Michael Häupl im Talk:

„Mit Gürtel-Pool hätte ich keine Freude gehabt“

Wien
14.10.2020 06:00

Altbürgermeister Michael Häupl (SPÖ) über den Wahlerfolg Michael Ludwigs, und wie sich die Grünen verändert haben. Eine Koalition mit der ÖVP wäre für ihn nicht ausgeschlossen.

„Krone“: Herr Dr. Häupl, sind Sie enttäuscht, dass Bürgermeister Michael Ludwig nicht die Absolute geholt hat?
Michael Häupl: Geh, das war ja auch so ein Gerücht, das in die Welt gesetzt wurde vor der Wahl, um die Latte hoch zu legen. Nein, ich bin glücklich.

Zugewinne in Prozenten, aber unterm Strich hat die SPÖ 73.000 Stimmen an die Nichtwähler verloren. Darüber kann man sich doch nicht nur freuen, oder?
Grundsätzlich ist ein Verlust der Stimmen etwas, über das man nachdenken sollte. Aber generell gesehen kann man das bei allen anderen Parteien auch sehen, denn die Wahlbeteiligung ist zurückgegangen.

Michael Ludwig hat im Wahlkampf Parteichefin Pamela Rendi-Wagner vor der Öffentlichkeit versteckt. Das war eine gute Idee, oder?
Aber, kein Mensch hat irgendjemanden versteckt. Wir haben eine große Tradition in Wien, dass die Landesparteien ihren Wahlkampf auch eigenständig führen. Alles andere ist nachträgliche Propaganda.

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Ich habe das getan, was man als Altvorsitzender und Altbürgermeister machen soll. Hilfestellung leisten, aber nicht im Vordergrund stehen.

Altbürgermeister Michael Häupl

Sie sind im Wahlkampf auch nicht groß aufgefallen. Wurden Sie versteckt?
(lacht) Das glaube ich nicht. Ich habe mich ausgelastet gefühlt in diesem Wahlkampf. Ich habe das getan, was man als Altvorsitzender und Altbürgermeister machen soll. Hilfestellung leisten, aber nicht im Vordergrund stehen.

Schauen wir politisch in die Zukunft. Soll es eine Koalition mit den Pinken geben?
Sie werden mir keine Empfehlung für den Bürgermeister entlocken. Er wird mit den Parteien Sondierungsgespräche führen und dann ein Bild haben. Es spricht bei allen Parteien etwas dafür und dagegen.

Bleiben sie zusammen? Birgit Hebein und Michael Ludwig. (Bild: APA/HANS KLAUS TECHT)
Bleiben sie zusammen? Birgit Hebein und Michael Ludwig.

Was spricht denn bei den Neos dagegen?
Sie sind vordergründig eine modern wirkende, junge Truppe, und es gibt sicher einige Übereinstimmungen in Fragen der Bildung, Migration, Integration. Aber die Neos sind auch eine neoliberale Partei. Wenn ich mir ihre Vorstellungen von der Spitalsökonomie ansehe, so denke ich, dass die Erfahrungen mit Corona dies falsifiziert haben.

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Wenn da im Wahlkampf Dinge wie der Gürtelpool gekommen sind, dann frage ich mich schon, ob man in der echten Welt lebt.

Altbürgermeister Michael Häupl

Sie würden als Bürgermeister also gegen so eine Koalition entscheiden?
Das kann man so nicht sehen. Man lebt im Vergleich, wenn ich mir so ansehe, womit wir mit den Grünen übereinstimmen und womit nicht. Wenn da im Wahlkampf Dinge wie der Gürtelpool gekommen sind, dann frage ich mich schon, ob man in der echten Welt lebt. Nämlich mit Blick auf alle Herausforderungen, vor denen die Entwicklung der Zukunft der Stadt abhängt.

Waren Sie heuer im Sommer im besagten Gürtel-Pool schwimmen?
Nein, natürlich nicht.

Warum nicht? Haben Sie eine Chlor-Allergie?
Es hätte mir dort nicht gefallen. Ich hätte damals als Bürgermeister sicher keine Freude damit gehabt.

