass die Corona-Daten-Statistik der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) nunmehr erst um 14 Uhr veröffentlicht wird: Die Sitzung des Krisenstabs des Innenministeriums finde um 9 Uhr in der Früh statt - für Hacker mitten im Tagesablauf, „wo wir die Vorbereitungen machen müssen, damit um 14 Uhr ordentliche Daten zur Verfügung stehen“. „Ich halte nichts davon, unsere Personalressourcen in Sitzungen zu vergeuden, statt in die Analyse zu investieren.“ Hacker betonte: „Wir sind weiter ein superaktives, konstruktives Mitglied in der Corona-Kommission, da ändert sich überhaupt nichts.“
Einig sind sich sämtliche Beteiligten offenbar lediglich darüber, dass parteipolitische Manöver aus dem Corona-Krisenmanagement herausgehalten werden sollten - man wird sehen, auch nach der Wahl.
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