Keine Konsequenzen

Immer mehr Ortschefs am Impf-„Ego-Trip“

Oberösterreich
21.01.2021 07:00

SPÖ-Bürgermeister outet sich auf Facebook, auch ÖVP-Politiker ließ sich Spritze geben. Vordrängler werden nun zum Thema im Landtag

Die Gruppe der Impf-Vordrängler unter den Gemeindepolitikern wächst weiter. Auf Facebook selbst geoutet hat sich der SPÖ-Ortschef von Bad Goisern, Leopold Schilcher, der sich im Altenheim eine Überschuss-Dosis geben ließ. Ihm sei wichtig zu betonen, dass er seine Funktion als Bürgermeister „nicht aktiv dafür verwendet habe“, bevorzugt zu werden.

Kritische Kommentare
Der Impfplan für das Altenheim sei in keiner Weise beeinträchtigt worden. Weiters rechtfertigte der Ortschef sein Handeln damit, dass er ja selbst mit „vielen alten Personen in Kontakt“ komme und daher als Geimpfter diese „jetzt nicht mehr gefährden“ würde. Die Kommentare unter seinem Facebook-Posting fallen aber auch sehr kritisch aus.

Selbst ein Risikofall
Auch beim Bürgermeister von St. Georgen im Attergau, Ferdinand Aigner (ÖVP), war es eine zusätzlich aus dem Impffläschchen gezogene Dosis, die er sich nach der Impf-Aktion im Gemeindeheim injizieren ließ. „Ich habe niemandem etwas weggenommen“, sagt er. Außerdem habe er im Herbst eine schwere Operation gehabt, sei also eigentlich ein Risikofall.

Ferdinand Aigner, Bürgermeister von St. Georgen im Attergau (Bild: fotokerschi e.U. Werner Kerschbaummayr, Weilling 12, 4490 St. Florian bei Linz)
Ferdinand Aigner, Bürgermeister von St. Georgen im Attergau

Einzige, die Konsequenz zog, war Heimleiterin
Übrigens: Dereinzige Mensch, der bisher Konsequenzen aus regelwidrigen Impfungen zog, nämlich die Kündigung einzureichen, ist die Leiterin des Heims in Eberschwang, wo Bürgermeister, zwei Vizebürgermeister und etliche andere in der aktuellen Impfphase unberechtigte Personen immunisiertwurden. Sie ließ ja auch ihren eigenen, nicht im Heim arbeitenden Ehemann, mitimpfen. Erklärungsbedarf gibt es in der Causa Eberschwang noch genug.
Der verantwortliche Impfarzt Florian Obermair hat daher eine umfangreiche Darstellung aus seiner Sicht auf die Homepage seiner Ordination gestellt.

Der in Eberschwang verantwortliche Impfarzt Florian Obermair brachte eine umfangreiche Darstellung aus seiner Sicht auf der Homepage seiner Ordination. (Bild: Pressefoto Scharinger © Daniel Scharinger)
Der in Eberschwang verantwortliche Impfarzt Florian Obermair brachte eine umfangreiche Darstellung aus seiner Sicht auf der Homepage seiner Ordination.

Kein Rücktritt
Politiker-Rücktritt? Aber nein, sagt Erich Wahl, der Bürgermeister von St. Georgen an der Gusen (SPÖ), der sich in „seinem“ Gemeindeheim mitimpfen ließ - siehe Interview unten.
Mit all diesen Impf-Affären wird sich demnächst auch der Landtag beschäftigen; die Grünen stellen dort Anfragen an die zwei Regierungsmitglieder Birgit Gerstorfer (SPÖ) und Christine Haberlander (ÖVP) zu den „Ego-Trips“ von Kommunalpolitikern und anderen Leuten, wie es die Landtagsabgeordnete Ulli Schwarz formuliert.

Ulrike Schwarz (Die Grünen): „Pflegende Angehörige bekommen keine Unterstützung, wenn die behinderten Kinder immer wieder zu Hause sind. Sie sind ein Lebtag lang sehr herausgefordert.“ (Bild: © Harald Dostal)
Ulrike Schwarz (Die Grünen): „Pflegende Angehörige bekommen keine Unterstützung, wenn die behinderten Kinder immer wieder zu Hause sind. Sie sind ein Lebtag lang sehr herausgefordert.“
Zitat Icon

Der Vorrang für Hochrisikogruppen muss ausnahmslos eingehalten werden! Dass sich einige Gemeindevertreter vorgedrängt haben, hat zu Recht Empörung ausgelöst. Wir Grüne wollen aber auch umfassende Aufklärung, wie es dazu kommen konnte und welche Konsequenzen es gibt.

Ulrike Schwarz, Gesundheitssprecherin der Grünen im OÖ. Landtag

„Mich nicht impfen, wäre fahrlässig!“
Zurücktreten? Daran denkt der Bürgermeister von St. Georgen an der Gusen und SPÖ-Spitzenkandidat fürs Mühlviertel, Erich Wahl, nicht.

Auch Erich Wahl, Bürgermeister von St. Georgen an der Gusen, ließ sich impfen. Auf Facebook erntet er deswegen Kritik (Bild: ZVG)
Auch Erich Wahl, Bürgermeister von St. Georgen an der Gusen, ließ sich impfen. Auf Facebook erntet er deswegen Kritik

„Krone“: Jetzt hagelt es österreichweit Rücktrittsforderungen gegen politische „Impf-Sünder“. Auch auf Ihrer Facebook-Seite sind einige zu finden. Treten Sie zurück?
Erich Wahl: 
Ich habe mich nicht als Bürgermeister einfach so mitimpfen lassen. Sondern als verantwortlicher Vertreter des Trägers unseres Gemeindeheims. Ich falle also gemäß Landesregelung unter die Mitarbeiter des Heims. Rücktrittsrufe sind da für mich überhaupt nicht nachvollziehbar. Bei dieser Impfunggeht es nicht um meine politische Funktion, sondern um meine berufliche.

„Krone“: Hatten Sie nie den Gedanken, dass das auf Sie als Politiker im Rampenlicht zurückschlagen könnte?
Erich Wahl: 
Noch einmal: Ich habe das nicht aus Eigeninteresse gemacht. Ich habe das zum Schutz der Leute dort gemacht. Weil ich selber, ehrlich gesagt, keine Angst habe, und ich schütze mich eh mit einer Maske und halte die Abstände ein. Aber trotzdem sind betagte Menschen imHaus, die gefährdet sind, und wennda jemand von außen ständig reinkommt, ist das eine Gefahr.Ich habe dort viel zu tun, da wäre esfahrlässig, mich nicht zu impfen.

„Krone“: Es wird nun behauptet, es seien bei den Altenheimimpfungen in St. Georgen/G. auch andere Kommunalpolitiker mitgeimpft worden.
Erich Wahl: 
Nein, das ist ganz klar auszuschließen. Niemand außer mir - und ich auch nicht als Politiker, sondern als Heimzuständiger.

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