Der befürchtete Ansturm im Handel ist am zweiten Öffnungstag nach dem Lockdown größtenteils ausgeblieben. Aus epidemiologischer Sicht sei das gut, aber nicht für die Umsätze der Händler, räumte Handelsobmann Rainer Trefelik ein: „Wir wollten ja nicht den Run und die Horrornachricht, dass alles gestürmt wird und niemand aufpasst. Es läuft sehr gesittet ab.“ Abgesehen vom unbeschwerten Flanieren fehlten Gastronomie und die Touristen. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) bedankte sich bei der Bevölkerung und besonders bei allen, „die sich so vorbildlich an die Maßnahmen halten“.
Aufholen lässt sich der fast drei Wochen andauernde Lockdown kurz vor Weihnachten ohnehin nicht. Heuer gehe es in erster Linie um Schadensbegrenzung, so Trefelik. Die Prognosen reichen derzeit von „annähernd gleich viel wie im Vorjahr“ (Johannes Kepler Universität Linz) bis zu „einem negativen Szenario von über 30 Prozent Umsatzeinbußen im stationären Handel“ (KMU Forschung Austria). „Abgerechnet wird ganz am Ende. Aber es fehlen Touristen, die Gastronomie, Events. Das alles noch umzudrehen ist unrealistisch“, sagte Trefelik.
„Es fehlen die Touristen“
„Um es im Fußballjargon zu sagen: ,Hoch gewinnen wir nimmer.‘ Auch wenn viele Österreicher heuer vielleicht mehr ausgeben, weil sie im Laufe des Jahres nicht so viele Möglichkeiten dazu hatten - Stichwort gestrichene Urlaube und Veranstaltungen. Auf der anderen Seite haben viele aufgrund von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit weniger Geld zur Verfügung, und es fehlen die Touristen, die sonst die Wirtschaft ankurbeln“, sagte dazu der ehemalige Vorstand des Instituts für Marketing und Handel an der Wirtschaftsuniversität Wien, Peter Schnedlitz, laut „Kurier“.
Die Bedeutung des Weihnachtsgeschäfts halte sich ohnehin in Grenzen. „Unter dem Strich kommt man jedenfalls auf nicht mehr als drei Prozent des Jahresumsatzes im gesamten Einzelhandel“, so Schnedlitz. Der 8. Dezember, der in Österreich ein verkaufsoffener Feiertag ist, ist sonst einer der umsatzstärksten Tage des Jahres - allein, heuer ist aufgrund der Pandemie alles anders.
Gezieltes Einkaufen mit kurzer Verweildauer
Der Trend gehe in Richtung gezielten Einkaufens und kurzer Verweildauer, sagte Anton Cech von der SCS und vom Donauzentrum. „Das Gesamterlebnis fehlt“, so Handelsobmann Trefelik. Mit Maske und Abstand und ohne sich irgendwo aufwärmen zu können hält sich der Spaß in Grenzen. Die ersten beiden Einkaufstage seit der Wiedereröffnung blieben deutlich hinter den Erwartungen der Händler zurück, räumte auch Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will ein.
Besonders gefragt seien aktuell Unterhaltungselektronik, der digitale Spielebereich, Fernseher, Handys, Computer, Drucker und Druckerpatronen, zählte Margarete Gumprecht, Handelsobfrau in der Wiener Wirtschaftskammer, auf. Außerdem werde viel für das eigene Zuhause gekauft - „um es sich zu Hause gemütlich zu machen“. Dies sei definitiv ein Trend. Überdies wären auch - je nach Lage - Uhren und Juwelen gefragt, verwies die Spartenobfrau auf diesbezüglich erhaltene Rückmeldungen.
Nehammer dankt Bevölkerung
Laut Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) verlief der Marientag bis in die frühen Abendstunden ohne besondere Vorfälle. „Die Menschen in Österreich haben sich bisher in dieser herausfordernden Phase wirklich außergewöhnlich gut verhalten“, sagte er in einem Statement zur APA. „Ich will wirklich ein großes Danke sagen - an alle, die sich so vorbildlich an die Maßnahmen halten und das Motto ,Schau auf dich, schau auf mich‘ damit mit Leben erfüllen.“
Die Menschen würden Verantwortung füreinander beweisen und zeigen, „dass unsere Gesellschaft ein unglaublich starker Zusammenhalt auszeichnet“, so der Innenminister. Die Landespolizeidirektionen hätten bisher zwar von mäßigen bis hohen Frequenzen in den Einkaufsstraßen berichtet, dennoch sei es bisher zu keinen besonderen Vorfällen gekommen. Die Disziplin der Menschen werde in allen Teilen Österreichs als sehr hoch beschrieben. Bisher sei es lediglich vereinzelt zu Verwaltungsübertretungen gekommen.
„Das zeigt ein hohes Verantwortungsbewusstsein jedes Einzelnen. Ein wirklich starkes Signal der Bevölkerung - dass wir gemeinsam gut durch die Vorweihnachtszeit kommen können“, so Nehammer.
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