Würde es mit Ihnen eine autofreie Innenstadt geben?
Eine Diskussion darüber kann man führen, und man soll sie auch führen. Aber eine autofreie Innenstadt mit 27 Ausnahmen scheint mir dann doch überzogen. Alle sollten sich hinsetzen und ernsthaft über eine verkehrsverdünnte Innenstadt reden.

Die Grünen fordern auch eine flächendeckende Taubenbetreuung und eine Taubenambulanz. Warum ist Ihnen das nicht eingefallen?
Weil mir solche Unsinnigkeiten nicht einfallen. Abgesehen davon, wenn man eine Taubenambulanz braucht, hat man eine, das ist die Feuerwehr. Die hat zwar auch etwas anderes zu tun, als Tauben zu retten, aber sie retten sie trotzdem.

Wie die Zeit vergeht: Maria Vassilakou und Michael Häupl (Bild: APA/GEORG HOCHMUTH)
Wie die Zeit vergeht: Maria Vassilakou und Michael Häupl

Wie haben sich die Grünen seit Maria Vassilakou denn verändert?
Mit Frau Vassilakou konnte man über viele inhaltliche Dinge noch trefflich diskutieren, und sie hat einen sehr großen Sinn darin gehabt, in wichtigen Fragen, wozu ja auch der Verkehr gehört, etwas einzubringen und umzusetzen. Das habe ich danach nicht mehr wirklich gesehen.

Eine Zusammenarbeit mit der ÖVP ist ausgeschlossen?
Aus meiner Sicht heraus gesehen wäre es das nicht, aber ich habe den Herrn Bundeskanzler vor Kurzem in einem Interview gesehen, und er hat einer Koalition mit der SPÖ de facto eine Absage erteilt. Ich kenne den Herrn Blümel einigermaßen. Wenn sein Bundesparteivorsitzender mit Erlöserstatus solche Aussagen trifft, dann wird das für ihn auch entsprechend gelten.

Gernot Blümel fordert, dass die Vergabe von Gemeindewohnungen an die deutsche Sprache gekoppelt wird? Was spricht dagegen?
Ich bin ja grundsätzlich dafür, dass man Deutsch lernt, deswegen haben wir das auch immer gefördert. Aber das ist ja kein soziales Kriterium. Wer anspruchsberechtigt ist, soll auch eine Wohnung bekommen.

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Nicht jeder, der nicht in Österreich geboren ist, kann nicht Deutsch. Da ist auch ein großer Alterssprung drinnen. Die Jungen können ganz rasch Deutsch.

Altbürgermeister Michael Häupl

Obwohl Sie das gefördert haben, gibt es in der Schule immer noch viele, die dem Unterricht nicht folgen können. Was ist schiefgelaufen?
Das ist ein Gerücht. Nicht jeder, der nicht in Österreich geboren ist, kann nicht Deutsch. Da ist auch ein großer Alterssprung drinnen. Die Jungen können ganz rasch Deutsch.

Zwei Drittel der Kinder mit Migrationshintergrund erreichen laut Statistik die Bildungsstandards nicht.
Das kann ich so nicht beurteilen, weil die Erfahrungen, die mir von Lehrern berichtet werden, anders sind. Ich glaube das nicht.

Heinz-Christian Strache ist politisch erledigt. Empfinden Sie Genugtuung?
Nein. Nicht, dass ich auch nur irgendeine Sympathie hätte für seine Politik, aber auch für ihn selbst nicht, muss ich in der Zwischenzeit sagen. Ich empfinde keine Schadenfreude, aber sicher auch kein Mitleid.

Ist man am Ende doch erfolgreicher, wenn man statt Wodka-Red-Bull weiße Spritzer trinkt?
(lacht) Das eine hat mit dem anderen wenig zu tun. Aber ich kann Wodka-Red-Bull nicht beurteilen, das habe ich mein ganzes Leben lang nicht getrunken. Bei weißen Spritzern sieht das anders aus.

Michael Pommer, Kronen Zeitung

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