Corona hat die soziale Situation in der Steiermark verschärft: Die Arbeitslosigkeit ist auf einem sehr hohen Niveau, es drohen Delogierungen wegen ausstehender Mieten, die Sozialmärkte haben immer mehr Kunden. Es warten große Herausforderungen.
Wir leben in einem reichen Land. Aber nicht jeder, der in diesem Land lebt, ist reich. Laut dem Armutsbericht von 2018 sind 16 Prozent der steirischen Bevölkerung armutsgefährdet - das sind 190.000 Menschen. 41.000 sind „erheblich materiell depriviert“ - man könnte sagen, das sind die, die wirklich arm sind. 16.000 Steirer beziehen Mindestsicherung, 2200 sind obdachlos.
Bei vielen war Geld schon vor der Krise knapp
„Wir beobachten, dass die Hilfsbedürftigkeit in der Steiermark durch Corona zunimmt“, sagt Caritas-Direktor Herbert Beiglböck. Das Problem sei, dass bei vielen Menschen das Geld schon vorher knapp war: „Wenn nun Einnahmen wegfallen - durch Kurzarbeit, Verlust eines Nebenjobs oder gar der gesamten Existenzgrundlage bei Selbstständigen -, dann kippt das ganz schnell. Viele rutschen in die Armut ab.“
Alle fürchten sich vor der Pleitewelle
Im Jänner hatten laut dem AMS in der Steiermark 63.155 Menschen keinen Job. Um 10.000 mehr als Anfang des Vorjahres. Und die Arbeitslosigkeit wird in den nächsten Monaten wohl hoch bleiben: Durch die Corona-Hilfsmaßnahmen seien viele Unternehmen „künstlich am Leben gehalten“ worden, meint Rene Jonke vom KSV1870. Es sei daher heuer mit einer Pleitewelle zu rechnen.
Miet-Rückstände werden zum Problem
Am Anfang der Coronakrise wurden Mieten gestundet, jetzt sind die Rückstände zu bezahlen - viele Menschen sind dazu aber nicht in der Lage. Bis Mitte 2022 ist man rechtlich vor einer Delogierung geschützt - aber was dann? Das zu regeln, sei eine der großen Herausforderungen im heurigen Jahr, betont Beiglböck.
Trotz Job zu wenig Geld zum Leben
Pfarrer Wolfgang Pucher ist es zu verdanken, dass in der Murmetropole niemand auf der Straße schlafen muss. „Es gibt ein paar, die sich nicht helfen lassen wollen, auch im Winter nicht.“ Pucher kennt sie alle mit Namen, weiß, wo sie Unterschlupf suchen.
Auch er sagt, dass die Armut zunimmt. „Die Zahl der Kunden in den Vinzimärkten steigt.“ Es sind nicht nur Arbeitslose oder Mindestpensionisten, die dort einkaufen, sondern zunehmend auch „Working Poor“, also Menschen, die einen Job haben, bei denen das Geld aber nicht zum Leben reicht.
Wenig gesellschaftliche Teilhabe
Relativ viele Steirer würden in „relativer Armut“ leben. Diese wirkt sich nicht in Form von Hunger oder Obdachlosigkeit aus, sondern durch den Mangel an gesellschaftlicher Teilhabe - also, ob man sich Kino-, Theater-, Konzertkarten oder einen Besuch im öffentlichen Schwimmbad leisten kann.
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