Polizei-Entschuldigung

Ermittlungen gegen Demo-Initiator wegen Verhetzung

Wien
08.11.2020 13:54

Der ehemalige Pegida-Sprecher Georg Immanuel Nagel hat am Sonntag mitgeteilt, für die verstörende Aktion in der Wiener Josefstadt verantwortlich zu sein. Er war dort mit einem Auto unterwegs und hatte über einen Lautsprecher Gewehrsalven, Muezzin-Gebetsrufe sowie Parolen gegen eine „Islamisierung“ abgespielt. Die Polizei, die den Demo-Wagen 40 Minuten lang eskortiert hatte und in der Kritik stand, das verstörende Treiben nicht sofort gestoppt zu haben, leitete Ermittlungen wegen des Verdachts der Verhetzung ein. Zudem entschuldigte sich die Exekutive via Twitter-Posting bei den Menschen, dass die Aktion „nicht unmittelbar unterbunden“ worden war. Außerdem wurden gegen die anwesenden Personen Verwaltungsanzeigen erstattet.

Nagel habe mit der Aktion, die polizeilich angemeldet war - gegen „Masseneinwandung und Islamisierung“ protestieren wollen, sagte er. Allerdings hatte er gegenüber der Exekutive angegeben, lediglich Musik über die Lautsprecher abspielen zu wollen, dann aber u.a. mit Schussgeräuschen für Wirbel und Angst im 8. Wiener Gemeindebezirk gesorgt.

„Ich hoffe, dass niemand erschreckt wurde, das war nicht meine Absicht. Es war jedenfalls klar, dass es sich um eine Demonstration handelt.“ Wer sich über den Lärm mehr aufrege als über echten Terror, habe „völlig falsche Prioritäten“, befand Nagel.

Stadtchef Ludwig: Aktion „völlig inakzeptabel“
Die Aktion sechs Tage nach dem Terroranschlag mit vier Toten in Wien hatte für Bestürzung, Unverständnis und Aufsehen gesorgt. Auch seitens der Politik. Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) bezeichnete die Störaktion als „völlig inakzeptabel“. Man lasse sich aber nicht spalten, Wien halte zusammen, zeigte sich Ludwig überzeugt. Auch seitens Vizebürgermeisterin Birgit Hebein (Grüne) und SPÖ-Gemeinderat Omar Al-Rawi wurde Kritik laut.

„Solche Aktionen sind scharf zu verurteilen“, stellte Al-Rawi klar: „Diese Störaktion hat in unserer Stadt definitiv keinen Platz, schon gar nicht nach dieser schweren Woche, in der wir alle noch tief betroffen vom Terroranschlag sind.“

Zunächst „kein Untersagungsgrund“ für Demo
Die Wiener Polizei rechtfertigte sich zu dem Vorfall Sonntagmittag auf Twitter. Demnach war die Kundgebung mit zehn Personen und unter dem Titel „Toleranz und Vielfalt“ für den Zeitraum 9 bis 10 Uhr angemeldet gewesen. Zum Zeitpunkt der Versammlungsanzeige sei „kein Untersagungsgrund“ vorgelegen, betonte die Polizei.

Laute Gewehrsalven, antimuslimische Parolen
Vor Abmarsch sei mit dem anwesenden Verantwortlichen Rücksprache gehalten worden. Dieser habe erklärt, dass die Lautsprecher lediglich zum Abspielen orientalischer Musik verwendet würden, hieß es von der Wiener Polizei. Nach Abfahrt der Kundgebung um 9.20 Uhr sei auch anfänglich orientalische Musik gespielt worden, allerdings seien im Verlauf der Kundgebung „viermal, für die Dauer von ein bis zwei Minuten Maschinengewehrsalben, und antimuslimische Parolen wiedergegeben“ worden, berichtete die Exekutive.

Polizei-Entschuldigung für spätes Einschreiten
Für die Vorfälle und den Umstand, „dass die dort stattfindende Kundgebung nicht unmittelbar unterbunden wurde, wollen wir uns als Polizei Wien bei allen Menschen in Wien entschuldigen, insbesondere bei den Menschen, welche durch diese Versammlung verängstigt wurden“, twitterte die Exekutive am Sonntagnachmittag: „Dies hätte so nicht stattfinden dürfen“, hieß es. Intern wolle man die Geschehnisse aufarbeiten.

Mehrere Anzeigen
Noch während die anwesenden Polizisten den Sachverhalt mit Beamten vom Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) abgeklärt hätten, sei die Kundgebung um 10 Uhr beendet worden, so die Angaben der Polizei. Gegen die anwesenden Personen wurde unter anderem wegen Verdachts der Verhetzung und Störung der öffentlichen Ordnung Verwaltungsanzeige erstattet.

Der Grünen-Abgeordnete David Stögmüller zeigte sich wie viele andere auf Twitter fassungslos und kündigte eine parlamentarische Anfrage an. „Unfassbar - ein paar Tage nach dem Anschlag in Wien. Hier muss umgehend eingegriffen werden!“

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