EU-Abgeordnete haben den Besuch des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell am Freitag in Moskau kritisiert. Die Debatte über den Rücktritt des Spaniers geht den EU-Mandataren der ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS in diesem Fall allerdings zu weit. Mehr als 70 Abgeordnete drängten in einer entsprechenden Petition auf den Rücktritt Borrells.
Borrell sei „wahrlich keine Idealbesetzung“, teilte ÖVP-EU-Abgeordneter Lukas Mandl mit. „Aber ein Rücktritt mitten in der Krise wäre ein falsches Signal von Europa nach außen“, so Mandl. Der Besuch Borrells in Moskau sei „als solcher nicht falsch“ gewesen. „Aber die Art und Weise war ein Lehrstück dafür, wie man es nicht macht“, kritisierte der EU-Mandatar. „Borrell hat sich von der russischen Führung nach allen Regeln der Kunst, nach Strich und Faden vorführen lassen.“
„Besuch von Borrell war alles andere als ein Erfolg“
„Der Besuch von Josep Borrell in Moskau war alles andere als ein Erfolg“, erklärte SPÖ-EU-Delegationsleiter Andreas Schieder am Dienstag. Er sah die Verantwortung aber vor allem bei der russischen Seite, diese habe den Besuch „genützt, um die gesamte EU zu brüskieren und vorzuführen“. Die Ausweisung von drei EU-Diplomaten noch während der Pressekonferenz von Borrell und dem russischen Außenminister Sergej Lawrow sei ein „extremer Affront und eine Provokation“ gewesen, kritisierte Schieder. Russland liege „nichts an einem vernünftigen Dialog“.
„Nicht unbedingt sehr klug verhalten“
Ähnlich äußerte sich der grüne EU-Abgeordnete Thomas Waitz. Borrell habe sich „nicht unbedingt sehr klug verhalten“, aber es sei ein „Affront seitens Russland“ gewesen, sagte Waitz mit Verweise auf den Umgang mit dem russischen Oppositionspolitiker Alexej Nawalny, die Ausweisung der EU-Diplomaten sowie die „willkürlichen“ Verhaftungen. An sich sei es „richtig, dass man mit seinem Nachbarn spricht“, unter diesen Umständen wäre „der Besuch allerdings abzusagen gewesen“ - spätestens als Borrell von der Ausweisung der EU-Diplomaten gehört habe, „hätte er die PK abbrechen müssen“.
„Außenpolitische Peinlichkeit“
Für Claudia Gamon, EU-Abgeordnete der NEOS, war der Besuch Borrells in Moskau eine „außenpolitische Peinlichkeit“, die aber „offensichtlich auch mit den Außenministern der Mitgliedsstaaten“ abgesprochen gewesen sei. Gamon kritisierte, dass die EU in wesentlichen außenpolitischen Fragen nicht „entscheidungsfähig“ sei. Sie forderte Sanktionen, die „spürbar sind, und die auch Konsequenzen haben“.
Rücktritt gefordert
Mehr als 70 Abgeordnete des Europaparlaments hatten zuvor auf den Rücktritt Borrells gedrängt. 73 Mandatare, großteils aus osteuropäischen Staaten, hätten am Montagabend einen Briefentwurf des estnischen Abgeordneten der Europäischen Volkspartei, Riho Terras, unterzeichnet, berichtete das Internetportal Politico am Dienstag. In dem Brief an die Kommissionspräsidentin wird dem Bericht zufolge die Besorgnis „über die demütigenden Entwicklungen“ während Borrells Besuch in Moskau zum Ausdruck gebracht. „Borrells Fehleinschätzung bei der proaktiven Entscheidung, Moskau zu besuchen, und sein Versäumnis, während seines Besuchs für die Interessen und Werte der Europäischen Union einzutreten, haben den Ruf der EU schwer geschädigt“, heißt es laut Politico in dem Brief.
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