Nachdem der Verfassungsgerichtshof (VfGH) am Freitag das Kopftuchverbot an Österreichs Volksschulen gekippt hatte, haben die Grünen am Dienstag betont, dass für sie keine Neuregelung infrage kommt. Für den Junior-Partner in der Regierungskoalition gilt dies auch für die im Regierungsprogramm anvisierte Ausweitung bis 14 Jahre. Der grüne Parlamentsklub verwies in diesem Zusammenhang auf die Rechtslage nach dem VfGH-Spruch. Aus den Reihen der ÖVP sind jedoch gegenteilige Stimmen zu hören.
„Der Verfassungsgerichtshof hat mit seinem Urteil klargestellt, dass ein Verbot des Kopftuchs verfassungsrechtlich nicht möglich ist. Das gilt auch für die Altersgruppe der Zehn- bis 14-Jährigen“, betonte man im grünen Parlamentsklub. Klubobfrau Sigrid Maurer hatte bereits am Freitag nach der Verkündung der Aufhebung erklärt: „Wir werden das Ziel, Mädchen in ihrer Selbstbestimmung zu bestärken, in der Bundesregierung mit anderen Maßnahmen verfolgen.“
Kein rechtlicher Spielraum für neuerlichen Verbotsversuch
Für einen neuerlichen Verbotsversuch gibt es nach Ansicht des Verfassungsrechtlers Daniel Ennöckl von der Uni Wien auch keinen rechtlichen Spielraum. VfGH-Präsident Christoph Grabenwarter habe bei der Verkündung der Entscheidung betont, dass eine gesetzliche Regelung keine bestimmte religiöse Überzeugung selektiv herausgreifen dürfe. Die religiöse Neutralität des Staates verlange, dass kleine Glaubensrichtung privilegiert oder schlechter behandelt werden dürfe als andere.
Verfassungsrechtler: „Zug für Verbot religiös geprägter Kleidung abgefahren“
Auch das Verbot einfach auf alle religiös konnotierten Kopfbedeckungen in der Schule auszuweiten, ist nach Ansicht Ennöckls - er hatte in der Causa ein Gutachten für die Islamische Glaubensgemeinschaft verfasst - nicht denkbar. „Worin liegt die Rechtfertigung dafür, einen Turban, eine Kippa oder ein Kopftuch anders zu behandeln als ein ,Jesus Loves You‘-T-Shirt?“, fragte er. „Verfassungskonform wäre eine Lösung nur dann, wenn generell jede religiöse Symbolik in Österreichs Schulen verboten würde.“
Ennöckls Fazit: „Für ein Verbot religiös geprägter Bekleidung dürfte der Zug abgefahren sein.“
Neuer Anlauf aus Oberösterreich
Zumindest in der oberösterreichischen ÖVP, die im Land mit der FPÖ zusammenarbeitet und 2021 eine Landtagswahl zu schlagen hat, sieht man das anders. Landesgeschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer meinte - wie berichtet -, man solle sich eine „verbesserte Nachfolgeregelung“ einfallen lassen, um „unserer Vorstellung der Gleichstellung von Mann und Frau“ überall zum Durchbruch zu verhelfen sowie Volksschülerinnen vor religiösen Zwängen und Diskriminierung zu schützen.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.