Am Wochenende starten die Massentests in der Steiermark. Aber wie funktionieren sie genau? Wieso sind Antigen-Tests teilweise ungenau und wie viele müssen getestet werden, damit es der Pandemiebekämpfung dient? Diese Fragen klärt Hellmut Samonigg, Rektor der Medizinischen Universität Graz.
„Krone“: Lieber Herr Prof. Samonigg, wie funktioniert ein Antigen-Test genau?
Hellmut Samonigg: Ein Antigen-Test kann mit Antikörpern die Oberfläche eines Virus erkennen. Das Antigen sitzt am Virus und wird mit den Antikörpern, die sich im Test befinden, identifiziert. Das ist gleich wie im menschlichen Körper: Wenn jemand einen Virus in sich trägt, dann aktiviert er Zellen, die Antikörper produzieren und den Virus angreifen. Bei dieser Test-Methode gewinnt man die Viren über einen Abstrich, dann wird darauf eine Flüssigkeit mit Antikörpern getropft.
Wieso sind die Ergebnisse von Antigen-Tests teilweise ungenau?
Es gibt eine Menge anderer Coronaviren neben jenem, das die Pandemie ausgelöst hat. Der Test kann das nicht exakt unterscheiden, die Spezifität ist nicht gut genug. Einfach gesagt kann er also ein Auto erkennen, aber nicht das Modell unterscheiden.
Welcher Test kann das?
Das kann nur ein PCR-Test, deswegen gilt er als Gold-Standard. Er misst das Erbgut des Virus, erkennt also nicht nur seine „Haut“ bzw. Oberfläche, sondern die genetische Substanz. Dort ist genau ersichtlich, welches Coronavirus das ist. Die Methode ist aber aufwendiger und teurer. Die Gene werden millionenfach vermehrt, deswegen findet der PCR-Test auch die geringsten Mengen an Viren. Deswegen macht man nach allen positiven Antigen-Tests PCR-Tests, um das Covid-19-Virus exakt identifizieren zu können.
Gibt es bei Antigen-Tests auch falsch negative Ergebnisse und wie häufig?
Ja, es gibt sie, aber diese sind seltener. Aber je nach Typ sind bis zu 20 Prozent falsch negativ. Das heißt: Wenn 100 Infizierte ohne Symptome mit PCR-Tests alle positiv wären, dann wären es bei Antigen-Tests circa 80.
Ist das nicht zu viel?
Mit dieser Unsicherheit müssen wir leben. Es gibt eben begrenzte Ressourcen, was die PCR-Tests angeht. In Wirklichkeit ist die Zahl der unentdeckt Positiven gering.
Also bringen die Massentestungen mit Antigen-Tests doch etwas?
In Summe kann man durch viele Antigen-Tests doch eine gewisse Zahl an asymptomatischen Trägern und Verbreitern des Virus identifizieren. Das Testen kann aber einen Lockdown nicht ersetzen. Wenn es viele tun, ist das Testen ein Beitrag, Infektionsketten zu brechen.
Wie viele Steirer müsste man für diesen Effekt testen?
50 bis 60 Prozent wären gut.
Und zu guter Letzt: Ist der Abstrich in der Nase oder im Rachen besser?
Bei guter Ausführung ist beides gleichwertig. Medizinisch gibt es ein weniger hohes Risiko im Rachen, weil die meisten Leute schiefe Nasenwände haben und es zu kleinen Verletzungen kommen könnte.
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