Die SPÖ empört sich weiter wegen der Abschiebung Jugendlicher nach Georgien und Armenien. Zudem ist Parteichefin Pamela Rendi-Wagner entrüstet, weil ÖVP-Klubobmann August Wöginger den Bundespräsidenten für dessen Eintreten für die jungen Flüchtlinge mit dem Hinweis auf die Unabhängigkeit der Justiz kritisiert hatte. Der Konflikt innerhalb der türkis-grünen Koalition wird nun schärfer geführt: Auch Grünen-Klubofrau Sigrid Maurer kritisiert Wöginger und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). Debattiert wird jetzt auch über die Staatsbürgerschaft für alle in Österreich geborenen Menschen und darüber, ob bei Asyl-Härtefällen die Länder mitreden sollen.
Trotz einer breiten Medienkampagne und Protesten vor der Abschiebung hatte ein Charterflieger am Donnerstag mehrere gescheiterte Asylwerber, darunter Mädchen aus Georgien und Armenien, außer Landes gebracht. Die besonders offensiv auftretenden Unterstützer zweier georgischer Schwestern meinten, durch ihre Geburt in Österreich, die gute Integration und ihre lange Aufenthaltsdauer müssten sie im Land bleiben dürfen, obwohl es diverse auch höchstgerichtliche Entscheide gibt, dass der Familie kein Bleiberecht zusteht.
Der Koalitionskonflikt zwischen ÖVP und Grünen wegen der Abschiebung der Mädchen gewinnt indes an Schärfe. Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer und Parteivize Stefan Kaineder attackieren Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) wegen der Außerlandesbringung und Klubobmann August Wöginger (ÖVP) wegen dessen Kritik am Bundespräsidenten scharf.
Heftige Kritik an August Wöginger
Auch SPÖ-Chefin Rendi-Wagner empörte sich darüber, dass Wöginger „die mahnenden Worte des Bundespräsidenten“ kritisiert hatte. In einer Aussendung sprach sie gar von einem „ungeheuerlichen Vorgang“, dass die ÖVP ihren Klubobmann vorschicke, um dem Bundespräsidenten zu unterstellen, den Rechtsstaat nicht zu respektieren. Sie fordert von Wöginger eine Entschuldigung.
Replik auf Video des Präsidenten: „Justiz respektieren“
Alexander Van der Bellen hatte sich ungewöhnlich für einen Einzelfall am Donnerstag per Video zu Wort gemeldet und nach eigenen Angaben ohne Aktenkenntnis hinterfragt, ob es nicht rechtlichen Spielraum gegeben hätte und die Kinderrechte entsprechend gewürdigt worden seien. In einer Replik wies der türkise Klubchef den Bundespräsidenten „höflich“ darauf hin, „die Unabhängigkeit der Justiz zu respektieren“ - und den Höchstgerichten „das in einem Rechtsstaat selbstverständliche und nötige Vertrauen entgegenzubringen“.
In die gleiche Kerbe schlug am Freitag FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz. Er meinte in Richtung des Bundespräsidenten, Entscheidungen des Höchstgerichts seien zu respektieren: „Wer daran zweifelt, der untergräbt die Rechtsstaatlichkeit.“
Peter Kaiser: Bei Härtefällen Länder und Gemeinden einbeziehen
Kärntens Landeshauptmann Kaiser will nun ernsthaft über das Thema Staatsbürgerschaften und die Anerkennung für alle in Österreich geborenen Menschen diskutieren. Zudem fordert der Landeshauptmann, dass bei derartigen Härtefällen auch Länder und Gemeinden in die Entscheidung über ein humanitäres Bleiberecht, das der Innenminister aussprechen kann, einbezogen wird. Vor kurzem hat auch die Menschenrechtsgruppe SOS Mitmensch eine Kampagne für die Einbürgerung in Österreich geborener Kinder gestartet.
Caritas-Präsident Michael Landau warnte davor, dass das humanitäre Bleiberecht nicht zu totem Recht verkommen dürfe - Das drohe, wenn es selbst bei so gut integrierten Familien nicht gewährt werde. Gegebenenfalls sollten Gesetze geändert werden, so Landau.
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