Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) will Wien am Wochenende zusperren - und dafür unter der Woche Freiheiten erlauben. Wie sinnvoll ist so ein Teilzeit-Lockdown? Die „Krone“ hat Experten und Betroffene gefragt.
Geht es nach Hacker, bleibt von Montag bis Donnerstag- oder Freitagabend alles so, wie wir es derzeit kennen: Abstände, Masken, 20 Quadratmeter pro Kunde usw. An den übrigen Tagen wird alles geschlossen, nur Supermärkte und Co. dürfen geöffnet haben. Über kurz oder lang könnte so auch die Gastronomie öffnen, eventuell mit Sperrstunden, sagt Hacker.
Wirte-Sprecher skeptisch
„Von diesem Modell haben maximal Lokale in Einkaufszentren etwas“, sagt Wirte-Sprecher Mario Pulker. Ohne Abendgeschäft könne man viele Gastronomiebetriebe nicht kostendeckend führen. Denkt man das Modell für ganz Österreich an, würden vor allem Wirtshäuser auf dem Land leiden: „Die machen ihr Geschäft fast ausschließlich am Wochenende.“
Ähnlich sehen es Vertreter der Kultur: „Der Lockdown würde für uns damit bestehen bleiben - unser Angebot wird ja vor allem am Wochenende genutzt“, sagt Intendant Daniel Serafin. „Ob die Idee aus virologischer Sicht sinnvoll ist, kann und will ich nicht bewerten.“
„Mehr Bewegungsfreiheit, aber natürlich mit Auflagen“
Das tut dafür Umweltmediziner Hans-Peter Hutter: „Die Idee unterstütze ich, weil es längst an der Zeit ist, mit Kreativität an die Sache zu gehen. Wir müssen Maßnahmen finden, die die Krankheitslast auf allen Seiten minimieren - also nicht nur was Corona betrifft, sondern auch die Kollateralschäden.“ Wenn die Pandemie länger dauere, brauche es einen Schritt in Richtung neuer Normalität. „Also mehr Bewegungsfreiheit, aber natürlich mit Auflagen“, so Hutter.
„Man muss einfach ausprobieren“
Psychiater Reinhard Haller hält die Idee für gut: „Niemand hat die eine Lösung für dieses Virus. Mehr Freiheiten zu gewähren, um den Lagerkoller zu verhindern, ist schon sinnvoll. Man muss einfach ausprobieren.“ Mathematiker Niki Popper sieht es differenzierter: „Ich denke, die Intention ist, einen Denkanstoß zu geben, um das Mitmachen beim Lockdown zu verbessern. Ob der Vorschlag Sinn macht, muss man getrennt diskutieren.“
Rendi-Wagner auf Tauchstation
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner befand sich am Mittwoch wohl schon im Kommunikations-Wochenend-Lockdown. Zur Wiener Idee schickt sie die Pressesprecherin vor, die in der Konserven-Schatzkiste kramen durfte: „In einer Pandemie darf es keine Denkverbote geben.“ Rendi-Wagner selbst war nicht erreichbar.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.