In die neu entbrannte Debatte über laut Wissenschaftlern „notwendige“ Schulschließungen bringt sich auch Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) ein. Er spricht sich in einer Stellungnahme gegenüber der „Krone“ „entschieden“ gegen einen „neuerlichen Bildungslockdown“ aus. Eine derartige Entscheidung würde nicht nur der Mehrheit der Experten widersprechen, laut denen Kinder wenig zum Infektionsgeschehen beitrügen, sondern hätte vor allem für Kinder und ihre Eltern „schwerwiegende Konsequenzen“, so der Landeshauptmann. Ins selbe Horn stößt Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP).
Am Montag hatte eine Gruppe österreichischer Wissenschaftler unterschiedlicher Fachrichtungen die sofortige Schließung aller Schulen, die „Pflicht zu Home-Office, wo immer möglich“, sowie die Erhöhung des Mindestabstands von einem auf zwei Meter gefordert - andernfalls würden Österreich überlastete Spitäler und Triage drohen. Damit stellen sie sich klar gegen die Wünsche der Eltern und Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP), der die Schließung von Schulen und Kindergärten ebenfalls als letzte Konsequenz sieht.
„Eltern sind keine Pädagogen, und das Zuhause ist keine Schule“
Familien würden mit einer neuerlichen Schließung von Schulen vor denselben Herausforderungen stehen wie schon bei der ersten Virus-Welle: „Wer übernimmt die Betreuung meines Kindes? Wie kann ich sicherstellen, dass mein Kind die Lehrinhalte versteht und richtig lernt?“, so Doskozil in der Stellungnahme weiter. Ein neuerlicher Schul-Lockdown würde verlorene Zeit für die betroffenen Kinder bedeuten und ihre Bildungsentwicklung massiv beeinträchtigen. „Eltern sind keine Pädagogen, und das eigene Zuhause ist keine Schule“, betonte der Landeshauptmann.
Doskozil: Familien sollen nicht die Zeche zahlen müssen
Dazu komme „ein zweites wichtiges Argument: Vor allem für jene Elternteile, die die kritische Infrastruktur wie Krankenhäuser, Pflegeheime und den Handel am Laufen halten, wäre eine erneute Schließung der Schulen und Kindergärten eine unzumutbare Belastung.“ Die Eltern könnten dies nur stemmen, „wenn sie ihre Kinder in bestmöglicher Betreuung wissen. Das sind wir diesen Menschen, die bis an den Rand der persönlichen Belastbarkeit arbeiten, schuldig“, sagte Doskozil, der es für „verantwortungslos“ halte, dass die Familien für die Versäumnisse der Regierung, den Sommer für eine zielgerichtete Strategie im Kampf gegen das Virus zu nützen, die Zeche zahlen sollen.
Mikl-Leitner: „Grundsätzlich wichtig offen zu halten“
Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) findet es „grundsätzlich wichtig, die Schulen unter strengen Hygienevorschriften so lange wie möglich offen zu halten“ - um die Familien in der Betreuung nicht zu überfordern, Kindern und Jugendlichen eine bestmögliche Bildung anzubieten sowie wirtschaftliche Schäden möglichst gering zu halten. Denn dafür sei „der Zweiklang aus offenen Betrieben und offenen Schulen entscheidend“, so Mikl-Leitner in einer Stellungnahme.
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hatte am vergangenen Freitag bekannt gegeben, dass über eine mögliche Verschärfung, auch die Schulen betreffend, erst diese Woche entschieden werde. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) beabsichtigt laut dem Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) derzeit keine Schließung der Schulen.
NEOS starteten Petition für offene Schulen
Die NEOS starteten am Samstag mit einer Petition, mit der sie ihrer Forderung, vor allem Kindergärten und Volksschulen in der Pandemie offen zu halten, Nachdruck verleihen wollen. „Bevor Klassen oder Schulen schließen, müssen andere Maßnahmen, wie erweiterte Maskenpflicht für Lehrer und Schüler oder Einteilung der Schüler in mehrere Gruppen, gesetzt werden“, sagte Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre. Zudem sollten Testangebot und -kapazitäten ausgebaut werden.
Caritas und SOS Kinderdorf appellieren eindringlich an die Bundesregierung, eine Schließung von Bildungseinrichtungen mit aller Kraft zu verhindern: „Eine Schließung von Schulen und Kindergärten muss nach Möglichkeit verhindert werden. In der Krise müssen wir beides schaffen: Wir müssen alte Menschen schützen, weil sie durch das Virus in besonderer Weise gefährdet sind. Und wir müssen unsere Kinder schützen, damit ihnen ihre Bildungschancen nicht genommen werden“, so Caritas-Präsident Michael Landau.
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