Die türkis-grüne Regierung kündigte am Montag erste leichte Öffnungsschritte an. Diese wurden auch von den roten Landeshauptleuten Michael Ludwig und Peter Kaiser mitverhandelt - offensichtlich aber gar nicht nach dem Geschmack ihrer Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner, die am Dienstag der Bundesregierung vorwarf, mit Öffnungsschritten die Kontrolle über das Coronavirus abgegeben zu haben (siehe Video oben). Diese offensichtlich fehlende einheitliche Linie bezeichnet die Volkspartei als „Doppelstrategie“ der Sozialdemokraten. „Die SPÖ sollte rasch für Ordnung in den eigenen Reihen anstatt für Verwirrung sorgen“, kritisierte ÖVP-Gesundheitssprecherin Gaby Schwarz. Auch FPÖ-Chef Norbert Hofer zeigt sich über die unterschiedlichen Positionen der SPÖ verwundert.
„Rendi-Wagner mit heftiger Kritik an SPÖ-Ludwig....“, schrieb Hofer am Dienstag auf Twitter.
Die SPÖ-Parteichefin bewertete am Dienstag die Rückkehr zum Präsenzunterricht an den Schulen zwar als „dringend notwendig“, die darüber hinaus gehenden Lockerungen hält sie aber für „ein großes Risiko“. Interessant: Noch am 23. Dezember sprach die SPÖ-Chefin im krone.tv-Talk davon, dass der Lockdown „kein Plan“ sei.
ÖVP an Rendi-Wagner: „Äußerst kontraproduktiv“
Kritik an der fehlenden Unterstützung Rendi-Wagners für die Öffnungsschritte kommen von der ÖVP. „Während die Gewerkschaft und SPÖ-Länderchefs Kaiser, Ludwig sowie Doskozil-Vertreter Schneemann für Öffnungen sind, kritisiert Rendi-Wagner genau diese. Sollte diese Doppel- oder Zwei-Marken-Strategie gewollt sein, wäre das gefährlich und für die Bewältigung der Gesundheitskrise äußerst kontraproduktiv“, so Gesundheitssprecherin Schwarz.
„Offensichtlich tanzt Rendi-Wagner parteiintern solo“
„Offensichtlich tanzt die SPÖ-Vorsitzende parteiintern solo oder hat sich schlecht abgestimmt. Mit 8. Februar nur die Schulen zu öffnen, wäre eine Katastrophe. Wir haben jetzt Präventionskonzepte, regelmäßige Testungen, FFP2-Masken und begonnen, Risikogruppen zu impfen - da muss beim Öffnen etwas gehen“, betonte Wirtschaftsbund-Generalsekretär Kurt Egger.
Ludwig: „Die getroffenen Entscheidungen sind ein Kompromiss“
Anders als Rendi-Wagner verteidigte Wiens Bürgermeister Ludwig bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Montag die Öffnungen ab dem 8. Februar. „Wir sitzen alle in einem Boot. Die nun getroffenen Entscheidungen sind ein Kompromiss“, meinte Ludwig. Die Schulöffnungen seien eine „deutliche Erleichterung“ für Schüler und Eltern. Auch dass die Friseure wieder aufmachen, findet Ludwig gut, denn dass diese geschlossen seien, habe die Lebensqualität der Menschen stark beeinträchtigt - „im Stadtbild merkt man das an mittlerweile wilden Frisuren“, merkte er an.
Dass Ludwig die Lockerungen mitgetragen habe, kommentierte Rendi-Wagner mit dem Hinweis, dass er auch auf das Risiko hingewiesen habe.
Hacker: „Keinen Grund, totalen Lockdown weiter aufrechtzuerhalten“
Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) sprach sich bereits Freitagabend in „Wien heute“ klar für Öffnungsschritte aus. „Es ist undenkbar, dass wir einen auf Halligalli machen, aber es gibt keinen Grund, den totalen Lockdown weiter aufrechtzuerhalten.“ Für ihn spreche nichts dagegen, zum Friseur, in das Modegeschäft oder in den Zoo zu gehen. Es brauche eine „Öffnung Schritt für Schritt“.
Video: Lockdown gelockert: Handel und Schulen öffnen!
Auch Kärntens Landeshauptmann Kaiser sieht die ersten vorsichtigen Öffnungen positiv, insbesondere was die Rückkehr zum Präsenzunterricht betrifft. Außerdem plädiere er für ein stärkeres Abwägen, was eine Maßnahme nütze und was sie für Kollateralschäden verursache, und fordert die Einbindung zusätzlicher Fachleute zur Beurteilung der Auswirkungen der Maßnahmen auf das Leben der Menschen.
Katzian: „Lockdown führt zur Steigerung der Arbeitslosigkeit“
Bereits am Freitag plädierte auch Gewerkschafts-Chef Wolfgang Katzian im krone.tv-Talk für Öffnungen. „Klar ist, jeder Lockdown führt zu einer Steigerung der Arbeitslosigkeit […] Wir wollen, dass zumindest der Handel, die körpernahen Dienstleistungen und bald die Wirtshäuser wieder aufsperren.“ Auch Burgenlands Landesrat Leonhard Schneemann (SPÖ) sprach sich am Montag für eine Lockerung des Lockdowns aus.
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