Im Wiener Rathaus könnte künftig eine rot-pinke Koalition regieren. Das SPÖ-Präsidium stimmte am Dienstag einstimmig dafür, dass man mit den NEOS in Verhandlungen über die Bildung der Stadtregierung eintreten werde, wie Bürgermeister Michael Ludwig in einem Pressestatement nach dem Parteivorstand bestätigte.
Aus dem linken Flügel der Wiener SPÖ hatte es zwar geheißen, man würde eine Fortführung von Rot-Grün bevorzugen, Ludwig selbst hatte allerdings schon länger mit den NEOS geliebäugelt. Gegenüber dem ORF hatte er etwa gemeint, die NEOS hätten sich „ideologisch in die richtige Richtung entwickelt“. Von Grabenkämpfen diesbezüglich ist die SPÖ aber weit entfernt: „Es ist Ludwigs Entscheidung und wird akzeptiert“, hieß es unisono.
„Wir starten in Verhandlungen für eine Reformkoalition“
Ludwig selbst sagte dazu am Dienstag nach dem Parteivorstand, alle drei Gespräche mit Grünen, ÖVP und NEOS seien positiv verlaufen. Dennoch seien Gemeinsamkeiten und Unterschiede „graduell abgestuft“ gewesen. Daher sei die Entscheidung auf die NEOS gefallen. „Das ist ein mutiger, neuer Weg und wir starten damit die Verhandlungen für eine sozial-liberale Koalition - eine Reformkoalition. Das ist ein Signal für die Zukunft unserer Stadt, aber auch ein Signal für andere Teile unseres Landes.“
Das ist ein Signal für die Zukunft unserer Stadt, aber auch ein Signal für andere Teile unseres Landes.
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig über den Verhandlungsstart mit den NEOS
Natürlich hätten die NEOS noch nicht viel Regierungserfahrung, „aber ich bin überzeugt davon, dass man sich hier sehr ernsthaft an einer Regierung beteiligen will“, so der Wiener Bürgermeister. Ludwig pochte auf rasche Koalitionsverhandlungen, noch im November sollen diese abgeschlossen sein. Man führe die Gespräche mit „offenem Herzen“, sollten die Verhandlungen allerdings „nicht das einhalten, was die Sondierungsgespräche versprochen haben, dann hat die SPÖ auch andere Optionen“.
Ludwig will eine stabile Regierung
Man wolle eine Koalition schaffen, die für Stabilität stehe und das „Beste für die Wienerinnen und Wiener“ sei. Dies sei „in Zeiten wie diesen“ besonders wichtig, betonte der Bürgermeister. Eine Aufstockung der Stadträte sei derzeit kein Thema. Die Verteilung der Ressorts sei Verhandlungssache, so Ludwig. Die NEOS hatten immer wieder ihren Schwerpunkt bzw. ihr gesteigertes Interesse am Bildungsressort durchblicken lassen.
Bewältigung der Corona-Krise „fordert uns sehr“
Man hätte vier Verhandlungsoptionen gehabt, wobei er bereits vor der Wahl eine Koalition mit der FPÖ ausgeschlossen habe, so Ludwig: „Das gilt auch nach der Wahl.“ Der Wahlkampf selbst sei durchaus sachlich verlaufen, meinte Ludwig. Mit drei Parteien habe man dann Sondierungsgespräche geführt: „Dabei habe ich immer gleich die Themenschwerpunkte der SPÖ Wien eingebracht, etwa die Bewältigung der Corona-Krise, die uns alle sehr fordert. Aber auch der Ausbau des Gesundheits- und Pflegesystems.“
Auch die Stärkung des Wirtschaftsstandortes Wien, besonders die Unterstützung von Klein- und Mittelbetrieben, sei durch die Corona-Krise wichtig geworden. Die Schaffung von Arbeitsplätzen - speziell für Junge, Ältere und Frauen - werde in den kommenden Jahren ein Schwerpunkt sein.
„Frauen und Mädchen dürfen nicht an den Herd gedrängt werden“
Hier will Ludwig auch gesellschaftspolitisch ansetzen: „Frauen und Mädchen dürfen nicht an den Herd gedrängt werden.“ Dementsprechend müsse man auch das Bildungssystem weiter ausbauen, mit dem „digitalen Klassenzimmer“ etwa soll die Jugend auf neue Technologien und Herausforderungen im Beruf optimal vorbereitet werden. Als dritten wesentlichen Punkt nannte Ludwig den Klimawandel, dessen Auswirkungen immer deutlicher spürbar sind. Die Schaffung von leistbarem Wohnraum ist ebenfalls ein Schwerpunkt, den Ludwig weiter forcieren will.
Corona-Kontrollen im Privatbereich „unterstütze ich nicht“
Was die Möglichkeit von Corona-Kontrollen im privaten Bereich angeht, so erteilte Ludwig dem Ansinnen des steirischen Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) eine klare Absage: „Ich habe prinzipiell mit dem Landeshauptmann ein gutes Einvernehmen. Aber das ist für mich ein so starker Eingriff in die Privatsphäre, dass ich das politisch sicher nicht unterstützen werde.“
Wiederkehr hofft auf „großen Wurf im Bildungsbereich“
In einem ersten Statement zeigte sich NEOS-Klubobmann Christoph Wiederkehr erfreut über die bevorstehenden Koalitionsverhandlungen. Bürgermeister Ludwig habe bereits im Wahlkampf „Handschlagqualität“ bewiesen. Nun wolle man als potenzieller Juniorpartner vor allem die Themen Bildung, Wirtschaft und Klimawandel vorantreiben, um auch nach der Corona-Krise für die Zukunft gewidmet zu sein.
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